Wir sind Heldinnen: Aus dem unglaublichen Leben der Alleinerziehenden (German Edition)
Ja, mach nur einen Plan!
E s ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass romantische Paarbeziehungen und das Aufziehen von Kindern besonders gut zusammenpassen. Man stellt sich das immer so schön vor: Mama, Papa, viele Kinder. Und dazwischen wabert die Liebe nur so hin und her. In Wahrheit wabert da nicht viel. Weil in der Dreiecksbeziehung von Vater, Mutter, Kind nämlich immer mindestens einer stört. Und das ist ja wohl nicht die liebende Mutter. Und ganz sicher auch nicht das unschuldige Kind.
Trotzdem können die Paare das Kinderkriegen einfach nicht sein lassen, vor allem wenn die Zeit der gegenseitigen sexuellen Besessenheit erst mal vorbei ist und man dringend wieder ein Gesprächsthema und ein gemeinsames Hobby braucht. Was dann passiert, belegen ungefähr eine Trillion Studien: Die Mütter stillen, pausieren, übernehmen »erst mal« die häusliche Gestaltung der neuen Dreisamkeit. Die Väter arbeiten weiter, verdienen mehr Geld, kriegen eine Sekretärin. Im Gegenzug kriegen die Mütter Kind No. 2 und Papi spendiert zur Belohnung einen Zweitwagen und eine Spülmaschine. Und alles ist gut.
Aber pünktlich einmal im Monat – meistens in Verbindung mit ihrer neuerdings stark ausgeprägten prämenstruellen Depression – fragt sich die Vorstadt-Mama, wann genau sie ihren ursprünglichen Plan, dieses Familiending so ganz toll gleichberechtigt hinzukriegen, aufgegeben hat. Womöglich hat sie ihn in der gleichen Schublade versenkt wie die Diplomarbeit, die sie doch dieses Jahr wirklich endlich hatte fertig schreiben wollen. Was genau war ihr da eigentlich wieder dazwischengekommen? Ach so, ja, Trotzphase, Zahnspange, Windpocken, Mittelohrentzündung. Und auf einmal beschleicht sie das dumpfe Gefühl, dass ihr viel versprechendes junges Leben zu einer Sackgasse geworden ist, symbolhaft verkörpert von der verkehrsberuhigten Straße, die zu ihrem schmucken Reihenendhaus führt.
3 Jahre, 2 Seitensprünge und 37 Beziehungsratgeber später gibt es Haus, Rasenmäher und Einbauküche nicht mehr. Und Mama und Papa reden nur noch über ihre Anwälte miteinander. Oder über ihre Kinder.
»Sag Papa, er soll endlich Geld überweisen.«
»Sag Mama, sie könnte ihren dicken Hintern auch mal von der Couch heben und selbst arbeiten gehen.«
»Sag Papa, wenn er es wagt, diese Schlampe von Freundin zum Kindergeburtstag hierher mitzubringen, kann er was erleben.«
»Sag Mama, noch ist es ja wohl auch mein Haus und ich bringe mit, wen ich will.«
»Sag Papa, dass ich den Tag verfluche, an dem ich ihn kennen gelernt habe.«
»Sag Mama, ich auch.«
Angesichts dieser abschreckenden Beispiele, von denen man alleine 47 im näheren Bekanntenkreis hat, sollte man als Frau ernsthaft erwägen, diese beiden wichtigen Teilbereiche menschlichen Miteinanders – Kinder und Männer – grundsätzlich biografisch zu entzerren. Nichts spricht dagegen, sich im Alter von 15 bis 30 Jahren mit ein paar Liebhabern angemessen die Zeit zu vertreiben: ausgehen, tanzen, trinken, knutschen und über die vermeintlich vorhandene Seelenverwandtschaft spekulieren. Dann sollte man ein bis zwei Jahrzehnte lang alleine in friedlicher Ruhe seine Kinder großziehen. Wichtig ist dabei vor allem, dass man die Herren Seelenverwandten von Anfang an aus der Sache raushält. Wenn das gelingt, kann man getrost und glücklich mit seinem Babybauch durchs Leben spazieren.
Denn: Der Wille der Alleingebärenden ist allmächtig. Völlig vorurteilsfrei kann sie sich zwischen lila Gebärstuhl oder Wunschtermin-Kaiserschnitt in der Privatklinik entscheiden. Danach kann sie zwei Jahre lang voll stillen – weil’s für Mama sooo schön praktisch und fürs Baby sooo gesund ist – oder schon im Wochenbett abstillen. Sie kann ihre Töchter ungestraft Sandy, Mandy oder Mimi, ihre Söhne Fritz oder Fratz oder Frankenstein nennen. Und ob sie die hoch begabte Sandy vorzeitig einschult oder das sensible Geschöpf bis zum achten Lebensjahr im Kindergarten spielen lässt – alles allein ihre Sache. Eine vorsätzlich Alleingebärende muss ihre Energie nicht damit vergeuden, mit einem Kindsvater zu zanken, der in familiären Belangen sowieso grundsätzlich nicht ihrer Meinung ist. Während sich hinter anderen Wohnungstüren die Väter und Ehemänner der Nation nach Feierabend bemüßigt fühlen, auch mal zwei Minuten aktiv in die Kinderaufzucht einzugreifen – »Mein Gott, Vera, musst du so einen genervten Ton haben? Maul’ doch die Kinder nicht so an« – und die dazugehörigen
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