Charles
Nachdem er sich einmal verlegen umgeblickt hatte, fuhr er sich hastig damit über die Augen.
Dass Ben weinte, wunderte Lanni, doch sie konnte es ihm nicht verdenken.
Im nächsten Moment nahmen Abbey und Sawyer einander bei der Hand und traten vor Reverend Wilson. Susan und Scott standen neben ihnen. Susans Kleid war aus demselben Stoff wie Abbeys, und im Haar trug die Kleine einen Kranz, während Scott wie Sawyer einen Smoking trug.
Sobald Lanni wieder etwas erkennen konnte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Charles, dessen Anblick sie mit Stolz erfüllte und sie gleichzeitig daran erinnerte, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb.
Schon bald würde sie keinen triftigen Grund mehr haben, noch länger in Hard Luck zu bleiben. Ihre Eltern stellten ihr bereits jetzt viele unangenehme Fragen, aber sie konnte schließlich schlecht zugeben, dass sie wohl dabei war, sich in Charles zu verlieben.
Nachdem Abbey den Brautstrauß ihrer Trauzeugin übergeben hatte, reichte sie Sawyer auch die andere Hand. Als Reverend Wilson sie bat, das Ehegelübde zu sprechen, wiederholte sie die Worte mit fester Stimme. Sie schien damit ausdrücken zu wollen, dass sie sich noch nie einer Sache so sicher gewesen war.
„Ich gelobe, ihn zu lieben …“
Lieben.
Abbeys Worte prägten sich Charles unauslöschlich ein. Bisher hatte er nicht verstanden, warum Sawyer Hals über Kopf hatte heiraten wollen. Nachdem er so lange mit dem Heiraten gewartet hatte, kam es doch auf ein paar Monate auch nicht mehr an.
Charles war der Ansicht, dass Sawyer Abbey wenigstens Zeit hätte lassen sollen, sich in Hard Luck einzuleben, denn der Umzug von Seattle hierher war für sie und die Kinder ein großer Einschnitt gewesen. Eine Ehe bedeutete eine zusätzliche Umstellung.
Doch in diesem Moment erkannte Charles, wie tief die Gefühle waren, die Abbey und Sawyer miteinander verbanden. Die beiden liebten sich so sehr, dass es keine Rolle gespielt hätte, wenn sie mit der Hochzeit noch länger gewartet hätten. Vermutlich würden sie in zwanzig Jahren noch genauso füreinander empfinden.
Ein Blick auf die beiden genügte, um Charles davon zu überzeugen. Komisch, dass er es nicht eher erkannt hatte. Was für alle anderen offensichtlich gewesen war, hatte er nicht gesehen.
Lieben.
Er riskierte einen Blick in Lannis Richtung. Als ihre Blicke sich begegneten, stockte ihm der Atem. Lanni lächelte ihn an, und in ihren Augen standen Tränen.
„… zu ehren“, fuhr Abbey fort.
Ehren.
Lanni wandte den Blick von Charles ab. Ihr Herz klopfte so schnell, dass ihr schwindelig wurde. Doch dann konzentrierte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn, sodass Abbey, Sawyer, die Kinder und Reverend Wilson aus ihrem Blickfeld verschwanden. Obwohl sie erst wenige Stunden zuvor zusammen gewesen waren, konnte Lanni den Blick nicht von Charles wenden.
Sie liebte diesen Mann. Als sie zu dieser Erkenntnis kam, schloss sie für einen Moment die Augen. Sie war nicht dabei, sich in Charles zu verlieben, sondern sie liebte ihn bereits.
Das ist unmöglich, sagte ihr ihr gesunder Menschenverstand. Sie kannte Charles doch kaum. Außerdem war er viel älter als sie, ein Einzelgänger und ein O’Halloran. Sie durfte ihn nicht lieben, denn das würde nur Probleme mit sich bringen.
Schließlich öffnete Lanni die Augen wieder und begegnete erneut seinem Blick. Was sie in seinen Augen las, bewies ihr, dass es für sie nichts Wichtigeres mehr gab, als ihr Leben mit ihm zu teilen. Sie würde nie wieder einem Mann begegnen, den sie so liebte wie ihn.
Wären sie nicht in der Kirche gewesen, inmitten einer Trauzeremonie, hätte Lanni sich an den anderen Gästen vorbeigedrängt und wäre nach vorn zu Charles gelaufen.
Nachdem Abbey das Ehegelübde gesprochen hatte, fing Sawyer an: „Ich schwöre vor Gott, sie zu lieben und zu ehren …“
Ehren.
Charles beschloss, mit Lanni zu reden, damit sie sich über ihre Gefühle klar werden und Zukunftspläne schmieden konnte. Er wollte sie zu nichts drängen. Immerhin hatte er fünfunddreißig Jahre alt werden müssen, um eine Frau wie Lanni zu finden. Und nun, da er sie gefunden hatte, wollte er alles dafür tun, um mit ihr zusammenbleiben zu können.
„Ja, ich will“, verkündete Abbey laut und deutlich.
„Ich auch“, fügte Scott hinzu.
„Ich auch“, schaltete Susan sich ein, um nicht übergangen zu werden.
Alle Gäste lachten, und Lanni bemerkte, dass vielen von ihnen vor Rührung die Tränen gekommen waren. Nachdem Reverend Wilson
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