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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Wert gekostet hatte) an dem kahlen Baume hängen. Ich pflanzte mich neben dem Kanale auf und starrte hinunter auf das Eis. Bauern glitten auf ihren Schlittschuhen vorüber: ich beneidete sie. Ich sah keinen Ausweg aus meiner Klemme, sah nicht einmal eine Möglichkeit, in das Zimmer zurückzukehren, das ich soeben verlassen hatte. Kein Zweifel, ich hatte das Geheimnis meiner Gefühle verraten, hatte, um die Sache noch schlimmer zu machen, in elender, kindischer Wut meinen hilflosen Gast vor den Kopf gestoßen.
    Vermutlich sah sie mich aus dem offenen Fenster. Ich glaube, ich hatte noch nicht lange dort gestanden, da hörte ich knirschende Schritte auf dem gefrorenen Schnee und erblickte, als ich mich ärgerlich über die Störung umwandte, Catriona. Sie war abermals von Kopf bis zu den gestickten Strümpfen, umgezogen. »Sollen wir heute unseren Spaziergang versäumen?« erkundigte sie sich.
    Ich blickte sie verwundert an. »Wo ist deine Brosche?« fragte ich.
    Sie fuhr mit der Hand an den Busen und errötete tief. »Ich habe sie vergessen. Ich laufe gleich nach oben und hole sie; dann können wir doch unseren Spaziergang machen, nicht wahr?«
    Das Letzte wurde in so bittendem Tone gesprochen, daß ich vor Staunen nicht aus noch ein wußte. Mir blieben die Worte wie die Stimme versagt; so konnte ich nur zustimmend nicken und kletterte, kaum daß sie mich verlassen hatte, auf den Baum, um die Blume zu holen, die ich ihr bei ihrer Rückkehr überreichte. »Ich habe sie für dich gekauft, Catriona«, sagte ich. Sie befestigte sie mit ihrer Brosche am Busen, wie mich deuchte, nicht ohne Zärtlichkeit.
    »Sie ist durch meine Behandlung nicht besser geworden«, hub ich von neuem an.
    »Sie gefällt mir darum nicht schlechter, des kannst du sicher sein«, antwortete sie.
    An jenem Tage sprachen wir nicht viel miteinander; sie schien einen Schatten reserviert, aber nicht unfreundlich. Und was mich betraf, so grübelte ich die ganze Zeit unseres Spazierganges und nach unserer Rückkehr, als ich sie die Blume in ein Gefäß mit Wasser hatte stecken sehen, darüber nach, was für ein Rätsel doch die Frauen seien. Jetzt dachte ich, es sei doch die größte Dummheit von der Welt, daß sie meine Liebe nicht erkannt hätte, jetzt, daß sie sie längst bemerkt haben müßte, und daß sie nur als kluges Mädchen mit feinem, weiblichen Instinkt für Schicklichkeit ihr Wissen verberge.
    Wir gingen täglich spazieren. Auf der Straße fühlte ich mich sicherer; da ließ meine Zurückhaltung etwas nach, und vor allem gab es da keinen Heineccius. So kam es, daß diese Zeiten für mich eine Erleichterung und für mein armes Kind ein großes Vergnügen bedeuteten. Wenn ich um die gewohnte Stunde nach Hause zurückkehrte, fand ich sie meist schon fertig angezogen und glühend vor Erwartung. Sie pflegte unsere Wanderungen nach Möglichkeit in die Länge zu ziehen und schien (ebenso wie ich) sich vor der Stunde der Rückkehr zu fürchten. In Leyden gibt es daher kaum ein Feld oder ein Flüßchen, keine Straße oder Gasse, wo wir nicht geweilt. Im übrigen hatte ich sie gebeten, sich ganz auf die Wohnung zu beschränken; ich fürchtete, sie könnte irgendeinem Bekannten in die Arme laufen und unsere Lage noch erschweren. Aus dem nämlichen Grunde gestattete ich es weder ihr noch mir selbst, in die Kirche zu gehen; statt dessen improvisierten wir eine Art Privatgottesdienst in unserer Wohnung – wie ich hoffe mit ehrlichem, wenn auch zweifellos geteiltem Herzen. Ja, nichts rührte mich so tief, wie gleich Mann und Weib mit ihr vor Gott zu knien.
    Eines Tages schneite es ungewöhnlich heftig. Ich hatte es für unmöglich gehalten, in solchem Wetter auszugehen, und war erstaunt, sie fertig angekleidet auf mich wartend zu finden. »Nie und nimmer werde ich auf meinen Spaziergang verzichten«, rief sie. »Du bist im Hause kein guter Junge, Davie; ich liebe dich nur in der freien Luft. Ich glaube, das beste ist, wir werden Zigeuner und schlagen unser Lager neben der Landstraße auf.«
    Das wurde der schönste Spaziergang von allen; sie klammerte sich im fallenden Schnee an mich; die Flocken umwirbelten uns und schmolzen auf unserer Kleidung, und die Tropfen hafteten wie Tränen auf ihren hellen Wangen und zerrannen in ihren lächelnden Mund. Mir war's, als wüchsen mir Riesenkräfte; ich glaube, ich hätte sie in die Arme nehmen und mit ihr bis ans Ende der Erde laufen können, und die ganze Zeit unterhielten wir uns mit einer Freiheit und süßen

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