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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Kapitel 1
    Lautlos und ohne Licht glitt der graue Mercedes heran und blieb stehen. Es war kurz nach acht. Feiner Nebel zog seine Schleier um die Laternen. Die geparkten Wagen waren vereist. Reif lag auf den Dächern und auf den Ąsten der Bäume, kaum zu erkennen, eher zu erahnen.
    Die Fenster der Häuser sahen aus wie gelbe Augen. Der Blick dieser Augen war kühl und unbeteiligt.
    Ein Hund bellte. Eine Radiostimme drang aus einem trotz der Kälte halb offen stehenden Garagentor. Eine Tür knallte zu. Entfernt war das Signal eines Notarztwagens, der Polizei oder der Feuerwehr zu hören. Der Rauch aus den Schornsteinen wurde zu Boden gedrückt. Es würde ein schwerer, verhangener Tag werden.

    Der graue Mercedes wurde von niemandem bemerkt. Keinem fiel auf, dass ein Mann darin saߟ, der aufmerksam eines der Häuser beobachtete. Er saߟ da, dunkel und still hinter den getönten Scheiben, reglos, wie aus Stein. Und weil ihn niemand bemerkte, war es, als wäre er überhaupt nicht da.
     
    Ilka fühlte sich frisch und ausgeruht. Die Zwillinge hatten trotz ihrer heftigen Erkältung durchgeschlafen und sie nicht, wie in den Nächten davor, abwechselnd durch Hustenattacken wach gehalten. Nach einem flüchtigen Blick aus dem Fenster hatte sie sich für den dicken Rollkragenpulli entschieden. Er war das letzte Geschenk ihrer Mutter, und sie genoss jeden einzelnen Tag, an dem sie ihn trug. Manchmal meinte sie, noch einen Hauch von dem Parfüm in ihm wahrzunehmen, das ihre Mutter immer benutzt hatte. Doch dann sagte sie sich, dass das unmöglich war. Vielleicht hatte Tante Marei ja Recht, wenn sie behauptete, sie habe eine blühende Phantasie.
    Der Pullover war rostrot und passte wunderbar zu Ilkas dunkelroten Haaren. 
Herbstmädchen
 hatte die Mutter sie immer genannt. Ilka hatte das Wort schön gefunden. Und sich selbst. Wenigstens dann und wann. Inzwischen war alles anders geworden. Das Herbstmädchen war Erinnerung. Erinnerungen aber lieߟ Ilka längst nicht mehr zu.
    Bevor sie das Licht ausmachte, sah sie sich prüfend um. Alles in Ordnung. Das Tagebuch war versteckt. Es lag nichts herum, was niemand finden durfte.
    Ilka lief die Treppe hinunter. Tante Marei saߟ vor den Frühstücksresten und las Zeitung. Die Zwillinge waren in die Schule gegangen. Zwei Tage Schonzeit mussten bei einer Erkältung ausreichen, da war Tante Marei eisern. Solange man den Kopf nicht unterm Arm trug, hatte man seine Pflicht zu erfüllen. Basta.
    »Ich bin dann weg.«
    Ilka schlüpfte in die Lammfelljacke. Sie hatte sie in einem Secondhandladen günstig erstanden und liebte sie heiߟ und innig.
    »Willst du denn nicht frühstücken?«
    Manchmal hatte Tante Mareis Stimme diesen klagenden Unterton. Als wäre alles, was man tat oder nicht tat, gegen sie gerichtet. Dabei war sie eigentlich eine starke, zupackende Frau. Wehleidigkeit passte gar nicht zu ihr.
    »Bin spät dran. Ich nehm mir was mit.«
    Ilka inspizierte die Obstschale, entschied sich für zwei Bananen, verstaute sie in ihrem Rucksack und gab Tante Marei einen Kuss auf die Wange.
    »Kind! Du bist so dünn geworden!«
    Tante Marei hatte Ilka den Arm um die Hüften gelegt und sah besorgt zu ihr auf. In ihrem Blick steckten viele Fragen.
    »Heute Abend hau ich rein«, sagte Ilka. »Ehrenwort.«
    Tante Marei sah ihr mit einem kleinen Lächeln nach. Es gab Ilka einen Stich. Fast war es, als säߟe ihre Mutter da am Tisch.
    Blühende Phantasie, dachte sie und wickelte sich den Schal um den Hals. Es stimmt schon. Ich sollte besser mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben und nicht überall Gespenster sehen.
    Sie ging durch den unaufgeräumten Flur und spürte wieder, wie sehr sie dieses Haus liebte. Es war weder besonders schön noch irgendwie auߟergewöhnlich, nicht modern und nicht so alt, dass es voller Geschichten gesteckt hätte - es war ein Haus wie viele in der Siedlung. Aber sie war darin willkommen. Das machte es zu etwas Einzigartigem. Es war ihr Zuhause, immer bereit, sie aufzunehmen und zu beschützen. War es nicht das, was ein Haus tun sollte? War es nicht das, wonach sie sich gesehnt hatte? Ruhe, Schutz und Geborgenheit. All das bekam sie durch das Haus. Hier fühlte sie sich in Sicherheit. Zum ersten Mal seit langem.
    Ilka schloss die Haustür, spürte die Kälte auf dem Gesicht und sog tief die Luft ein. Das Bellen eines Hundes von irgendwoher klang wie ein Versprechen. Das Leben war schön. Fast war sie bereit, daran zu glauben.
     
     
    Die Scheiben waren

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