Catriona
begrüßen, den wir als einen Bruder und Sohn betrachten. Der französische Edelmann hat sich als eine Person von so filzig geizigem Charakter erwiesen, daß ich mich genötigt sah, das Gestüt zu verlassen. Ihr werdet uns daher ein wenig kümmerlich in der ›Auberge‹ eines gewissen Bazin untergebracht finden; aber die Situation ist neu, und ich zweifle nicht, daß wir einige recht angenehme Tage verbringen werden, in denen Mr. Stuart und ich Erinnerungen aus der Zeit unseres Waffenhandwerks austauschen können, während Ihr und meine Tochter Euch in einer Eurem Alter entsprechenden Weise unterhalten möget. Zum mindesten ersuche ich Mr. Stuart, hierherzukommen; die Angelegenheit, die ich ihm zu eröffnen habe, ist von weittragender Bedeutung.«
»Was will der Mann von mir?« rief Alan, als er zu Ende gelesen hatte. »Was er von dir will, ist klar genug – Geld. Aber was schert ihn Alan Breck?« »Ach, es wird nur so eine Art Vorwand sein«, sagte ich. »Er hat immer noch diese Heirat im Kopf und will sie, koste es, was es wolle, durchsetzen. Dich bittet er, zu kommen, weil er glaubt, daß ich ohne dich erst recht nicht erscheinen werde.«
»Nun, ich wollte, ich wüßte, woher der Wind pfeift«, meinte Alan. »Er und ich waren niemals sonderlich gut Freund; wir knurrten einander an, wie so ein paar Dudelsäcke. ›Etwas privatim für mein Ohr‹ schreibt er! Ich werde vielleicht etwas privatim für seinen Hintern haben, bevor wir miteinander fertig sind. Potzdonner, das wäre doch ein sehr netter Spaß, hinzureisen und zu sehen, was er im Schilde führt! Außerdem lernte ich dann das Mädel kennen. Was meinst du dazu, Davie? Willst du Alan begleiten?«
Wie man sich denken kann, war ich nicht abgeneigt, und da Alans Urlaub sich seinem Ende näherte, brachen wir kurz darauf zu diesem gemeinsamen Abenteuer auf.
Es war dicht vor Dunkelwerden an einem Tage im Januar, als wir endlich in die Stadt Dünkirchen einritten. Wir stellten unsere Pferde in der Post unter und fanden einen Führer nach Bazins Gasthof, der außerhalb der Tore lag. Mittlerweile war es ganz Nacht geworden, wir waren die letzten, die aus der Festung hinausgelassen wurden und hörten, als wir die Brücke passierten, hinter uns die Tore ins Schloß fallen. Jenseits der Wälle lag eine erleuchtete Vorstadt, durch die zuerst der Weg führte, dann bogen wir in ein dunkles Gäßchen ein und mußten nach einer kleinen Weile in der Finsternis durch tiefen Sand waten, während Meeresbrausen an unser Ohr drang. So strebten wir eine Zeitlang vorwärts, hauptsächlich unseres Führers Stimme folgend, und ich dachte bereits, er hätte den Weg verloren, als wir die Spitze eines kleinen Hügels erklommen und vor uns aus der Dunkelheit ein schwacherleuchtetes Fenster auftauchen sahen. »Voilà l'auberge à Bazin«, sagte der Führer.
Alan schnalzte mit der Zunge. »Eine unheimlich einsame Gegend«, meinte er, und ich glaubte seinem Tone zu entnehmen, daß er nicht ganz zufrieden war. Bald darauf standen wir im Untergeschoß eines Hauses, das ein einziger Raum ausfüllte; eine Treppe führte hinauf zu den seitlich gelegenen Zimmern, Bänke und Tische standen an den Wänden, der Kochherd nahm das eine Ende des Gemaches ein, und Bordbretter mit Flaschen und eine Kellerfalltür befanden sich an dem anderen Ende. Hier erklärte uns Bazin, ein großer Bursche von zweifelhaftem Aussehen, der schottische Gentleman sei ausgegangen, wohin, wüßte er nicht, aber die junge Dame wäre oben; er würde sie herunterrufen.
Ich zog aus meinem Busen das Tuch mit dem fehlenden Zipfel und knüpfte es um meinen Hals. Ich vernahm dabei das Pochen meines Herzens und konnte, da Alan mir mit ein paar lachenden Worten auf die Schulter klopfte, kaum eine scharfe Entgegnung unterdrücken. Aber ich hatte nicht lange zu warten. Ich erkannte zu unseren Häupten ihren Schritt und sah sie die Treppe herunterkommen. Sie kam sehr ruhig und begrüßte mich ein wenig bleich und mit einer gewissen Intensität oder Unruhe in ihrem Gebaren, die mich außerordentlich dämpfte. »Mein Vater, James More, wird bald zurück sein. Er wird sich sehr freuen, Euch zu sehen«, sagte sie. Dann flammte plötzlich ihr Gesicht auf, ihre Augen leuchteten und das Wort blieb ihr auf den Lippen haften; ich war überzeugt, sie hatte das Halstuch bemerkt. Ihre Erregung dauerte nur einen Atemzug, aber mich dünkte, sie wandte sich mit besonderer Lebhaftigkeit Alan zu. »Und das ist sicherlich Euer Freund, Alan Breck?«
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