Code Delta
der Tunnel sich noch vor ihr erstreckte. Sicher war, dass die gewaltige Gestalt immer näher kam.
Mit einem Arm Bishop stützend, zog sie mit der freien Hand die um ihren Hals hängende Nachtsichtbrille hoch. Über Knights Schulter hinweg sah sie, dass ihnen noch etwa zwanzig Meter bis zum Ende der Sackgasse blieben. Wenn der Golem sie dort erwischte, würde er sie einfach zu Brei zerquetschen. Sie überlegte, welche Möglichkeiten es gab.
C 4 dauerte zu lange.
Eine Handgranate in dem engen Tunnel konnte sie alle in Stücke reißen.
Ihr Blick fiel auf Knights Waffe. Könnte funktionieren , dachte sie und sagte: »Knight, gib mir dein XM .«
Knight blieb stehen, ließ die Waffe von der Schulter gleiten und reichte sie Queen. Sie nickte in Bishops Richtung. »Kannst du ihn mir abnehmen?«
»Natürlich«, sagte Knight, der schon Fiona über der Schulter trug, und übernahm mit einem Grunzen auch noch die Last von Bishops Körper.
Queen rannte ein Stück voraus, setzte das XM 25 an die Schulter und drückte den Abzug. Das verschlossene Ende des Tunnels leuchtete unter dem unablässigen Trommelfeuer der Explosivgeschosse auf. Ein Laut wie Donnerhall rollte durch den Gang. Queen rückte, den Finger am Abzug, immer weiter vor. Sie konnte nur hoffen, dass sie die Wand durchschlagen konnte, bevor ihr die Munition ausging.
»Ich lenke sie ab«, sagte King zu Alexander. »Kümmern Sie sich um Rid …«
Doch Alexander hatte eigene Pläne. Er öffnete eine kleine Phiole mit schwarzer Flüssigkeit und setzte sie an die Lippen. King erkannte den adrenalinsteigernden Trank, den Alexander schon in Rom eingenommen hatte.
»Geben Sie mir auch etwas«, sagte King.
Alexander zögerte. »Es könnte Sie umbringen.«
»Die da bringen mich auf jeden Fall um.«
Alexander träufelte sich die Flüssigkeit unter die Zunge und gab das Fläschchen rasch an King weiter. Ein bisschen war noch übrig. King verlor keine Zeit und nahm es ein.
Zunächst merkte er gar nichts.
Dann spürte er sein Herz wie einen extrem harten Hammerschlag in der Brust.
Und wieder.
Und noch einmal.
Es fühlte sich an, als tobte ein Monster in seinem Brustkasten. Das Blut strömte pulsierend vor Energie durch seine Adern. Während der Druck immer stärker wurde, breitete sich ein heißes Stechen auf seiner Haut aus. Die winzigen Blutgefäße in seinem Körper platzten.
Dann traf die Wirkung seinen Verstand.
Einmal, als Teenager, hatte er LSD eingenommen. Die bewusstseinsverändernde Droge war ein Klacks gewesen gegen dieses Zeug. King erlebte die Welt wie in Zeitlupe, weil sein Verstand jede Sinneswahrnehmung plötzlich wesentlich rascher registrierte und verarbeitete. Und die Energie, die durch seinen Körper floss, ermöglichte es ihm, entsprechend schnell zu handeln.
Der Schmerz von seinen vielen Verletzungen, selbst der tiefen Stichwunde, fiel von ihm ab und hemmte ihn nicht länger.
Das rettete ihm das Leben, als der erste Golem sich auf ihn warf. King sprang in die Höhe, packte den oberen Rand des Steinfrieses hinter sich und zog sich in Sicherheit. Hoch über dem Golem stehend feuerte er seine Waffe in dessen Rücken ab und pulverisierte ihn. Als das XM 25 leergeschossen war, warf King es beiseite.
Alexander rammte einen Golem mit einer Wucht, zu der King nie fähig gewesen wäre. Er hatte ja nur ein paar Tropfen des Adrenalinboosters eingenommen, Alexander jedoch fast die ganze Phiole. In Kombination mit seiner Regenerationsfähigkeit war er den Golems an Stärke beinahe ebenbürtig und doppelt so schnell. Während der Golem gegen einen zweiten taumelte, sprang Alexander zurück und suchte nach einer Waffe. Er fand etwas Brauchbares in den zerschmetterten Überresten des Golems, den King in Stücke geschossen hatte. Er las einen abgebrochenen Marmorarm auf, schwang ihn wie eine Keule und lächelte.
Er erinnerte King an eine Skulptur aus Florenz, die Herkules im Kampf mit Caccus dem Zentauren zeigte. Der Bildhauer hatte Alexander so genau getroffen, dass King sich fragte, ob jener die Skulptur selbst in Auftrag gegeben hatte.
Ihm blieb keine Zeit für weitere Überlegungen. Ein echsenköpfiger Golem stürzte sich auf ihn. King reagierte, ohne nachzudenken, und warf sich dem Koloss entgegen. Er segelte über dessen Schulter hinweg und schlang ihm im Vorbeifliegen einen Arm um den Kopf. Wie an einem Haken schwang King sich herum und stemmte dem Golem die Füße gegen den Rücken. Er legte beide Hände unter das Kinn des Echsenkopfes und riss
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