Coconut Caye - Insel der Lust
unentschuldigt an der High School fehlten. Sie würde nie vergessen, was sie sich anschließend für Standpauken anhören musste – über die Richtlinien, die für alle gelten würden, ganz gleich wie reich die Eltern wären und wie viele Spenden die Schule von ihnen bekommen hatte, und so weiter und so fort.
Den höchsten Preis zahlte allerdings Izzy Leighton, ihre beste Freundin. Sie versäumte die innerschulischen Auswahltests für ein Stipendium. Dabei war sie eine der Spitzenkandidatinnen gewesen und hatte fest mit diesem Stipendium gerechnet, das ihr ein Studium an der Rice University ermöglicht hätte. Aber weder Nolans Interventionen noch die Bitten von Izzys Eltern konnten die Schulleitung umstimmen.
Isabels Traum war durch die Party zerstört worden. Sydney hatte sich seither geschworen, es irgendwann wieder gutzumachen. Deshalb war sie im letzten Jahr zu ihrem Vater gegangen und hatte ihn um Hilfe gebeten. Leider endeten ihre Bemühungen in einem Zerwürfnis mit Nolan, der ihr geschworen hatte, sie niemals im Stich zu lassen.
Sydney holte tief Luft und sah Ray an. “Weißt du was? Ich bin nicht in der Stimmung, in der Vergangenheit herumzuwühlen. Lass uns in der Gegenwart bleiben. Ich will meine Ferien genießen, Spaß haben und meine Arbeit und alle Probleme, die mich zu Hause erwarten, vergessen.”
“Einschließlich der Probleme mit deinem Vater?”, wollte er wissen.
Sie konnte ihn unmöglich in die Einzelheiten einweihen. Er würde es sowieso nicht verstehen. Niemand außer ihr konnte das verstehen. Die ganze Geschichte begann und endete damit, dass sie die einzige Tochter der Multimillionäre Nolan und Vegas Ford war.
Sie schüttelte kaum merklich den Kopf und trat ein paar Schritte vor, sodass sie den Abstand zu ihm vergrößerte.
“Du verschließt dich vor mir, Sydney. Tu das nicht.” Er kam ganz nah zu ihr, bis er direkt hinter ihr stand. “Alle haben mitbekommen, dass du Nolan in den letzten Monaten gemieden hast, aber keiner weiß, warum. Natürlich interessiert jeden, dem an dir liegt, was los ist. Denn was immer zwischen euch sein mag, scheint eine einseitige Geschichte.”
“Ja”, sagte sie gereizt. Hinter ihrer Stirn begann es, zu pochen. Stresskopfschmerzen, ihre altvertrauten Begleiter, kündigten sich an. “Ich fühle mich von Nolan verraten, und er ist schlicht anderer Meinung. Mehr will ich dazu nicht sagen, wenn du erlaubst.”
Eigentlich war ihr ziemlich egal, ob er damit einverstanden war oder nicht. Sie ging noch näher zum Ausgang und beobachtete, wie die dicken Regentropfen auf den weißen Sand prasselten. Ihre persönlichen Probleme gingen Ray nichts an. Das war eine Sache allein zwischen ihr, ihrem Vater und, leider, auch ihrer Mutter.
Zu allem Überfluss war dieser Krach in einem Moment gekommen, als sie sich endlich einmal zufrieden zurücklehnen wollte. Das Unternehmen hatte unglaubliche Erfolge zu verbuchen, die weder sie noch ihre Partnerinnen sich in ihren kühnsten Träumen vorgestellt hatten. Das sagenhafte Wachstum von
Girl Gear
hatte ihr Privatleben zum Stillstand gebracht, aber das störte Sydney nicht im Geringsten. Genau genommen hatte sie von Anfang an einkalkuliert, für ihre geschäftlichen Erfolge in persönlichen Dingen zurückzustecken.
Warum musste ihr Vater sie ausgerechnet in dieser Phase im Stich lassen? Nolan war doch immer ihr Fels in der Brandung gewesen.
“Hey”, flüsterte Ray und legte die Hände auf ihre Schultern. “Sydney, Darling, hör mir zu. Was zwischen Nolan und dir vorgefallen ist, ist selbstverständlich deine Sache. Und ich will mich nicht einmischen, sondern lediglich meine Hilfe anbieten. Manchmal sieht man Dinge klarer, wenn man mit anderen darüber spricht. Ich habe deinen Vater vor einiger Zeit kennengelernt, als er eine großzügige Spende an einen Hilfsfonds machte, den die New Yorker Feuerwehr für die Opfer des 11. September eingerichtet hat. Wir haben uns seitdem häufig getroffen und viel miteinander geredet. Ich konnte mit ihm über die furchtbaren Dinge sprechen, die ich gesehen habe – und über Patrick. Wir sind uns darüber sehr nahegekommen, und ich habe ihn als guten Freund schätzen gelernt. Ihm macht die Entfremdung zwischen euch schwer zu schaffen. Und er weiß auch, wie du dich fühlst.”
Sydney öffnete empört den Mund, doch Ray winkte ab, bevor sie etwas sagen konnte. “Nein, er hat mir keine Details erzählt. Er respektiert voll und ganz deinen Wunsch, persönliche Angelegenheiten
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