Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
sondern eine sehr realistische Darstellung einer sexuellen Handlung. Eine nackte Frau kniet im Vordergrund auf dem Boden, und ihre helle Haut leuchtet auf dem dunklen Untergrund. Ihre Augen sind verbunden und ihre über den Kopf gehobenen Arme hängen an den Handgelenken in Eisenfesseln, die an der Decke hochgezogen sind. Hinter ihr steht – drohend, wie ich finde – ein Mann. Er trägt eine schwarze Hose, und sein Oberkörper ist ebenfalls nackt. Mit einer Hand hält er das andere Ende der Kette, mit dem die Arme der Frau hochgezogen wurden, mit der anderen etwas, das aussieht wie eine Peitsche – das ist jedoch nur schwer auszumachen. Seine im Schatten liegenden Züge erkennt man nicht, dafür sieht man das Gesicht der Frau umso deutlicher, das lustvoll verzogen ist.
Das Bild fesselt meine Aufmerksamkeit so, dass mein Blick erst mit einiger Verspätung auf das fällt, was sich außerdem noch in diesem Raum befindet. An den Wänden hängen Utensilien, bei denen ich nur erkenne, dass sie schwarz sind und ledern und dass einige davon gefährlich aussehen. Außerdem steht mitten im Zimmer, direkt unter dem Gemälde, ein Möbelstück, das man am besten als eine eigenartige Mischung aus Stuhl und Bank bezeichnen kann, wobei es extrem schwierig sein dürfte, darauf eine bequeme Position einzunehmen. Daran sind überall Ketten befestigt, die in nietenbesetzten Bändern enden. Offenbar werden sie um Hand- und Fußgelenke und um den Hals desjenigen geschlossen, der auf diesem Gerät Platz nimmt.
Ich habe so einen Raum tatsächlich noch nie zuvor gesehen, aber ich weiß, was es ist – ein SM-Studio. Hier werden Sado-Maso-Spiele praktiziert, so wie es auf dem Gemälde dargestellt ist.
Mein Herz schlägt jetzt so schnell, dass ich das Gefühl habe, es springt mir durch die Brust. Was hat Lorenzo gesagt – er will das hier gerne mit mir teilen?
Ich muss hier raus, denke ich panisch und drehe auf dem Absatz um, stürme an meinem verdutzten Gastgeber vorbei durch den langen Flur und dann die Treppe hinunter zurück in die Eingangshalle, wo mir das Pärchen, das vorhin bei mir auf dem Sofa gesessen hat, Arm in Arm entgegenkommt. Die beiden gehen lächelnd an mir vorbei die Treppe hinauf, und während ich weiter in Richtung Wohnbereich laufe – ich muss dringend wieder unter Leute – setzt mein müdes Gehirn endlich die Puzzleteile richtig zusammen.
Das Pärchen ist wahrscheinlich auf dem Weg nach oben, um dort genau das zu tun, was die drei anderen gemacht haben. Vielleicht sogar zusammen mit den dreien. Und wahrscheinlich werden im Laufe des Abends noch andere folgen, und einige von ihnen werden auch diesen düsteren Raum mit den Ketten nutzen. Was Lorenzo weiß. Er weiß es nicht nur, er wird sehr wahrscheinlich mitmachen. Und er hätte gerne, dass ich ebenfalls dabei bin.
Verdammt, denke ich und krame mit zitternden Fingern in meiner Tasche nach meinem Handy. Es geht jedoch nicht mehr an, als ich auf die Knöpfe drücke, bleibt schwarz und tot. Der Akku ist leer, erinnere ich mich. Verdammt, verdammt, verdammt.
Völlig außer Atem schiebe ich die Tür zum Wohnbereich auf, wo die Musik weiter ohrenbetäubend wummert. Ich muss irgendwie an ein Taxi kommen, das mich von hier wegbringt, und es hat sicher jemand hier ein Handy, das ich mir leihen kann.
Suchend gehe ich durch die Menge, froh darüber, dass die Leute, die ich jetzt gerade sehe, wirklich nur reden und lachen. Schnell entdecke ich eine Frau, die ein Smartphone in der Hand hat und etwas eintippt. Doch als ich sie gerade ansprechen will, hält mich jemand am Arm fest.
Lorenzo.
»Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagt er an meinem Ohr, und als er den Kopf wieder zurücknimmt und mich ansieht, erkenne ich einen zerknirschten, bedauernden Ausdruck in seinem Gesicht. Aber deshalb kann ich trotzdem nicht bleiben.
»Rufen Sie mir bitte ein Taxi?«, schreie ich, etwas weiter von seinem Ohr entfernt, und hoffe, dass er es einfach tut. Dann kann ich ihm das verzeihen, ganz sicher sogar. Jeder soll auf seine Art glücklich werden, und wenn er so etwas braucht, dann kann er das gerne tun. Aber ohne mich.
Lorenzo lächelt jedoch nur und streckt die Hand aus, nimmt eine meiner Haarsträhnen zwischen die Finger und spielt damit. Dann beugt er sich wieder vor.
»Weißt du eigentlich, wie hinreißend du bist, Sophie?«, sagt er mir ins Ohr. »Verführerisch schön. Du kannst die Fantasie eines Mannes beflügeln – und du solltest dir deine anregen lassen. Hier hast
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