Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
verfolgen eigene Interessen und Ziele. Sie sind nicht daran interessiert, dass eine fortschrittliche Technologie der Öffentlichkeit zu ihrem Nutzen übergeben wird.
Deshalb muss ich die Maschine in den nächsten zwei Wochen aus meinem Labor wegschaffen und selbst untertauchen, denn, wenn ich bei euch bleibe, sind wir alle vier - Millis Mutter war damals schwanger (!) - in Gefahr. Meine Feinde schrecken vor nichts zurück, auch vor Mord nicht. Das hört sich böse an, mein Liebes, aber es ist die Wahrheit.
Jetzt öffne bitte den Zip-Ordner-Nr.1. Dort gibst du für jedes Dokument folgendes Kennwort ein: „der Name deines roten Fahrrads und deine Lieblingszahlenkombination“. Die Fortsetzung meines Briefes ist das Dokument mit dem Namen Eliza. Die anderen Dokumente sind mehr technischer und mathematischer Natur.
Milli las den Brief mehrere Male durch: das hatte ihr Vater einem zehnjährigen Mädchen geschrieben. Ganz schön gewagt, fand sie. Mit acht hatte sie noch rosafarbene Leggins getragen und hatte mit Mangapüppchen, mit Feen und Prinzessinnen Playmobils gespielt. Mit neun oder zehn kam ihre Musikphase mit Gitarre, Flöte und Akkordeon und den Lernprogrammen für Physik und Technik, die sie von ihrem Vater für den Computer bekommen hatte. Er musste darauf vertraut haben, dass das ausreichte, um später einmal diesen seltsamen Brief zu verstehen - wenn er überhaupt so weit gedacht hatte …
Milli lehnte sich zurück, faltete ihre Hände hinterm Kopf und starrte aus dem Fenster in den graublauen Himmel. Sie fühlte sich irgendwie - leer. Mechanisch stand sie auf und legte Musik von Jahcoustix auf. Sie hörte der Musik nur halb zu und wandte sich wieder dem Brief zu. Ja, das Kennwort … ihr altes rotes Fahrrad war vor Jahren gestohlen worden. Es hieß Biffi. Milli war zum Weinen zumute. Ihre Lieblingszahlenkombination waren die Familiengeburtstage. Sie klickte auf das Dokument mit der Bezeichnung Eliza und gab Biffi 111826 ein.
Liebe Milli,
wie sieht die Flugmaschine aus? Sie ist silberfarben, beinahe rund, hat einen Durchmesser von fünf Metern. Sie heißt Eliza.
Du erinnerst dich an das alte Programm Eliza? Du wolltest es immer austricksen. Ich hatte dir eine Version für deinen Computer kopiert. Weil die Flugmaschine sich auch mit dir unterhalten kann, habe ich sie Eliza getauft. Sie ist aber millionenfach intelligenter als das alte Programm Eliza, du kannst sie KI nennen, aber sie arbeit nicht binär wie dein Laptop. Sie ist der Realität des Denkens ein wenig näher.
Und nun ein paar ernste Dinge.
Dein Onkel Batori ist ein kluger Mann. Er hat das, was im Moment geschieht, vorausgesehen. Ich hatte damals sein Misstrauen nicht geteilt. Thor Ziggedorn war anfangs sehr freundlich und hatte mir angeboten, meine Forschung zu finanzieren. Ich war so begeistert, dass ich alle Vorsicht in den Wind schlug.
Weißt du noch, vor ein paar Monaten hatte ich dich ins Labor mitgenommen. Wir haben deine Gehirnwellen gescannt und einen Netzhautscan bei dir gemacht.
Eliza funktioniert nur mit deiner Netzhautsignatur. Sie erkennt dich. Du kannst dich mit ihrer Intelligenz verbinden, und sie sich mit deiner. Andere Menschen müssen sie manuell steuern. Mit Einschränkungen funktioniert das aber auch. Ich glaube, mehr muss ich dir im Moment nicht sagen. Solltest du sie finden - Batori hat sie versteckt - wird sie dir alles selber erklären. Sie ist etwas ganz Besonderes, sehr viel weiter entwickelt als ein noch so leistungsfähiger Computer.
Milli hörte auf zu lesen und versuchte sich zu erinnern. Das war angenehm und auch wieder nicht. Sie konnte ihren Vater förmlich riechen, so nah fühlte sie sich ihm. Ob er ihr Leben wohl heimlich verfolgte, ob er sie sehen konnte, ob er wusste was sie tat? Sie heulte ein wenig und beschloss, mit der Erinnerung aufzuhören. Weil sie kein Taschentuch fand, wischte sie die Tränen am Ärmel ab und las weiter.
Milli! Batori wird dir und Johanna nichts von Eliza erzählen. Offiziell dürft ihr auch nichts darüber wissen. Batori will euch nur schützen. Sprich ihn nicht darauf an und hab Verständnis für ihn. Er sieht in dir ein unerfahrenes Mädchen, was du ja in vielerlei Hinsicht auch noch bist. Er meint es nur gut mit dir und Johanna … und aus seiner Warte hat er auch Recht. Solltest du Eliza also irgendwo finden, wird sie dich erkennen (Netzhautscan!). Aber das wissen nur du und ich.
Batori wird Eliza sozusagen „im Äther parken“ - unsichtbar für
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