Cato 05 - Beute des Adlers
mit Blut und Schlamm besudelten Offiziere sah, die vor ihm strammstanden, hielt er das Pferd an. Macro erkannte er sofort, doch beim Anblick des dünnen, bärtigen jungen Mannes runzelte er zunächst die Stirn, bevor er vor Überraschung die Augen aufriss.
»Centurio Cato … ? Verdammt noch mal, du bist es wirklich.«
»Ja, Herr.«
»Dein Optio hat mir gesagt, dass du noch am Leben bist. Er ist mit ein paar anderen in unserem Lager aufgetaucht und hat eine ziemlich wilde Geschichte erzählt.« Der Legat schüttelte den Kopf. »Kaum zu glauben.«
»Ich weiß, Herr.« Cato lächelte und trat beiseite, damit der Blick auf den Gefangenen frei wurde, der trübselig neben den Überresten seines Streitwagens saß. »Wir haben da etwas für euch, Herr. Darf ich vorstellen: Caratacus, König der Catuvellaunen.«
»Caratacus?« Vespasian starrte den Mann an, dann ließ er die Zügel sinken, stieg vom Pferd und ging auf seinen Feind zu. »Das ist Caratacus?«
Der Britenkönig sah auf und nickte leicht.
»Dann ist es vorbei«, sagte Vespasian leise. »Endlich ist es vorüber.«
Der Legat betrachtete verwundert den besiegten Gegner: jenen Mann, der die Legionen von dem Moment an so erbittert bekämpft hatte, in dem Claudius ’ Adler den ersten Fuß auf die Insel gesetzt hatten. Dann wandte er sich den beiden Offizieren zu, die den feindlichen Heerführer gefangen genommen hatten. Ausnahmsweise fehlten ihm die Worte.
»Gute Arbeit«, sagte er schließlich.
»Gute Arbeit?«, wiederholte Macro ungläubig. »Das ist alles?«
»Vielen Dank, Herr«, unterbrach Cato ihn. »Wir haben nur unsere Pflicht getan.«
»Selbstverständlich. Etwas anderes hätte ich von euch beiden auch nicht erwartet.« Vespasian lächelte. »Glaub mir, Centurio Cato, ich werde dafür sorgen, dass es auch jeder erfährt.«
KAPITEL 41
D as ist ein ziemlich schwerer Brocken.« Vespasian tippte mit einem dicken Finger auf die Pergamentrolle, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Ich nehme an, ihr wisst, worum es sich handelt?«
Cato widerstand der Versuchung, Macro einen Blick zuzuwerfen und nickte. »Centurio Tullius ’ Bericht, Herr?«
»Richtig.« Vespasian ließ den Blick über das Lager der Zweiten Legion schweifen, eine schier endlose Ansammlung ordentlich aufgestellter Ziegenfellzelte. Dahinter ragte beruhigend der Wall auf, der jedes im Feindesland errichtete Römerlager umgab. Obwohl Caratacus ’ Armee nun endgültig vernichtet war, erlaubte es sich der Legat nicht, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Andere Kommandanten hätten ihn wohl als übervorsichtig bezeichnet – was angesichts des Gewaltmarsches durch den Sumpf, den er gerade riskiert hatte, fast an Ironie grenzte. Doch im Großen und Ganzen war Vespasian ein vorsichtiger Mann. Vorsichtig und umsichtig, ganz besonders wenn es um das Leben seiner Männer ging.
Vor dem Zelt tauchte ein sichelförmiger Mond die Welt in blasses silbernes Licht. Die Sterne zwinkerten ihm vom Himmel aus zu. Ihre so unendlich weit entfernte, diamantene Kälte stand ganz im Gegensatz zu den Lagerfeuern, die hier auf Erden wie lebende Rubine flackerten. Obwohl sie eine Schlacht hinter sich hatten, waren die Männer guter Dinge und ihre erregten Unterhaltungen, gespickt mit lautem Gelächter, erfüllten das Lager. So fühlt sich also der Frieden an, dachte Vespasian. Frieden nach zwei Jahren des blutigsten Feldzugs, den die Männer je erlebt hatten.
Das Einzige, was an das heutige Gefecht erinnerte, war der stechende Geruch, der von der schwelenden Asche des Lagers der Dritten Kohorte aufstieg. Die verkohlten Überreste lagen verlassen da, die Palisade dagegen war von den Pionieren des Legaten wiederhergestellt worden. Sie hatten einen Graben dahinter gezogen, um Caratacus und die Hunderte, die sie gefangen genommen hatten, darin festzuhalten. Vespasian hätte an den Dorfbewohnern, die das Lager geplündert hatten, gerne ein Exempel statuiert, doch die Eingeborenen waren geflohen, sobald sie der Legion ansichtig geworden waren. Vorher hatten sie jedoch noch das Hauptquartier und einige der umgebenden Zelte in Brand gesteckt. Ein verschmerzbarer Verlust, wenn man bedachte, dass ein ganzes Feldlager der Willkür rachsüchtiger Briten ausgeliefert gewesen war.
Doch das Lager war nicht gänzlich verlassen gewesen: Der Kohortenkommandant und einer seiner Centurionen hatten teuer dafür bezahlt, dass sie zurückgeblieben waren, um noch etwas Dringendes zu erledigen – dies behauptete zumindest der Bericht
Weitere Kostenlose Bücher