Century Love - Tödliches Fieber: Roman (German Edition)
Kapitell. Darüber erhob sich ein Fries und über dem Fries ein Kranzgesims.
Seth kletterte die Säule hoch. Der Marmor war glatt, aber er fand mit Händen und Füßen Halt in den Rillen. Kurz darauf stand er schwankend ganz oben auf dem Tempeldach und betrachtete die Stadt unter ihm. In der Ferne erkannte er die Kaserne und die Arena, die sich zwischen die hohen, sonderbaren Bauwerke duckten. Hinter der Kaserne konnte er gerade noch das Kastell sehen, dahinter folgten nur noch Himmel und Erde. Er lenkte den Blick auf die Stadt zurückund suchte Matts neues Haus und den baumbestandenen Garten. Auf einmal blitzte etwas Goldenes im Sonnenschein. Seths Herz machte einen Sprung, weil er sich an das Funkeln von Livias Armband erinnerte, doch dann begriff er, dass es einer der goldenen Adler vor Cassius’ Villa gewesen war, und verzog das Gesicht.
Die Hoffnungslosigkeit überwältigte ihn und er sprang.
Das Gefühl des Fallens war beglückend, der Aufprall nicht. Es tat höllisch weh und Seth verlor kurz das Bewusstsein, sodass er zunächst verwirrt war, als er mit ausgestreckten Gliedern vor dem Tempel wieder zu sich kam. War er nun doch endlich in den elysischen Gefilden gelandet?
Ein leises, belustigtes Lachen ließ ihn daran zweifeln. Als Seth sich aufsetzte, blickte er in die harten grauen Augen des großen Fremden, vor dem er zuvor schon davongelaufen war.
Im nächsten Moment war er auf den Beinen und in Verteidigungsstellung.
Der Fremde zuckte zusammen und wich zurück.
»Wer bist du?«, fragte Seth mit rauer Stimme, ohne seine Haltung zu verändern.
Der Fremde runzelte die Stirn. »Wer ich bin?«
Der Mann sprach Latein mit einem starken Akzent, der Seth irgendwie bekannt vorkam.
Nach einer kurzen Pause, in der sie sich gegenseitig abschätzten, lehnte sich der Fremde an eine Säule und antwortete: »Ich heiße Zackary. Aber viel wichtiger ist, wer du bist.«
»Ich bin Sethos Leontis aus Korinth.«
»Du bist aus Korinth hierhergekommen?«, stammelte Zackary.
»Nein, aus Londinium.«
Zackary nickte langsam. »Und wie bist du hergekommen?«
Seth zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
Zackary starrte ihn an und strich sich über das Kinn.
»Was ist das hier?«, fragte Seth leise.
Zackary sah ihn weiterhin mit schmalen Augen an. »Parallon«, antwortete er schließlich.
»Parallon?«
Ehe Seth weitere Fragen stellen konnte, fuhr Zackary fort. »Und du gehörst nicht hierhin.«
»Ich habe es mir nicht ausgesucht«, schnauzte Seth ihn verbittert an. »Ich würde alles dafür tun, nicht hier zu sein.«
»Du wärest wirklich lieber tot?«, fragte Zackary erstaunt.
»Ja.«
»Nun, das wird dir nicht gelingen, indem du dich von den Dächern stürzt! Man merkt, dass du keinen Schimmer hast.«
Im tiefsten Innern hatte Seth das gewusst, aber er hatte sich von der Hoffnung verleiten lassen. Da er keine Lust hatte, sich von einem Fremden beschimpfen zu lassen, drehte er sich um und wollte gehen. Doch Zackary hielt ihn an der Schulter fest.
»Ich kann dir helfen«, sagte er.
»Glaube ich nicht«, fauchte Seth und schüttelte ihn ab.
»Du willst das hier wirklich beenden?«
Gereizt drehte Seth sich zu ihm um.
»Na schön – komm mit. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.«
Seth folgte Zackary widerwillig auf die staubige römischeStraße und durch ihm unbekannte Straßen mit weiteren sonderbaren Gebäuden bis zum Fluss. Als sie dort ankamen, war niemand zu sehen. Sie stiegen eine kleine Treppe hinunter, die direkt ans Wasser führte.
»Jetzt musst du nur noch springen«, sagte Zackary lässig und warf Seth einen herausfordernden Blick zu.
Seth sah ihn skeptisch an.
»Ich schwöre!«, sagte Zackary. »Und wenn du dich so nach deiner Sterblichkeit sehnst, wie es den Anschein hat, dann wirst du es nicht bereuen.«
Seth schaute aufs Wasser, über dem ein leichter Dunst waberte, sodass er das andere Ufer nicht erkennen konnte. Als er seine Entscheidung traf, bekam er von der leichten Brise nichts mehr mit. Er seufzte hoffnungsvoll, zog die Sandalen aus und sprang.
Er versuchte, nicht zu schwimmen. Sein Körper war so aufs Überleben ausgerichtet, dass ihn das höchste Anstrengung kostete. Doch schon nach kurzer Zeit im Wasser spürte er einen heftigen Sog, der ihn hinunterzog. Das überraschte ihn. Er hatte gedacht, es würde schwerer sein, nicht wieder an die Oberfläche zu treiben. Doch dagegen kam er nicht an, es zog ihn viel stärker hinunter, als seine nassen Anziehsachen
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