Catriona
Gemach hineingebaut, und da die Räume nebeneinander lagen, blickte man von beiden Fenstern zuerst auf den Wipfel eines Baumes und in einen kleinen Hof, dann auf einen Ausschnitt des Kanals und auf Häuser in holländischem Stil sowie auf einen Kirchturm am jenseitigen Ufer. In jenem Turme hing ein großes Glockenspiel, das die herrlichste Musik machte, und wenn es überhaupt Sonne gab, schien sie gerade in unsere beiden Zimmer hinein. Gute Mahlzeiten ließen wir uns aus einem benachbarten Gasthof kommen. Die erste Nacht waren wir beide ziemlich müde, Catriona war sogar völlig erschöpft. Wir sprachen nur wenig, und ich schickte sie ins Bett, sobald wir gegessen hatten. Am Morgen schrieb ich als Erstes eine Zeile an Sprott, um ihr Gepäck nachkommen zu lassen, sowie einen kurzen Brief an Alan, den ich an die Adresse seines Häuptlings richtete; beide hatte ich expediert und das Frühstück bereitet, bevor ich sie weckte. Ich schämte mich ein wenig, als sie in ihrem einzigen Gewande, ihre Strümpfe noch kotbespritzt von der Landstraße, aus ihrem Zimmer trat. Nach allem, was ich erfahren, mußte eine ganze Reihe von Tagen vergehen, ehe ihre Koffer in Leyden eintreffen konnten, und es war klar, daß sie ein Kleid zum Wechseln brauchte. Anfänglich sträubte sie sich, mir derartige Unkosten aufzuerlegen; aber ich erinnerte sie daran, daß sie jetzt eines reichen Mannes Schwester sei und in einem Anzug, wie er sich für diese Rolle schickte, auftreten müßte; schon bei dem zweiten Händler war sie hingerissen von dem Geist des Unterfangens, und ihre Augen leuchteten. Ich freute mich an ihrer unschuldigen Hingabe an dieses Vergnügen. Merkwürdiger noch war die Leidenschaft, mit der ich mich selbst in die Sache stürzte; nichts war mir schön und gut genug für sie, und ich bekam es niemals satt, sie in den verschiedensten Aufputzen zu sehen. Ja, ich begann einen Teil von Miß Grants tiefem Interesse an der Kleiderfrage zu verstehen; denn die Wahrheit ist, gilt es einen schönen Menschen zu schmücken, so wird alles an dem Geschäft selber schön. Ich muß noch hinzufügen, daß die holländischen Kattune außerordentlich fein und billig waren; aber ich schäme mich, zu verraten, was ich für ihre Strümpfe ausgab. Im großen und ganzen verwendete ich eine so große Summe auf dieses Amüsement – anders kann ich es nicht gut nennen –, daß ich mich lange Zeit schämte, noch weiteres Geld auszugeben und als eine Art Gegengewicht unsere Zimmer ziemlich kahl ließ. Wenn wir nur Betten hatten, wenn Catriona nur recht zierlich gekleidet ging und mir genug Licht, sie zu betrachten blieb, waren unsere Räume für meinen Geschmack prächtig genug. Am Schlusse unserer Besorgungen war ich froh, Catriona mit unseren vielen Paketen vor der Tür absetzen zu können, und begab mich auf einen langen, einsamen Spaziergang, um mir eine Strafpredigt zu halten. Da hatte ich unter mein Dach und quasi an meinen Busen ein junges, sehr schönes Mädchen genommen, deren einzige Bedrohung ihre Unschuld war. Meine Unterredung mit dem alten Holländer und die Lügen, zu denen ich mich gezwungen sah, zeigten mir, wie mein Verhalten sich in anderer Leute Augen ausnehmen mußte; und nach der starken Bewunderung, die ich soeben erst gespürt und der Unmäßigkeit, mit der ich meiner eitlen Kauflust gefrönt hatte, begann ich mein Benehmen selbst für äußerst gewagt zu halten. Ich fragte mich, ob ich, wenn ich in der Tat eine Schwester hätte, sie wohl so kompromittieren würde; dann, als mir das Problem gar zu schwer löslich erschien, veränderte ich die Frage dahin, ob ich Catriona irgendeinem anderen Menschen so ausliefern würde: die Antwort ließ mich schamrot werden. Ich hatte mich selbst und auch das Mädchen in eine Falle gelockt, um so mehr mußte ich darauf achten, mich mit peinlichster Korrektheit zu benehmen. Sie hing, was Nahrung und Unterkunft betraf, gänzlich von mir ab; falls ich ihr Schamgefühl verletzte, blieb ihr keine Zuflucht mehr. Ich war ihr Wirt und ihr Beschützer; je abenteuerlicher die Art, auf die ich in diese Rolle verfallen war, um so unverzeihlicher mein Handeln, wenn ich durch eine noch so ehrliche Werbung dadurch zu profitieren suchte. Angesichts der Gelegenheiten, die sich mir boten, Gelegenheiten, die kein kluger Vater auch nur einen Augenblick geduldet haben würde, war auch die ehrlichste Werbung unfair. Ich erkannte, ich mußte in unserem Verkehr außerordentlich zurückhaltend sein, und doch wieder
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