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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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rief sie. »Viele Dutzend Male hab ich von Euch erzählen hören; ich liebe Euch bereits dank Eurer Tapferkeit und Güte.«
    »Ja, ja,« sagte Alan und hielt, den Blick auf sie geheftet, ihre Hand in der seinen, »da haben wir also endlich die junge Dame! David, ein Tausendkünstler im Beschreiben bist du nicht.«
    Ich glaube, so geradewegs zu Herzen hab ich ihn nie reden hören; der Klang seiner Stimme war Musik in meinen Ohren. »Wie, hat er mich Euch beschrieben?« rief sie.
    »Er hat wenig anderes getan, seit ich aus Frankreich gekommen bin!« entgegnete er. »Dazu kommt noch eine gewisse Nacht in Schottland in einem kleinen Gehölz bei Silvermills. Aber laßt nur, mein Kind, Ihr seid viel hübscher als er sagt. Und das eine ist klar: Ihr und ich, wir werden Freunde werden. Ich bin so eine Art Schatten von Davie hier, ein alter Köter an seinen Fersen: was er liebt, das muß ich auch lieben – und bei der Heiligen Schrift! – mich lieben müssen seine Freunde auch! So, nun wißt Ihr, wie Ihr mit Alan Breck steht, und Ihr werdet finden, verlieren tut Ihr an dem Handel nicht. Er ist nicht gerade hübsch, mein Kind, aber er ist denen treu, die er liebt.«
    »Ich danke Euch von Herzen für Eure guten Worte«, sagte sie. »Ich habe so große Achtung vor einem tapferen, aufrechten Mann, daß ich nicht weiß, was ich Euch sagen soll.« Wir machten Gebrauch von dem Recht der Reisenden und setzten uns zu dritt, ohne auf James More zu warten, zu Tisch. Alan ersuchte Catriona, sich neben ihn zu setzen und ihm beim Essen aufzuwarten: er ließ sich von ihr das Glas kredenzen und umgab sie von Anfang bis zu Ende mit freundschaftlichen, galanten Aufmerksamkeiten, ohne mir auch nur den leisesten Grund zur Eifersucht zu bieten. Ja, er beherrschte so vollkommen das Gespräch und lenkte es in so launiger Weise, daß sie wie ich unsere Verlegenheit vergaßen. Wäre jemand dagewesen, uns zu beobachten, er hätte glauben müssen, Alan sei der altvertraute Freund und ich der Fremde. Wahrhaftig, ich hatte oft schon Gelegenheit gehabt, ihn zu lieben und zu bewundern, niemals aber liebte und bewunderte ich ihn mehr als in jener Nacht. Mir selbst sagte ich dabei (was ich mitunter zu vergessen neigte), daß er nicht nur große Lebenserfahrung, nein, auf seine Weise auch ein hohes Maß natürlicher Begabung besäße. Was Catriona betraf, so schien sie gänzlich hingerissen; ihr Lachen klang hell wie ein Glockenspiel, ihr Antlitz war so heiter wie ein Maimorgen; und ich gestehe, obwohl ich mich darüber freute, war ich doch ein wenig traurig, denn ich kam mir neben meinem Freunde langweilig und hölzern vor, kurz, kaum geeignet, in eines jungen Mädchens Leben einzugreifen, um womöglich gar ihre Daseinsfreude zu betäuben.
    Allein, obschon das meine Rolle zu sein schien, hatte ich doch den Trost, sie nicht als einziger spielen zu müssen. James More kehrte unerwartet zurück, und das Mädchen war von diesem Augenblick an zu Stein verwandelt. Den Rest des Abends, bis sie unter irgendeinem Vorwand zu Bette ging, beobachtete ich sie ohne Unterlaß und kann bezeugen, daß sie auch nicht einmal lächelte, kaum ein Wort sprach und fast ständig vor sich hinstarrte. Wahrhaftig, ich mußte staunen, so viel hingebende Liebe (wie sie sie früher empfunden hatte) förmlich in krankhaften Haß verwandelt zu sehen.
    Es erübrigt sich, von James More sonderlich viel zu sagen; man kennt ihn bereits zur Genüge, weiß, was es von ihm zu melden gibt; und ich habe es satt, von seinen Lügen zu schreiben. Genug, daß er sehr viel trank und uns sehr wenig Positives erzählte. Was das Geschäft mit Alan anbelangte, so sollte es bis morgen und für Alans Ohr allein aufgespart werden. Es ließ sich um so leichter verschieben, als Alan und ich von unserem Ritt ermüdet waren und nach Catrionas Aufbruch nicht mehr lange aufsaßen. Bald befanden wir uns allein in unserem Zimmer, wo wir uns in ein Bett teilen mußten. Alan blickte mich mit sonderbarem Lächeln an. »Du hoffnungsloser Esel, du!« sagte er. »Was soll das heißen?« rief ich. »Heißen? Was das heißen soll? Es ist erstaunlich, David, Junge, wie grenzenlos dumm du bist.« Wieder bat ich ihn, sich deutlich auszudrücken. »Nun, ich will dir das eine verraten: ich sagte dir bereits, es gäbe zwei Arten von Frauen – Frauen, die ihr letztes Hemd für einen verkaufen und andere. Versuch jetzt mal selber dahinterzukommen, mein Junge! Aber was ist das für ein Tuch um deinen Hals?« Ich sagte es ihm.

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