Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
dick, und doch war es nur die erste eines ganzen Dutzends ebenso dicker Luken, die damit eine enge, immens stabile Barriere bildeten, und MacIntyre kam sich klein und zerbrechlich vor, als er der Leuchtkugel in den Gang folgte, der sich lautlos für ihn öffnete. Hinter ihm schlossen sich die Mehrfachluken sofort wieder, ebenso lautlos, und Colin versuchte ganz bewusst das Gefühl abzuschütteln, er sei hier gefangen. Doch dann sah er, worauf er sich hier zubewegte: Mitten in der Bewegung erstarrte er, alle anderen Gedanken waren in diesem einen Augenblick vergessen.
Der kugelförmige Raum war größer als der alte Kommandoraum unter dem Mount Cheyenne, sogar größer als die Leitstelle in Shepherd, und die sachliche Perfektion seiner Form, die geschwungenen, völlig gleichförmigen, gewaltigen Wände, schienen Colin hinunterzudrücken, als wollten sie ihm seine eigene Winzigkeit vor Augen führen. Er stand auf einer Plattform, die aus einer der geschwungenen Seitenwände herausragte – eine transparente Plattform, auf der ein Dutzend bequemer, couchartiger Sessel standen; vor jedem einzelnen befanden sich Objekte, die nur Instrumententafeln sein konnten, obwohl es nur bemerkenswert wenige Displays und Eingabemöglichkeiten gab –; an der gegenüberliegenden Seite des riesenhaften Raumes war ein gewaltiger Bildschirm angebracht. In dessen Mitte war jetzt die blauweiße Kugel der Erde zu sehen, und als er die wunderbare, wolkenumspülte Schönheit des Planeten sah, schnürte es MacIntyre fast die Kehle zu. Es war, als säße er wieder in seinem ersten Shuttle-Cockpit, als sähe er diese azurblaue und silberne Schönheit zum ersten Mal – als hätten die Erlebnisse dieser letzten Stunde, die an seinem Verstand zu zerren schienen, ihn erst wieder neu daran erinnert, wie sehr er mit diesem ganzen Planeten verbunden war und was das alles für ihn bedeutete.
»Bitte nehmen Sie doch Platz, Commander!« Fast behutsam unterbrach die sanfte, freundliche Stimme seine Gedankengänge, und doch schien sie den ganzen, gewaltigen Raum um ihn herum auszufüllen. »Hier.« Die Leuchtkugel hüpfte kurz oberhalb eines Polstersessels auf und ab – dem Sessel, vor dem das größte Pult angebracht war, ganz an der Kante der Plattform, die nicht mit einem Geländer gesichert war –, und vorsichtig ging MacIntyre darauf zu. Er hatte nie an Agoraphobie oder Höhenangst gelitten, doch nach dort unten war es ein weiter, weiter Weg, und die Plattform war so makellos transparent, dass Colin fast das Gefühl hatte, er setze seine Füße auf die Luft selbst, während er zu dem Sessel hinüberging.
Die Kugel des Führungssystems verschwand, als MacIntyre sich in den Sessel sinken ließ, und diesmal blinzelte MacIntyre nicht einmal, als die Sitzfläche sich wieder an seine Körperform anpasste. Dann ergriff die Stimme wieder das Wort.
»Also, Commander: Ich werde jetzt versuchen, Ihnen zu erklären, was hier vor sich geht.«
»Sie können damit anfangen«, unterbrach MacIntyre die Stimme, fest entschlossen hier mehr zu sein als nur ein untätiger Zuhörer, »mir zu erklären, wie es Ihren Leuten gelungen ist, eine derart gewaltige Station auf unserem Mond zu errichten, ohne dass wir etwas davon mitbekommen haben!«
»Wir haben keine Station errichtet, Commander.«
Verärgert kniff MacIntyre die Augen zusammen.
»Also, irgendjemand hat hier auf jeden Fall eine Station gebaut«, grollte er.
»Ich fürchte, Sie unterliegen hier einer Täuschung, Commander. Das ist keine Station, die sich ›auf Ihrem Mond‹ befindet. Das hier ist Ihr Mond.«
Einen Augenblick lang war MacIntyre fest davon überzeugt, er habe sich verhört.
»Was haben Sie gesagt?«, fragte er dann.
»Ich sagte, ›das hier ist Ihr Mond‹, Commander. Tatsächlich befinden Sie sich gerade in diesem Augenblick auf der Kommandobrücke eines Raumschiffs.«
»Eines Raumschiffs? So groß wie der Mond?«, brachte MacIntyre zaghaft heraus.
»Korrekt. Ein Schiff mit einem Durchmesser von fast dreitausend Ihrer ›Kilometer‹ – Drei-Zwo-Null-Zwo-Komma-Sieben-Neun-Fünf, um genau zu sein.«
»Aber …« MacIntyres Stimme erstarb vor Entsetzen. Er hatte schon gemerkt, dass diese Anlage riesig war, aber niemand konnte doch so einfach den Mond ersetzen , wie fortgeschritten dessen Technologie auch sein mochte – nicht ohne dass das irgendjemandem auffallen musste!
»Das glaube ich nicht«, sagte er geradeheraus.
»Nichtsdestoweniger ist es wahr.«
»Das ist nicht
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