Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
ein.
»Darauf kannst du wetten.« Sie sprang aus dem Bus, warf die Tür hinter sich zu und lief die grasüberwucherten Steinplatten zum Eingangsportal hinauf. Als er kurz hupte, winkte sie, drehte sich aber nicht mehr um.
Der Eingangsbereich der Kathedrale war kühl und dunkel und es roch nach Regen und feuchtem Papier. Ihre Schritte hallten laut auf dem Steinboden wider und sie musste an Jace denken und an das, was er in der Kirche in Brooklyn zu ihr gesagt hatte: Möglicherweise gibt es einen Gott, Clary, und möglicherweise auch nicht. Aber ich denke nicht, dass das eine Rolle spielt. So oder so sind wir auf uns allein gestellt.
Als sich die Aufzugtür hinter ihr schloss, warf sie einen verstohlenen Blick auf ihr Spiegelbild. Fast alle Verletzungen und Kratzer waren verheilt. Sie fragte sich, ob Jace sie jemals so mustergültig gekleidet gesehen hatte: Für den Krankenhausbesuch hatte sie einen schwarzen Faltenrock und eine Bluse mit Matrosenkragen angezogen und sogar etwas rosa Lipgloss aufgelegt – sie kam sich vor wie eine Achtjährige.
Nicht dass es noch irgendeine Rolle spielte, was Jace von ihrem Aussehen hielt, dachte sie und fragte sich, ob es zwischen ihnen jemals so sein würde wie zwischen Simon und seinen Schwestern: Eine Mischung aus Langeweile und liebevoller Gereiztheit. Sie konnte es sich nicht vorstellen.
Noch bevor die Aufzugstür aufschwang, hörte sie das laute Miauen. »Hi, Church«, sagte sie und beugte sich zu dem blauen Fellknäuel hinab. »Wo sind die anderen?«
Church, der eindeutig gestreichelt werden wollte, schnurrte irgendetwas Unverständliches. Seufzend gab Clary nach. »Verrückter Kater«, murmelte sie und kraulte ihn hinter den Ohren. »Wo …«
»Clary!« Isabelle schwebte in einem langen roten Rock ins Foyer; ihre Haare waren mit glitzernden Nadeln hochgesteckt. »Bin ich froh, dich zu sehen.« Sie stürzte sich auf Clary und umarmte sie so heftig, dass diese fast das Gleichgewicht verlor.
»Isabelle«, keuchte Clary. »Ich freu mich auch.« Sie wartete, bis Isabelle sie wieder freigab.
»Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht«, rief Isabelle mit leuchtenden Augen. »Nachdem ihr beide mit Hodge in die Bibliothek gegangen wart und ich allein bei Alec saß, hörte ich eine unglaubliche Explosion. Als ich nachgesehen habe, wart ihr alle verschwunden, die ganze Bibliothek war ein einziges Chaos und überall sah man Blut und so eine klebrige schwarze Flüssigkeit.« Sie schüttelte sich bei der Erinnerung daran. »Was war das für ein Zeug?«
»Ein Fluch«, erklärte Clary leise. »Hodges Verbannungszauber.«
»Ach ja, richtig«, sagte Isabelle. »Jace hat mir das von Hodge erzählt.«
»Tatsächlich?« Clary war überrascht.
»Ja, dass der Fluch von ihm genommen wurde und er das Institut verlassen hat. Ich hätte nur gedacht, er würde sich noch von uns verabschieden«, fügte Isabelle hinzu. »Ich muss sagen, ich bin ein bisschen enttäuscht, aber vermutlich hatte er Angst vor dem Rat. Irgendwann wird er sich bestimmt wieder bei uns melden.«
Dann hatte Jace ihnen also nicht erzählt, dass Hodge sie alle betrogen hatte, dachte Clary verwirrt. Andererseits: Wenn Jace Isabelle und Alec die Enttäuschung und Bestürzung ersparen wollte, war es vielleicht besser, sie mischte sich nicht ein.
»Jedenfalls war das Ganze furchtbar und ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn nicht plötzlich Magnus hier aufgetaucht wäre und Alec gesund gezaubert hätte«, fuhr Isabelle fort und runzelte die Stirn. »Jace hat uns auch erzählt, was danach auf Roosevelt Island passiert ist. Im Grunde wussten wir es längst, da Magnus die ganze Nacht am Telefon hing. Die gesamte Schattenwelt war in heller Aufregung. Du bist inzwischen eine echte Berühmtheit, wusstest du das?«
»Ich?«
»Klar. Valentins Tochter.«
Clary lief es kalt über den Rücken. »Dann ist Jace vermutlich auch berühmt.«
»Ihr seid beide in aller Munde«, erwiderte Isabelle in dem gleichen, übermäßig gut gelaunten Ton. »Die berühmten Geschwister.«
Clary musterte Isabelle neugierig. »Ehrlich gesagt hätte ich nicht erwartet, dass du dich derart freuen würdest, mich wiederzusehen.«
Entrüstet stemmte Isabelle die Hände in die Hüften. »Wieso nicht?«
»Ich bin nicht davon ausgegangen, dass du mich überhaupt leiden kannst.«
Isabelles Strahlen erlosch und sie schaute auf ihre silbern lackierten Zehennägel. »Ich hätte es auch nicht gedacht«, gestand sie. »Aber als ich nach dir und Jace
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