Catullus Teil 2 - Korridor zu einer anderen Welt, Science Fiction Serie (German Edition)
Michaela gebracht haben, das weiß sie nicht. Doris versucht Kontakt mit Beer aufzunehmen, aber Beer ist außer Reichweite, hat seinen Navigator ausgeschaltet, irgendwo im Ghetto in einem verfluchten Block, Doris ist verärgert darüber, sie hat keine Lust, ihm hinterherzurennen und ihm aus der Patsche zu helfen, falls wieder mal etwas schief geht. Wenn er schon Geheimnisse hat, sollte er trotzdem erreichbar sein.
Doris lässt sich alle Drohnendaten der Gegend übertragen, lässt sie analysieren, und als das Ergebnis ausgespuckt wird, ist ihr sofort klar, dass Michaela, wie sie vermutet hat, von einer Ghettobande entführt wurde. Wenige Augenblicke später erreicht sie ein SOS-Ruf von Beer. ... Er braucht ein Einsatzflugzeug, das eine vergiftete Frau aus dem Ghetto fliegen soll. Diese Einsatzflugzeuge werden in der Regel nur bei Großrazzien und ausschließlich für verletzte Polizisten benutzt ... wie soll sie das ohne nähere Information anordnen? Beer erscheint vor ihr auf dem 3-D-Bildschirm.
- Sie stirbt, Doris. Sie stirbt.
Doris sieht Michaela auf der Couch liegen, ihr T-Shirt blutgetränkt, ihr Körper zuckend.
- Was soll ich tun, Beer? Ich krieg keinen Rettungsflug ins Ghetto für ne Privatperson!
- Hong wird bezahlen! Nimm nen Privatflug!
- Wie soll ich das beweisen?
- Beeil dich, Doris, ich bitte dich! Sag der Zentrale, ich sei schwer verletzt, sag der Zentrale, du brauchst nen Rettungseinsatz für mich. Für mich, kapierst du?
- Damit verstoße ich gegen 100 Vorschriften.
- Fick die Vorschriften! Ein Mensch stirbt!
Er hat sie gevögelt, denkt sich Doris. Vielleicht ist er sogar verliebt. Und ich soll ihn jetzt aus der Patsche helfen. Aber Doris tut es. Doris lügt für Beer, Doris riskiert ihre weitere berufliche Laufbahn ... sie tut es, weil sie Beer viel verdankt und weil sie glaubt, dass ihm noch viel zu verdanken haben wird. Sie gibt den Befehl, gibt die Koordinaten ein, und sieht gleichzeitig, dass Pac auf dem Boden liegt, reglos. Sie holt tief Luft, seufzt.
- Verdammte Scheiße.
***
Schon lange nicht mehr hat Beer um einen Menschen so gebangt wie um Michaela. Als er sie dort sieht, im Koma, wird ihm erst bewusst, dass wegen ihm in Lebensgefahr ist. Nur wegen ihm. Weil er ein Sturkopf ist und nicht auf Hong gehört hat. Sein Fehler, dass er nicht damit gerechnet hat, dass Hong von seiner Affäre mit Michaela wusste und diese nützen würde. Dass er auch noch Pac an Bord holen würde ... Beer fühlt, dass er etwas fiebrig ist, er hält es nicht aus in der stickigen Luft, er hält es nicht aus, zu sehen, wie sie da liegt, wie ihre Eltern mal hysterisch umher laufen, dann wieder apathisch in der Ecke sitzen, verzweifelt, verloren. Der Arzt macht ihnen klar, dass man Michaela in zwei, drei Tagen zurückholen würde, wenn alles planmäßig verläuft.
Doris zwingt Beer schließlich, die Krankenstation zu verlassen. Als sie draußen spazieren, in einem der größten Parks in AREAL B, dauert es lange, bis einer von beiden spricht. Beer ist es, der sich ihr in den Weg stellt und sagt.
- Wenn sie durchkommt, hast du ihr das Leben gerettet.
- Ich hab für dich gelogen, nicht für sie. Ich kenne sie gar nicht.
- Du hast was gut bei mir, Doris. Du hast verdammt noch mal was gut bei mir.
Die beiden gehen weiter, langsamen Schrittes, die beiden spazieren durch einen kleinen Wald voller künstlicher Bäume, kaum mehr von echten zu unterscheiden.
- Was, wenn Pac aufgewacht wäre, ehe du fortgewesen wärst?
- Wenn, wenn, wenn ...
- Du wärst einen qualvollen Tod gestorben.
- Ich wollte ihn nicht töten. Nur so konnte ich seiner Truppe verkaufen, er sei von den Drogen ohnmächtig geworden.
Doris legt ihre linke Hand auf Beers rechte Schulter, kumpelhaft, sie flüstert in sein Ohr.
- Ich glaube, du schuldest mir ein paar Erklärungen.
Beer zwinkert ihr zu, beiden ist klar, dass sie in AREAL B nicht reden dürfen. AREAL B wird ausgespäht und ausgeleuchtet in beinahe perfekter Weise. Keiner entkommt den Drohnen, die umherschwirren, jedes Worte, jede Geste, alles wird dokumentiert. Beer kann ihr nicht von Hong erzählen, er weiß, Hong hat seine Quellen, Hong findet immer wen, der ihm streng vertrauliche Informationen zuspielt, auch wenn auf den Austausch hochsensibler Daten zehn Jahre Staatsgefängnis stehen. Doris ist Beer nahe, zu nahe, wie er findet, er fühlt sich unwohl und erregt zugleich. Doris scheint das zu spüren, lässt von ihm ab. Beer sieht sie von der Seite an, sieht dann auf den
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