Charlie und der Diamantenraeuber
nicht, wie ich es dir sagen soll, aber sie müssen Lin verhaften. Nach all dem, was sie gehört haben, bleibt ihnen überhaupt keine andere Möglichkeit!«
Wir hören Schritte näher kommen.
Die beiden
officers
haben Lin in ihre Mitte genommen und nähern sich unserem Tisch. Der Kleinere sagt schneidend zu Lin:
»After your attack you went to work just like every day. I mean that’s cold-blooded!«
Lin bleibt stehen. Ihre Arme hängen reglos herab, nur ihr Kopf bewegt sich wie aufgezogen hin und her. »
No, no
. . .«
Mit angehaltenem Atem sitzen wir da. Nelli übersetzt für mich. Die Polizisten meinen, Lin sei besonders kaltblütig, da sie ihrer Meinung nach nach dem Überfall einfach wie jeden anderen Tag auch zu ihrer Arbeit hier erschienen ist.
Hanna flüstert: »Und Lin kann nicht beweisen, dass sie es gar nicht war, und deshalb dürfen sie sie verhaften!«
»Ms Lin Kim, you are
under suspicion
21 for attacking Mrs Finn and we are
placing you under
arrest
22 «,
stellt der eine
officer
fest.
»Sie ist verdächtig und wird in Untersuchungshaft genommen«, übersetzt Ulli.
»Please follow us!«
, befiehlt der andere
officer
.
Die wollen Lin abführen! Sie denken also wirklich, Lin habe Ruth umgefahren! Die freundliche Lin, die so zart und harmlos wirkt. Niemals kann sie das getan haben! Auch wenn ich sie erst seit gestern kenne . . . Ich spüre einfach, dass sie unschuldig ist!
Lin betrachtet den kleinen
officer
und bricht in Tränen aus. Sie sackt in sich zusammen und greift, immer weiter weinend, nach der Eisensäule, vor der sie gerade zufällig kniet. Verzweifelt umklammert sie die Säule und schreit:
»I’m not
guilty
23 «
Immer wieder:
»I’m not guilty! Please
believe
24 me!«
Sie schluchzt.
Auch ohne dass es Nelli mir erklärt hätte, ist klar, dass sie ihre Unschuld beteuert.
Es ist schrecklich. Ich sehe, wie das Weiße an ihren Knöcheln hervortritt, und höre sie schreien und weinen.
»I’m not guilty!«
Nelli springt auf und will zu ihr laufen. Aber Steffi hält sie am Arm fest. »Nelli, warte, mach es nicht noch schlimmer! So hilfst du ihr nicht!«
»Believe me!«
, ruft Lin verzweifelt.
»I didn ’t do anything bad
.
I’m not a gangster!«
Sie weint und hält sich weiter an der Säule fest, als wäre sie eine Ertrinkende und die Säule der Rettungsring.
Aber das nützt ihr gar nichts. Nach kurzem Handgemenge wehrt sie sich nicht länger. Die
officers
haben Lin die Hände auf den Rücken gedreht. Jetzt ist es so still in dem großen Loft, dass wir das Klicken der Handschellen hören. Lin wird abgeführt, als wäre sie eine Schwerverbrecherin. Sie hält ihren Kopf gesenkt, sagt kein einziges Wort mehr, sieht auch nicht zu uns herüber. Im Gegensatz zu den beiden
officers
, die geradezu fröhlich ihr
»Goodbye!«
in unsere Richtung schmettern. Na ja, sie haben ja, was sie wollten.
Mit einem leichten Scheppern schließt sich in dem Augenblick die Tür hinter den beiden Polizisten und Lin.
Mir ist schlecht. Was für ein Morgen!
Nelli schüttelt Steffis Arm ab und ruft: »Warum tut ihr denn nichts? Lin kann doch keiner Fliege etwas tun! Sie hat mit Ruths Unfall bestimmt nichts zu tun! O Gott, warum tut ihr nichts?«
Ulli schaut sie nachdenklich an und sagt: »Bist du dir sicher? Schließlich hat sie jemand dabei beobachtet!«
»Oh, wenn Mama doch nur hier wäre«, stöhnt Nelli. »Sie hätte das bestimmt nicht zugelassen. Niemals! Lin ist für sie wie eine zweite Tochter! Natürlich ist Lin unschuldig. Ihr müsst Ruth fragen. Was hat sie gesehen? Sie müsste es ja wohl am besten wissen!«
»Vielleicht hat Nelli recht«, meint Steffi unsicher. »Schließlich wird Lin doch nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzt.«
Ulli fährt sich mit der Hand über sein Kinn. Das macht ein schabendes Geräusch. Offensichtlich ist er heute Morgen nicht zum Rasieren gekommen. »Ruth kann sich nicht mehr daran erinnern«, sagt er. »Wahrscheinlich hat sie einen Schock. Vielleicht auch eine Gehirnerschütterung, obwohl der Arzt davon nichts gesagt hat. Ich weiß es nicht. Sie sagte bloß zu mir, es wäre alles so schnell gegangen. Sie wusste da ja noch nicht, dass Lin verdächtigt wird. Sie hat zu mir gesagt, sie glaube an einen dummen Zufall: zur falschen Zeit am falschen Ort.«
»Lin hätte doch aber gar keinen Grund, es zu tun«, sagt Hanna aufgeregt. »Schließlich hat sie hier bei Ruth feste Arbeit.«
Steffi nickt. Genau das hatte sie eben auch gemeint.
»And she’s been working
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