Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
glatt und glänzend.
    Was um alles in der Welt war das?
    Eingefasst in schwarzen Onyx mit einem Ring aus Gold in der Erde verankert lag ein grüner Stein, dessen Oberfläche seltsam geschmolzen wirkte. Das Material war transparent, als würde es sich um ein spezielles Glas handeln. Aber Glas war es gewiss nicht. Ein Smaragd vielleicht? Oder ein anderer Edelstein? Vielleicht aus dem Inneren der Erde …
    Bellheim hielt den Atem an. Ihm war plötzlich ein verrückter Gedanke gekommen. Was, wenn es sich um den gläsernen Fluch handelte? Der Völkerkundler kannte die Sage aus den Überlieferungen der Dogon, er hatte ihr aber nie viel Bedeutung beigemessen. Doch jetzt stand er hier und dieses Ding lag vor ihm auf dem Tempelboden. Mythos und Wirklichkeit verschmolzen zu einer Einheit. Wenn es tatsächlich stimmte und dies der sagenumwobene Smaragd aus den Tiefen des Weltraums war, von dem in den alten Geschichten die Rede war, dann wäre dies der sensationellste Fund seit dem Schatz des Priamos, den Schliemann Jahre zuvor in Troja gefunden hatte. Ein Objekt, dessen Bedeutung für die Wissenschaft gar nicht zu bemessen war. Es würde ihn weit über die Grenzen von Deutschland hinaus bekannt machen, und nicht nur das: Es wäre ein Schatz, nach dem sich so mancher die Finger lecken würde. Nicht, dass er arm war, aber dieses Ding würde ihn reich machen. Reich, weit über seine kühnsten Vermutungen hinaus.
    Bellheim versuchte seine fiebrigen Gedanken zu ordnen. Für einen Transport war der Kristall zu groß, abgesehen davon, dass er fest in der Erde verankert zu sein schien. Aber vielleicht konnte er ja ein Stück davon abbrechen.
    Er zog seinen kleinen Geologenhammer aus der Umhängetasche und begann vorsichtig zu klopfen. Ein metallisches Klingeln drang an sein Ohr. Das Material schien unglaublich hart zu sein. Noch einmal schlug er zu, diesmal kräftiger. Wieder nichts.
    Er wollte schon aufgeben, als ein fremdartiges Geräusch zu hören war. Es klang wie der Wind in den Bäumen. Wie das Rauschen eines weit entfernten Meeres. Aber hier gab es kein Meer und Wind gab es auch nicht. Die Luft stand still unter der Kuppel.
    Bellheim stand auf.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, was es war.
    Es war der Boden.
    Im schummrigen Licht des Tempels sah er, wie der Sand von lauter grünen Kristallen durchdrungen wurde. Sie krochen umeinander, wuselten hierhin und dorthin, als wären sie lebendig. Bellheim hörte ein feines Knistern begleitet von einem Geruch, den er nur unter Mühen identifizieren konnte.
    Es roch verbrannt, wie nach einer elektrischen Entladung.
    Er nahm ein paar von diesen Kristallen und hielt sie ins Licht. Die kleinen Körnchen sirrten und tanzten auf seiner Hand, dass ihm vom Zusehen ganz schwindelig wurde. Wunderschön sahen sie aus, wie lebendige Smaragde. So schön, dass er sie am liebsten eingesteckt und mitgenommen hätte.
    Mit einem Mal bohrte sich eines der Körnchen in seine Hand. Es brannte und stach, dann war es verschwunden. Nur ein roter Fleck blieb auf seiner Haut zurück. Der Forscher stieß einen Schrei aus und schüttelte seine Hand, aber das Ding kam nicht wieder zum Vorschein. Plötzlich spürte er ein Brennen in den Beinen. Er hob die Füße. Mit Entsetzen sah er, wie die Steinchen seine Stiefel durchdrangen. Immer mehr von ihnen kamen zum Vorschein. Das Leder wurde von Tausenden von nadelfeinen Stichen durchdrungen, bis es ganz dunkel und porös war.
    Keuchend und vor Panik wild mit den Armen rudernd sprang er zurück. Er taumelte ein paar Schritte, dann geriet seine Flucht ins Stocken. Seine Füße fühlten sich an, als wären sie festgewachsen. Der Sand kochte regelrecht – fast so, als wäre Bellheim in einen gigantischen Ameisenbau geraten. Er wusste nicht, was schlimmer war: das Brennen, das seine Beine emporkroch, oder die Erkenntnis, dass diese Kristalle tatsächlich lebendig waren.
    Mit einem verzweifelten Schrei versuchte er die Tür zu erreichen, aber es war zu spät. Der Sand ließ ihn nicht mehr gehen. Er stolperte, strauchelte und fiel vornüber. Dann schlugen die Wogen über ihm zusammen.



 
1
     
     
    Berlin, zwei Monate später …
     
    Klirrende Kälte drang von draußen in die Schreibstube. Die Fensterscheiben waren mit Eisblumen überzogen, die im Licht der Morgensonne wie Diamanten funkelten. Schneeflocken tanzten am Haus vorbei, landeten auf Ästen und Zweigen und überzogen die antiken Statuen in Humboldts Garten mit weißem

Weitere Kostenlose Bücher