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Celinas Tochter

Celinas Tochter

Titel: Celinas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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    Der Entsetzensschrei galt eigentlich nicht der Kakerlake, sondern ihrem eingerissenen Fingernagel. Die Kakerlake war klein, der Riß eine Katastrophe. Auf ihrem manikürten Nagel sah er so tief und zerklüftet aus wie der Grand Canyon.
    Alex schlug mit der kunststoffbeschichteten Karte, die das spärliche Zimmerservicemenü des Motels anpries, nach der Kakerlake. Auf der Rückseite warb man für das mexikanische Buffet und The Four Riders, eine Country-und-Western-Band, die täglich von sieben bis Mitternacht in der Silver Spur Lounge auftrat.
    Sie verfehlte die Kakerlake um Meter, und diese huschte hinter den holzfurnierten Toilettentisch. »Dich krieg ich später!«
    Sie fand eine Nagelfeile am Boden des Kosmetikkoffers, den sie gerade auspacken wollte, als das Insekt auftauchte, um den neuen Bewohner von Zimmer 125 zu inspizieren, und der Verschluß ihren Fingernagel ruinierte. Das Zimmer lag im Erdgeschoß des Great Westerner Motels, drei Türen von der Eismaschine und dem Verkaufsautomaten entfernt.
    Nachdem der Nagel repariert war, musterte sich Alex ein letztes Mal kritisch im Spiegel. Der erste Eindruck mußte umwerfend sein. Sie würden ohnehin staunen, wenn sie ihnen sagte, wer sie war, aber sie wollte mehr.
    Sie sollten schockiert, sprachlos und hilflos sein.
    Zweifelsohne würden sie Vergleiche ziehen. Das konnte sie nicht verhindern; aber auf keinen Fall wollte sie bei ihren Intelligenztests schlecht abschneiden. Sie würde dafür sorgen,
daß an Celina Gaithers Tochter kein Makel feststellbar wäre.
    Ihre Aufmachung hatte sie mit größter Sorgfalt ausgewählt. Alles – Kleidung, Schmuck, Accessoires – war von erlesenem Geschmack, insgesamt schlicht, aber nicht streng; schick, aber nicht zu modisch. Sie strahlte eine Aura von Kompetenz aus, die ihrer Weiblichkeit keinerlei Abbruch tat.
    Ihr Ziel war es, sie zuerst zu beeindrucken und dann mit dem Grund ihrer Anwesenheit in Purcell zu überraschen.
    Bis vor wenigen Wochen war die Stadt mit dreißigtausend Einwohnern ein einsamer Punkt auf der Karte von Texas gewesen. Hier lebten genauso viele Hasen und Kröten wie Menschen. Vor kurzem waren aber die Geschäftsinteressen der Stadt in die Gazetten geraten, allerdings nur am Rande. Doch wenn Alex einmal mit ihrer Arbeit fertig war, würde Purcell von El Paso bis Texarkana Schlagzeilen machen, davon war sie überzeugt.
    Nachdem sie sich vergewissert hatte, daß ihre Erscheinung höchstens noch durch ein Wunder Gottes oder Schönheitschirurgie verbessert werden könnte, hängte sie sich ihre Handtasche um, nahm ihre Aalhaut-Aktentasche, überprüfte den Zimmerschlüssel und zog die Tür von Nr. 125 hinter sich zu.
    Auf der Fahrt in die Stadt mußte Alex im Schneckentempo zwei Schulzonen durchqueren. In Purcell begann die Stoßzeit, sobald die Schule zu Ende war. Eltern transportierten ihre Kinder von der Schule zum Zahnarzt, zu Klavierstunden und Einkaufszentren. Vielleicht waren einige sogar auf dem Weg nach Hause, aber der zähfließende Verkehr und die verstopften Kreuzungen ließen vermuten, daß an diesem Tag offensichtlich keiner direkt heimfuhr. Der Stop-and-go-Verkehr machte ihr eigentlich nichts aus. Sie nutzte die Trödelei, sich ein bißchen mit dem Charakter der Stadt vertraut zu machen.
    Schwarzgoldene Bänder flatterten von der Markise der Purcell High School. Die Karikatur eines schwarzen
Panthers fauchte vorbeifahrende Autos auf dem Highway an, und ein Schriftzug verkündete POUNCE PERMIAN. Auf dem Feld des Footballstadions trainierte das Footballteam und übte Spielzüge. Die Marschkapelle probte auf einem angrenzenden Trainingsplatz ihren Auftritt für Freitag.
    Alles sah so unschuldig aus. Einen Augenblick lang bedauerte Alex ihre Mission und was sie wahrscheinlich der Gemeinde antun würde. Doch dann verdrängte sie rasch ihre Schuldgefühle, indem sie sich daran erinnerte, warum sie hier war. Eine Fülle von Ablehnung und die harten Vorwürfe ihrer Großmutter waren in ihrem Kopf gespeichert, falls sie je auch nur eine Sekunde lang vergaß, was sie hierher geführt hatte. Den Luxus eines schlechten Gewissens konnte sie sich nicht leisten.
    Die Innenstadt von Purcell war fast menschenleer. Viele der Geschäftshäuser und Büros um den Hauptplatz standen verlassen und vernagelt da. Es gab zu viele Konkursschilder, um sie noch zu zählen.
    Die

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