Collection Baccara Band 0297
schützen, und hatte dabei selbst so viele Stiche abbekommen, dass sie ihn das Leben kosteten.
Es hatte Jahre gedauert, bis er diese Schuld überwunden hatte.
Endlich ließ er sich auf das schäbige Sofa im Wartebereich fallen. Mit diesem ruhelosen Laufen half er Josie auch nicht. Nicht einmal als Ethan gestorben war, hatte er sich so allein und hilflos gefühlt.
Als er irgendwann dachte, dass er die Warterei keine Sekunde länger mehr aushalten würde, tauchte ein Arzt auf. Aber es war nicht Dr. Moore, sondern ein Dr. Norris. Er war klein und hager, und sein Gesicht war grau. Der grüne Kittel, den er trug, war blutbefleckt.
„Mr. Ryder, es sieht so aus, als würde Ihre Frau eine Fehlgeburt erleiden.“
„Und wie geht es ihr? Wird sie wieder gesund?“
„Ja. Aber es wird eine Weile dauern, bis sie dieses Trauma überwunden hat.“
„Kann ich sie sehen?“
Der Arzt nickte, und Adam stützte einen Moment das Gesicht in die Hände. Die vergangene Nacht würde er sich nie vergeben können.
„Das ist alles meine Schuld. Wenn ich nicht …“
„Sie hat mir davon erzählt. Aber es wäre so oder so passiert.“
„Ich glaube Ihnen kein Wort.“
Als Adam sich wieder im Griff hatte, führte der Arzt ihn zum Untersuchungszimmer. Josies verzweifeltes Schluchzen war durch die geschlossene Tür zu hören. Würde sie ihn jetzt hassen?
Endlich fasste er sich ein Herz und klopfte. Josie lag noch auf der Trage, kalkweiß im Gesicht. Eine Schwester räumte gerade die blutbefleckten Tücher fort.
„Es war so schrecklich“, flüsterte Josie. „Unser Baby … ich habe unser Baby umgebracht!“
„Nein!“
Adam nahm sie in die Arme, und sie klammerte sich an ihn. Nicht, dass das etwas zu bedeuten hätte. Josie war einfach mit den Nerven völlig fertig.
„Sie haben mich erst jetzt zu dir gelassen“, sagte er. „Es tut mir so leid. Es tut mir so furchtbar leid.“
„Aber jetzt bist du mich wenigstens los“, flüsterte Josie. „Du bist frei und kannst heiraten, wen du willst. Abigail …“
Ihm wurde eiskalt. Er hatte nicht nur seinen Sohn, sondern auch seine Frau verloren.
„Du bist auch frei“, gab er mit rauer Stimme zurück.
Sie schloss die Augen und ließ sich kraftlos zurücksinken.
Die Tür ging auf, und eine Krankenschwester kam herein. „Mrs. Ryder, wir müssen jetzt noch eine Ultraschallaufnahme machen.“
„Aber warum? Der Doktor hat doch schon gesagt, dass unser Baby tot ist.“
„Es muss sein. Einfach zur Sicherheit.“
Eine halbe Stunde später lag Josie mit geschlossenen Augen auf dem Untersuchungstisch. Sie weinte. Adam starrte wie gebannt auf den Monitor, während die Schwester das Gerät in Betrieb setzte. Es ging nur noch um den letzten Beweis, dass ihr Sohn wirklich tot war. Dann konnten sie das Krankenhaus verlassen.
Um den letzten Beweis, dass unsere Ehe gestorben ist.
Ein grobkörniges Bild erschien. Unendliche Trauer erfasste Adam, und er beugte sich über Josie und küsste sie auf die Stirn.
Bitte, bitte, lass sie wieder gesund werden.
Josie schlug die Augen auf und sah erst ihn an und dann an ihm vorbei auf den Bildschirm. Sie hatte aufgehört zu weinen, und ihr Mund begann zu zittern. Und dann waren auf einmal Herztöne zu hören, ganz deutlich.
„Schauen Sie!“, rief die Krankenschwester, atemlos vor Aufregung. Ihre Stimme klang ungläubig. „Schauen Sie nur!“
Endlich überwand Adam sich. Und da sah er, dass sein Sohn sich bewegte, dass sein winziges Herz schlug. Ein Zentnergewicht fiel ihm vom Herzen, und lange Zeit konnte er einfach nur auf dieses Wunder schauen. Dann fing er an zu weinen.
Er kniete sich neben den Tisch und hob Josies eiskalte Hand an den Mund und küsste sie. Unendliche Dankbarkeit erfüllte ihn. Sie hatten noch einmal eine zweite Chance bekommen. Er hob Josies Hand an die Wange. „Er lebt noch“, flüsterte er. „Unser kleiner Held hat überlebt.“
Adam ging ruhelos in seinem Büro auf und ab, den Telefonhörer am Ohr. Warum ging Josie denn nicht dran? Bob hatte ihn gerade angerufen und ihm gesagt, dass sie zu Hause war. Seine Mutter leistete ihr Gesellschaft.
Er ließ es eine schiere Ewigkeit läuten, denn er wollte nicht nach Houston fliegen, ohne ihr Bescheid zu geben, dass er überraschend an einer wichtigen Konferenz teilnehmen musste.
Eigentlich hatte er versprochen, Josie heute Abend zu einer Vernissage zu begleiten, wenn sie ihres Zustands wegen auch nicht lange bleiben wollten. Jetzt würden sie leider absagen
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