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Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Aufgabe, denjenigen beizustehen, die sich freiwillig vom Rat entfernt haben.
    Clary trat einen Schritt beiseite, als Jeremiah an ihr vorbei hinaus auf den Flur schwebte, und beobachtete, wie er sich unauffällig unter die Leute mischte, die ihn gar nicht zu bemerken schienen. Als sie die Augenlider halb schloss, erkannte sie die schimmernde Aura des Zauberglanzes, die ihn umgab. Sie fragte sich, was die anderen wohl sahen: Einen Patienten? Einen Arzt, der in OP-Kleidung über den Flur eilte? Einen trauernden Besucher?
    »Bruder Jeremiah hat die Wahrheit gesagt«, erklärte Luke vom Fenster aus. »Er hat Alec nicht geheilt; das war Magnus Bane. Und er weiß auch nicht, was deiner Mutter fehlt.«
    »Ich weiß.« Clary wandte sich ihm zu und nickte. Vorsichtig näherte sie sich dem Bett. Es fiel ihr schwer, die kleine bleiche Gestalt darin, die an eine Fülle von Schläuchen und Infusionen angeschlossen war, mit ihrer rothaarigen, temperamentvollen Mutter in Verbindung zu bringen. Natürlich leuchteten ihre auf dem Kissen ausgebreiteten Haare immer noch kupferfarben, aber ihre Haut war so blass, dass Clary sich an Dornröschen in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett erinnert fühlte – deren Brust sich nur deshalb hob und senkte, weil sie von einem Uhrwerk angetrieben wurde.
    Vorsichtig nahm sie die dünne Hand ihrer Mutter und hielt sie fest, so wie sie es schon an den Tagen zuvor getan hatte. Sie konnte den Pulsschlag in Jocelyns Handgelenk spüren, ruhig und beständig. Sie möchte aufwachen, dachte Clary. Ich weiß es ganz genau.
    »Natürlich möchte sie aufwachen«, sagte Luke und Clary erkannte verblüfft, dass sie ihre Gedanken laut ausgesprochen haben musste. »Sie hat allen Grund, aus dem Koma zu erwachen – sogar noch mehr Gründe, als sie selbst weiß.«
    »Du meinst Jace«, erwiderte Clary und legte die Hand ihrer Mutter behutsam auf die Bettdecke zurück.
    »Natürlich meine ich Jace«, bestätigte Luke. »Seit siebzehn Jahren hat sie um ihn getrauert. Wenn ich ihr nur mitteilen könnte, dass sie nicht länger um ihn weinen muss …«
    »Es heißt, Menschen, die im Koma liegen, können manchmal hören, was andere sagen«, versuchte Clary, ihn zu trösten. Aber die Ärzte hatten auch gesagt, dass es sich nicht um ein gewöhnliches Koma handelte; denn ihr Zustand war weder durch eine Verletzung noch durch Sauerstoffmangel oder plötzliches Herzversagen hervorgerufen worden. Es schien, als wäre Jocelyn nur in einen tiefen Schlaf versunken, aus dem sie nicht geweckt werden konnte.
    »Ich weiß.« Luke nickte. »Ich habe die ganze Zeit mit ihr geredet. Fast ununterbrochen.« Er schenkte Clary ein müdes Lächeln. »Ich habe ihr erzählt, wie tapfer du warst. Und dass sie stolz auf dich sein kann – auf ihre Kriegertochter.«
    Clary spürte einen dicken, schmerzhaften Kloß in der Kehle. Sie schluckte zwei-, dreimal und sah an Luke vorbei aus dem Fenster, hinter dem sich die nackte Ziegelsteinwand des gegenüberliegenden Gebäudes erhob. Leider keine schöne Aussicht auf Bäume oder den Fluss, dachte Clary. »Ich habe die Einkäufe erledigt, um die du mich gebeten hast«, sagte sie. »Ich hab Erdnussbutter, Milch und Cornflakes und Brot besorgt.« Sie griff in ihre Jeanstasche. »Hier ist das Wechselgeld …«
    »Behalt es«, meinte Luke. »Davon kannst du nachher das Taxi bezahlen.«
    »Simon bringt mich nach Hause«, erwiderte Clary und warf einen Blick auf die Uhr, die an ihrem Schlüsselbund baumelte. »Wahrscheinlich wartet er unten schon auf mich.«
    »Gut. Ich bin froh, dass du etwas Zeit mit ihm verbringst«, sagte Luke erleichtert. »Behalt das Geld trotzdem. Dann kannst du dir heute Abend eine Pizza bestellen.«
    Sie öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn dann aber wieder. Luke war ein Fels in der Brandung, wie ihre Mutter immer zu sagen pflegte – solide, zuverlässig und vollkommen unerschütterlich. »Komm auch bald nach Hause, ja? Du brauchst etwas Schlaf.«
    »Schlaf? Wer braucht schon Schlaf?«, spottete Luke, doch Clary sah die Erschöpfung in seinem Gesicht, als er sich wieder auf dem Stuhl neben dem Bett niederließ. Behutsam strich er Jocelyn eine Haarsträhne aus der Stirn. Clary wandte sich ab; in ihren Augen brannten heiße Tränen.
     
    Als sie das Krankenhaus verließ, wartete Erics Transporter schon vor dem Haupteingang. Über ihr wölbte sich ein hoher Himmel, dessen kobaltblaue Tönung über dem Hudson River in ein dunkles Saphirblau überging. Simon beugte sich vor,

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