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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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stützte sich auf seinen Ellbogen und warf einen Blick über die Schulter.
    Volokine stand hinter ihm.
    Treter an den Füßen. Mit gespreizten Beinen. Grünliches Gesicht.
    Über dem nackten Oberkörper trug er die vorschriftsmäßige Matrosenjacke und eine Leinenhose. In der Hand schwang er eine Art primitive Lanze. Ein Stock, an dessen Ende mit einem Schnürsenkel ein Feuerstein befestigt war. Das Gesicht des Jungen war von grünen Flechten überzogen, sodass seine Augen wie die eines irrsinnigen Gespensts wirkten.
    Alles in allem ein erschütternder Anblick. Aber wenigstens war er am Leben.
    Kasdan lächelte.
    Sie beide würden der Kolonie ganz schön einheizen.

KAPITEL 82
    Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, als auch schon das Dröhnen von Motoren in seinem Bewusstsein widerhallte. Fahrzeuge. Eines, zwei, vielleicht drei. Wagentüren, die zugeschlagen wurden. Schritte am Rand der Schlucht. Sie waren entdeckt worden. Sie saßen in dem Engpass in der Falle.
    »Kasdan!«
    Die Stimme Hartmanns, die von den Felswänden zurückgeworfen wurde. Tief. Bedächtig. Aber verändert. Wut. Hass. Emotion. Der Führer hatte bereits von dem Tod seines Sohnes erfahren.
    »Antworte! Wir wissen, dass ihr da seid!«
    Kasdan schwieg und beobachtete Volokine, der sich in einem Schockzustand befand.
    Hartmann lachte laut auf.
    »Glaubst du, dass ich um meinen Sohn trauere? Glaubst du, dass mich sein Tod am Boden zerstört? Mein Sohn wurde geopfert, und wir alle werden das gleiche Schicksal erleiden! Wir zählen nicht. Wir sind Pioniere. Wegbereiter. Es ist ganz normal, dass wir geopfert werden. Wir wirken an einem notwendigen und unaufhaltsamen Fortschritt mit!«
    Genau die gleichen Worte, die Hans-Werner Hartmann äußerte, als er 1947 in Berlin von einem amerikanischen Psychiater befragt worden war. Der Vater hatte seine Wahnideen an den Sohn weitergegeben.
    »Kasdan!«
    Der Chilene sprach nur ihn an. Das Privileg des Alters. Dies eröffnete ihnen eine unverhoffte Chance. Er konnte den Verrückten in ein Gespräch verwickeln, während Volokine wieder nach oben zurückkehren würde.
    Kasdan packte den Jungen an den Schultern. Sein von grünlichem Moos bedecktes Gesicht erinnerte an einen aufgeblasenen Chlorophyll-Kaugummi.
    Er zog die USP .45 Heckler & Koch. Drückte sie Volo in die Hand. Er griff nach den Magazinen, die er den Leichen ab genommen hatte, und stopfte sie in die Taschen seiner Jacke. Stumm deutete er auf den Himmelsstrich über ihnen. Steig hinauf . Dann teilte er ihm mit einer anderen unmissverständlichen Geste mit: Ich rede mit dem Irren.
    Volokine steckte die Automatik in seinen Gürtel und nahm die Felswand vor ihm in Angriff.
    Im selben Moment ertönte ein Pfeifen aus dem Innern des Schlauchs. Die beiden Männer erstarrten. Sahen sich an. Ihre gequälten Gesichter waren das Letzte, was sie sahen. Eine Rauchspirale breitete sich in der Schlucht aus. Dann eine zweite. Dann noch eine. Tränengas. Die klassische Methode, um die Beute aus dem Bau zu treiben.
    Kasdan wich zurück. Machte seine Drillichjacke zu. Vergrub seinen Kopf im Kragen der Jacke und hielt den Atem an. Die Augen voller Tränen, entfernte er sich von den Säurewolken und hoffte, dass Volo bereits die Felswand erklomm und die weißlichen Rauchspiralen als Tarnung nutzte.
    Er beobachtete die Klamm und bemerkte einen weiteren Vorteil des Gasnebels. Er machte die Laserstrahlen sichtbar. Schräge rote Linien, die ihre Opfer im Innern des Engpasses suchten, verfolgten und gleichsam nach ihnen stocherten. Die jedoch, als Folge davon, auch die Position der Schützen oberhalb der Felswand verrieten.
    Es waren vier, aber Kasdan verließ sich nicht hundertprozentig darauf. Vielleicht gab es noch weitere Schützen, die mit Waffen ohne Visier ausgerüstet waren. Er wich noch weiter zurück. Die roten Striche erschienen ihm wie die Saiten einer purpurroten, herrlichen Harfe, von der man zauberhafte Klänge hätte erwarten können …
    »Kasdan!«
    Er atmete nicht mehr. Sah nichts mehr. Bemühte sich lediglich, die Ohren zu spitzen, und wartete gespannt auf die Schüsse, die ihm das Signal geben würden, seinerseits wieder die Steilwand hinaufzuklettern.
    »Ich schlage dir vor, zu verhandeln«, rief er atemlos.
    Wieder lachte Hartmann.
    Schallend wie ein Paukenschlag.
    »Worüber verhandeln? Mit wem? Es ist aus, Kasdan. Ihr seid für uns eine Etappe gewesen. Eine von Gott gesandte Prüfung. Die letzte vor dem Sieg.«
    »Was für ein Sieg?«
    »Wir haben

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