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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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draußen. Andere Männer des SEK hatten ihn wie eine Ölsardine aus einer Konservendose gezogen. Er taumelte zu Kasdan, um den sich bereits eine Rettungsmannschaft kümmerte. Er trug eine Sauerstoffmaske auf dem Gesicht.
    Ein Mann in schwarzer Montur und mit hochgeklapptem Visier sagte lächelnd zu ihm:
    »Ihr seid unsere kleinen Pferde gewesen. Unsere kleinen Trojanischen Pferde.«

KAPITEL 83
    Der Gesang der Knaben erinnerte an ein Bad in einem Fluss.
    Fließend und sanft, aber auch fröhlich und lebhaft.
    Jede ihrer Silben besaß eine innere, verborgene und vibrierende Reinheit. Die lateinischen Wörter entwichen ihren Lippen wie eine tief anrührende Friedensbotschaft.
    Akupunktur der Seele.
    Balsam des Herzens.
    Als die Einsatzkräfte ins Zentrum der Kolonie vorstießen, waren ihnen Kasdan und Volokine gefolgt. Schließlich war es ihr Fall gewesen. Ihr Sieg. Auch wenn jetzt die Mordkommission und das Dezernat zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens die Sache übernahmen und wie Eroberer in die »Zone der Reinheit« eindrangen.
    Die Männer in schwarzer Montur liefen kreuz und quer. Öffneten Türen. Schwenkten ihre Sturmgewehre. Es glich einer sanften Plünderung, die ohne Widerstand, ohne Geschrei über die Bühne ging. Die Feinde leisteten keinen Widerstand und trugen an ihren Jacken keine Knöpfe.
    Kasdan und Volokine hatten beide gleichzeitig ein Detail wahrgenommen, als die Polizisten um das zentrale Symbol der Kolonie ausschwärmten – die zum Himmel gestreckte Hand.
    Der dumpfe Klang von Stimmen.
    Er kam aus dem Konservatorium. Sie gingen auf das nahe der Kirche gelegene hölzerne Gebäude zu, während die einzelnen Abteilungen des Sondereinsatzkommandos ihre Invasion fortsetzten.
    Kasdan und Volokine hatten behutsam die Türen geöffnet.
    Erschöpft und blutverschmiert hatten sie sich auf die Bänke aus hellem Holz fallen lassen.
    Es war zehn Uhr morgens.
    Und an diesem 28. Dezember probte der Chor wie an jedem anderen Tag.
    Jetzt lauschte Kasdan, genannt Doudouk, dem Miserere ; er spürte, wie sich in ihm die diffusen, einander verwandten Regungen der Ermattung und der Ergriffenheit vermischten. Das Miserere von Gregorio Allegri erklang draußen und in seinem Innern, streichelte seine Knochen, drang in seinen Körper ein und betäubte seine Nerven.
    Das Miserere.
    Der einzige mögliche Schlussstrich, den man unter die Affäre ziehen konnte.
    Kasdan versuchte nicht mehr, die Einzelteile zusammenzufügen. Zu begreifen, wie es gekommen war, dass er und Volokine zum Schluss als die Dummen dastanden. Die Marionetten einer verdeckten Operation der Sondereinheit der Gendarmerie zur Terrorismusbekämpfung. Die französischen Staatsbürger, die den Polizeikräften als Vorwand für eine Blitzaktion gedient hatten. Bald würden Erklärungen verlangt werden, und die Schwierigkeiten würden beginnen. Aber die Hauptsache war erledigt. Der französische Staat hatte seine Bürger befreit.
    Kasdan lächelte. Der bloße Gedanke, dass sie ihr Leben solchen Hampelmännern wie Marchelier, Rains oder Simoni verdankten, entbehrte nicht einer gewissen Komik. Aber sich darüber hinaus klarzumachen, dass sie wie Marionetten am Schnürchen gezogen worden waren, ohne es auch nur zu ahnen, war der beste oder auch schlimmste Witz, den er sich vorstellen konnte.
    All das zählte jetzt nicht mehr. Bruno Hartmann und sein engster Kreis waren neutralisiert. Tot. Verwundet. Verhaftet. Was die irrsinnigen Ärzte anlangte, so würde es dem Polizeibeamten Cédric Volokine ein Vergnügen sein, gegen sie auszusagen. Auch wenn er sie nur mit ihren OP -Masken gesehen hatte.
    Zweifellos ließen sich weitere Straftaten nachweisen. Einrichtungen, Apparate, spezielle Orte würden entdeckt werden und Aufschluss geben über die Misshandlungen, denen die Kinder und Halbwüchsigen ausgesetzt gewesen waren. Ganz abgesehen davon, dass die offiziellen Ermittler unter den Glasdächern der Treibhäuser Aufschluss über die mysteriöse Herkunft des Vermögens der Sekte erhalten würden. Es wäre auch nicht schwer, die Drogenlabore zu entdecken und die Kontaktpersonen und Verteilernetzwerke der Kolonie Asunción hochgehen zu lassen. Man durfte sogar hoffen, im Laufe der Durchsuchungen Dokumente zu dieser hundertprozentig illegalen Geschäftstätigkeit sicherzustellen.
    Außerdem würden jetzt Hunderte von Vernehmungen beginnen. Alle Glieder des Systems würden identifiziert, isoliert, befragt und anschließend psychologisch betreut werden. Man würde

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