Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
Garagen.“ Batori lächelte. „Die Autowerkstatt Weber, hinter der Tankstelle, gleich am Ortseingang.“
Milli kannte Dix Weber. Vorigen Sommer war sie mit Chong da gewesen. Er hatte an Chongs Fahrrad den Gepäckträger verstärkt und ihre Gangschaltung neu eingestellt.
„Der Typ ist okay“, sagte sie, „wir haben Musik bei ihm gehört und er hat uns seine geschweißten Kunstwerke aus Metallresten und Müll gezeigt.“
Das amüsierte Batori offensichtlich, er schmunzelte.
Es war nicht viel Verkehr und der Citroen schwebte über die Autobahn. Batori hatte eineinhalb Stunden Autofahrt eingeplant. Koppelitz lag nordöstlich von Berlin. Es war bekannt als hübscher und gepflegter Luftkurort, umgeben von mehreren mittelgroßen und kleinen Seen. Frühling bis Herbst boomte der Tourismus. Es gab eine Anzahl Hotels und Pensionen, viele Cafés, drei Campingplätze und eine FKK-Kolonie.
Die Koppelitzer waren stolz auf ihre Krankenhäuser. Sie waren nicht groß, aber auf dem neuesten technischen Stand. Es gab sogar zwei Kliniken für Plastische Chirurgie. Dann waren da noch die neue Gesamtschule, auf die Milli nach den Osterferien gehen sollte und das alte Schwimmbad. Ein neues war bereits in Planung.
Direkt vor der Stadt hatte sich der Elektronikkonzern Ziggedorn niedergelassen. Seitdem ging es mit dem Städtchen steil bergauf. Ein paar unliebsame Koppelitzer behaupteten, Ziggedorn sei skrupelloser Geschäftemacher. Sie wurden im Ort die Störenfriede genannt. Alle anderen betrachteten ihn als Wohltäter. Mit den Störenfrieden sympathisierten überwiegend Leute von außen, und zum Erstaunen der braven Koppelitzer wurden es immer mehr. So hatte sich Koppelitz zu einem Zentrum für Demonstrationen und Protestkundgebungen entwickelt. Für viele Koppelitzer war das verwirrend, aber nach anfänglichen Querelen beschloss der Stadtrat, sich mit den Störungen abzufinden. Laut Statistik belebte der Demonstrationstourismus das Geschäft der lokalen Gastronomie.
Dem Stadtrat gehörte auch Dr. Thor Ziggedorn an. Und das, obwohl er weit wichtigere andere Positionen bekleidete. Außerdem war er chairman of the board, Gründer und Inhaber der Anteilsmehrheit von Ziggedorn Electronics.
Armut schien in Koppelitz ausgestorben, zumindest sah man sie nicht. Jeder in Koppelitz wusste, dass all die hübschen Parkanlagen, die Springbrunnen, der neu angelegte Kreisverkehr und die großzügigen Fahrradwege, die öffentlichen Toiletten, Papierkörbe und Bänke, der Kunstverein und die originelle Straßenbeleuchtung auf Ziggedorns Großzügigkeit zurückgingen.
Die Sonne stand hoch am Himmel als sie sich der Ausfahrt Koppelitz näherten. Die Landschaft leuchtete nach einem kurzen kräftigen Regen. Hecken und Bäume, kleine Seen und Hügel dampften in der Sonne. All das hatte etwas ungemein Beschauliches. Milli träumte aus dem Fenster und schwieg.
„Du bist so still“, sagte Batori.
„Ich denke“, antwortete Milli.
„Aha, wichtige Dinge?“
Milli zuckte die Achseln. „Meine Deutschlehrerin meint, dass es gut wäre, wenn meine Mutter in die Klinik kommt - dann werde ich nicht um meine Jugend betrogen.“
„So was sagt eine Lehrerin zu dir?“, Batori sah sie erstaunt an.
„Die sagt so was auch zu anderen.“
„Aha. Woher weiß sie das mit der Klinik?“
„Keine Ahnung … von Mama wahrscheinlich.“
„Dann wusste sie auch, dass du mit Johanna allein lebst?“
„Denke schon.“ Milli verdrehte ihre Augen und seufzte. „Sie hat mich immer so mitleidig angeguckt.“
„Na - das ist ja was. Hast du ihr von dir und deiner Mutter erzählt?“
„Manchmal bei Entschuldigungen, wenn ich krank war … sonst hätte sie mich gefragt. Vertrauenslehrer sind so.“
„Und wenn die Rede auf deinen Vater kam … was hast du da gesagt?“
„Über ihn musste ich nicht reden.“
„Und wenn jemand wirklich hartnäckig nachgefragt hat?“
Milli sah Batori erstaunt an. „Du stellst komische Fragen.“
„Nun …“, erklärte er geduldig, „ich versuche nur zu verstehen.“
Milli schüttelte den Kopf und lächelte nachsichtig. „In meiner Klasse gab’s viele, wo die Eltern geschieden waren. Niemand fragt dich nach deinem Vater, und wenn doch, dann habe ich gesagt, dass er tot ist.“
Batori sah sie bestürzt an. „Das hast du?“
„Ja klar. Wenn sogar meine Mutter meint, das würde weitere Fragen ersparen“ - Milli sah Batori selbstbewusst an -, „und da hatte sie ausnahmsweise mal Recht. Die Leute lassen
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