Catriona
der noch viele ähnliche folgen sollten, verbrachte ich teils wie ein Wahnsinniger auf und ab rennend, teils unter kindischen Tränen, teils (wie ich hoffe) christliche Gebete zum Himmel sendend.
Aber man hat leicht beten; viel schwerer ist die Praxis. In Catrionas Gegenwart hatte ich nur geringe Macht über die Konsequenzen meines Handelns, vor allem, wenn ich irgendwelche Vertraulichkeiten aufkommen ließ. Dagegen überstieg es meine Kraft, den ganzen Tag mit dem Mädchen das Zimmer zu teilen und mich dem äußeren Anschein nach in meinen Heineccius zu versenken. So verfiel ich auf den Ausweg, mich möglichst viel zu absentieren. Ich besuchte regelmäßig die Kollegs, häufig jedoch mit nur geringer Aufmerksamkeit; der Beweis dafür ist ein Kollegheft jener Tage, das mir vor kurzem in die Hände fiel. Mitten in einem erbaulichen Vortrag bricht es ab; statt dessen sind die Seiten mit recht schlechten Versen vollgekritzelt, wenn auch das Latein besser ist, als ich je gehofft hatte, schreiben zu können. Zum Unglück wogen die Nachteile eines derartigen Verhaltens die Vorteile fast auf. Zwar wurde meine Prüfungszeit verkürzt, aber sie war meines Erachtens nach um so schwerer, solange sie dauerte; denn da Catriona viel allein blieb, begrüßte sie meine Rückkehr mit wachsender Inbrunst, die mich fast überwältigte. Diese liebevollen Annäherungen war ich gezwungen auf barbarische Art zurückzuweisen, und meine Härte verletzte sie mitunter so tief, daß ich sofort wieder weich wurde und alles durch doppelte Güte wieder gutmachte. So war die Zeit unseres Zusammenlebens ein einziges Auf und Ab, eine Flut von Verstimmungen und Enttäuschungen, die mich (mit aller Ehrfurcht sei's gesagt) fast kreuzigten.
Die Basis meiner Nöte war Catrionas überraschende Unschuld, die mich indes nicht so sehr mit Staunen wie mit Mitleid und Bewunderung erfüllte. Das Mädchen schien unserer Lage auch nicht einen Gedanken zu schenken, meine Kämpfe überhaupt nicht zu ahnen. Jedes Zeichen von Schwäche meinerseits begrüßte sie mit aufquellender Freude, und wenn ich dadurch in die Abwehr gezwungen wurde, gab sie sich nicht immer Mühe, ihren zornigen Kummer zu verbergen. Mitunter dachte ich bei mir selbst: wenn sie bis über beide Ohren verliebt wäre und es sich in den Kopf gesetzt hätte, mich einzufangen, könnte sie es nicht anders treiben. Und wieder mußte ich mich über die Einfalt der Frauen wundern, von denen abzustammen ich mich (in derartigen Momenten) für unwürdig hielt. Einen Punkt insbesondere gab es, um den unser Krieg sich drehte: das war die Frage ihrer Kleider. Meine Koffer waren uns sehr bald von Rotterdam nachgesandt worden, die ihrigen von Helvoetsluys. Sie besaß daher im Augenblick zwei komplette Garderoben, und es wurde allmählich selbstverständlich (wie, vermochte ich niemals zu sagen), daß sie, wenn sie mir gut war, meine Kleider trug, und wenn sie mir grollte, die ihrigen. Letzteres sollte als eine Art Zurückweisung und als Verzicht auf ihre Dankbarkeit gelten, und tief im Herzen empfand ich es auch so; gewöhnlich aber war ich zu klug, um nach außen hin diesen Umstand zu bemerken.
Einmal ließ ich mich in noch kindischerer Weise gehen als sie. Das geschah so: auf dem Heimwege aus meinem Kolleg hatte ich ihrer in Liebe, untermischt mit ziemlich viel Ärger, inbrünstig gedacht, bald jedoch war der Ärger verschwunden, und als ich in einem Ladenfenster eine jener Treibhausblumen erblickte, in deren Zucht die Holländer Meister sind, gab ich einem Impulse nach und kaufte sie für Catriona. Den Namen der Blume kenne ich nicht; sie war von rosa Farbe. Ich glaubte, Catriona würde sie sehr bewundern und trug sie in wunderbar weicher Stimmung heim. Beim Abschied hatte Catriona meine Kleider getragen, als ich sie nun bei meiner Rückkehr völlig umgezogen und obendrein mit einem hierzu passenden Gesicht antraf, maß ich sie mit einem einzigen Blick von Kopf bis zu Fuß, biß die Zähne aufeinander, riß das Fenster auf, warf meine Blume auf den Hof hinunter und mich selbst (zwischen Wut und Vorsicht schwankend und die Tür hinter mir ins Schloß donnernd) zur Tür hinaus. Auf der steilen Treppe wäre ich um ein Haar gefallen; das brachte mir die Torheit meines Benehmens augenblicklich zum Bewußtsein. Ich ging daher nicht, wie ich es ursprünglich beabsichtigt hatte, auf die Straße, sondern in den Hof, der wie immer verlassen da lag. Dort sah ich meine Blume (die mich weit mehr als ihren eigentlichen
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