Coconut Caye - Insel der Lust
morgen mit aufs Festland?”
“Das weiß ich noch nicht”, antwortete sie und stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf. Sie sah ihn ruhig an, ohne eine Spur von Unsicherheit.
Sie beide waren auf einer Wellenlänge, das war ihm in diesem Moment klar. Und es war das erste Mal, dass er bei jemandem dieses Gefühl hatte. Entsprechend war er wenig überrascht, als sie mit der Gegenfrage kam: “Gehst du angeln?”
Dennoch wurde ihm heiß bei dem Gedanken daran, welche Alternative sich ihnen bot. Sein ganzes Blut staute sich in seiner unteren Körperhälfte – und zwar nicht in seinen Füßen. “Ich hatte mir schon überlegt, ob ich nicht lieber hierbleiben sollte. Eine Angeltour pro Woche reicht mir eigentlich. Vielleicht wäre es ganz nett, einfach mal zu faulenzen.”
Sydney kämpfte offensichtlich gegen ein Schmunzeln an. “Tja, an so etwas Ähnliches habe ich auch schon gedacht. Zumal ich schon alles gesehen habe, was es auf dem Bazar zu sehen gibt.”
“Na, dann bleiben wir wohl beide hier”, sagte Ray.
“Oh Gott!”, rief Poe. “Ihr zwei macht mich ganz krank.” Sie schob Ray in Richtung Jess und Doug, die bereits an der Tür warteten. “Ihr geht jetzt mal im ganz tiefen Wasser spielen.”
Ray ließ sich bereitwillig aus der Villa bugsieren. Er hatte alles gesagt, was es zu sagen gab. Und morgen, wenn sie allein waren, konnte er endlich mit Sydney reden. Er würde ihr klarmachen, wie er zu ihr stand und warum es keine Zukunft für sie gab.
Damit war nun ein für alle Mal allen Missverständnissen vorgebeugt, und nichts hinderte sie mehr daran, den Rest ihrer Ferien so richtig zu genießen und sich ausgiebig zu lieben.
Merkwürdig, dachte Ray, irgendwie klingt das ein bisschen zu einfach.
Sydney lag bäuchlings auf ihrem Strandlaken, das sie auf den Sitzpolstern der Liegestühle ausgebreitet hatte. Sie hatte sich in eine Ecke der Dachterrasse zurückgezogen und zwei Sonnenschirme als Blickschutz aufgestellt.
Endlich war sie einmal allein in Coconut Caye und nutzte die Gelegenheit, um in Ruhe ein Sonnenbad zu nehmen – nackt. Die Tropensonne wärmte ihre Haut, und der milde Wind streichelte sie. Obwohl, so ganz stimmte das eigentlich nicht, zumindest nicht das mit dem Alleinsein. Sie war nicht ganz allein.
Ray war ebenfalls hier, auch wenn sie nicht sagen konnte, wo auf der Insel er sich gerade aufhielt. Die anderen waren vor einer guten Stunde aufgebrochen. Die Frauen waren mit Auralie aufs Festland gefahren, um den Bazar unsicher zu machen, und die Männer waren mit Menga in See gestochen, um, wie er ihnen versprach, den Angeltörn ihres Lebens zu machen.
Sydney wusste natürlich, dass die anderen längst mitbekommen hatten, was zwischen Ray und ihr vorging. Außer Lauren und Anton hatten schließlich alle ihr Gespräch von gestern Abend mitgehört, in dem sie sich für heute verabredet hatten.
Seltsamerweise störte Sydney sich nicht daran, dass die anderen von Ray und ihr wussten. Vor einer Woche hatte sie darüber zwar noch ganz anders gedacht, doch heute machte sie kein Geheimnis mehr daraus, dass sie beide einen Tag allein verbringen wollten.
Ihr Verhältnis zu Ray war mittlerweile zu einer angenehmen Selbstverständlichkeit geworden. Allerdings musste dieses Verhältnis enden, sobald der Urlaub vorbei war und sie in die Staaten zurückkehrten.
Dort wartete
Girl Gear
auf sie. Ihr Leben in Houston war bestimmt von Umsatzprognosen, Marketing und Personalfragen. Vor der Reise war sie mit dem Förderprogramm und der Frage beschäftigt gewesen, welche Schritte nötig waren, wenn sie eine siebte Partnerin aufnahmen. Außerdem hatte sie ihre Pläne zur Unterstützung des Hungerhilfeprojekts von Isabel Leighton über den Haufen werfen und durch neue ersetzen müssen. Pläne, die sie bis vor einem knappen Jahr für wasserdicht gehalten hatte.
Sie waren perfekt gewesen, bis Nolan sein Wort brach und die versprochenen Mittel seiner Exfrau zukommen ließ anstatt Sydney. Diese Entscheidung, die für Sydney einem Verrat gleichkam, tat ihr bis heute weh.
Doch darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Sie wollte nicht an ihren Vater denken. Wenn Ray nur endlich auftauchen würde! Wo steckte er bloß?
Er hatte die anderen zum Boot begleitet und ihnen geholfen, die Angelausrüstungen an Bord zu schaffen. Aber das war über eine Stunde her, und seitdem hatte sie ihn nicht mehr gesehen.
Den zitronengelben Bikini hatte sie über einen der Sonnenschirme gehängt. Neben ihr lag das Buch, das sie sich
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