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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Rugby-Liga bis zum Hallenkegeln. Von Darts bis Baseball. Ich kann gar nicht genug bekommen. Nie beschissen genug.
    Heute , wohlgemerkt, erst heute .
    Ich bin mit diesem Buch unter anderem deshalb sechs Wochen in Verzug, weil die Cricket-Meisterschaft zwischen England und Australien, Wimbledon und die Südafrikareiseder British-Lions-Rugby-Auswahl gleichzeitig im Fernsehen liefen und ich mir sämtliche Begegnungen ansehen mußte. Danach kamen die Golf Majors, die Endphase der Formel-Eins-Saison und das Pferderennen in Goodwood. Und wenn demnächst die Fußballsaison angepfiffen wird, ist Ford Monday Night Football und manch andere göttliche Stunde vor dem Fernseher angesagt, um hemmungslos meiner Leidenschaft für den Sport zu frönen. Die armen Kerle im Turnunterricht, die meinem schmächtigen Körper etwas Gesundes beibringen wollten wie ein Seil hochzuklettern oder über einen Bock zu springen, haben ihr Bestes gegeben. Sie waren weder dumm noch gemein. Sie schrieben mir sogar witzige Kommentare ins Zeugnis: »Seine einzige sportliche Übung besteht darin, lässig zur Turnhalle zu schlendern und seinen Befreiungsschein zu präsentieren.« Oder auch: »Physische Anstrengung und Stephen Fry sind sich wildfremd. Trotz aller Versuche, beide miteinander bekannt zu machen, befürchte ich, sie werden sich nie grün werden.« Prima Kerle, die einen prima Job machten.
    Und dann dieser schmähliche Verrat.
    Wie könnte ich je diesen geknickten, wütenden, unglücklichen Dreizehnjährigen um Verzeihung bitten, der da als verschüchtertes Häufchen Elend auf der Bank im Umkleideraum hockte und nach einem Weg suchte, unbeobachtet unter die Dusche zu gelangen? Er hat nichts außer seinem Zorn, seiner Wut, seinen arroganten Sprüchen und seinem Stolz. Ohne sie wäre er bei den anderen ein so klägliches Nichts, wie sein Körper ein klägliches Nichts ist. Man mag ihm also seine unbeherrschte Wut, sein Toben, seine Überheblichkeit und seinen spöttelnden Sarkasmus verzeihen: Sie sind nicht mehr als ein notdürftiges Handtuch, mit dem er seine Scham und sein lächerlich winziges Glied zu bedecken versucht.
    Kann so vieles durch (buchstäblich) so wenig erklärt werden?
    Le nez de Cleopatre: s’il eut plus court, tonte la face de le terreaurait change ... heißt es nicht so bei Pascal? Hätte Cleopatra eine kürzere Nase gehabt, würde das Antlitz der ganzen Welt verändert sein. Ich habe nie ganz begriffen, warum er »kürzer« und nicht »länger« sagt – vielleicht galt in Pascals Tagen, oder, besser gesagt, in denen Marc Antons, eine kurze Nase als häßlicher gegenüber einer langen. Vielleicht ist mir auch der eigentliche Sinn des Satzes völlig entgangen. Als mir diese Pensee jedenfalls das erste Mal begegnete (von Französischlehrern mit Vorliebe in Diktaten benutzt, aufgrund des stummen, subjunktivischen Dehnungszeichens), mußte ich über das Antlitz meiner Welt nachdenken. Le nceud d’Etienne: s’il eut plus long ...
    Andererseits hat Pascal auch gesagt, das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt. Soll sich der Leser seine eigene begründete Meinung bilden. Der Zuschauer sieht ohnehin immer mehr vom Spiel.
    Kehren wir also zu unserem kleinen traurigen Kerl zurück.
    Er befindet sich an einem ganz normalen Tag in der Mitte des ersten Semesters beim Mittagessen. Während des Essens wird er immer bedrückter und schweigsamer, denn er weiß, daß anschließend der Hauspräfekt und die Sportkladde auf ihn warten. Dieser aufgeblasene Polly nimmt seine Sache so genau, daß er jeden einzeln abhakt. Und dann will er entweder einen Wisch von der Wirtschafterin sehen, warum man vom Sport befreit ist, oder man wird einer Mannschaft zugeteilt.
    Während ich in der Schlange anstehe, wälzt mein Magen flüssiges Blei. Der Polly blickt kurz hoch.
    »Fry. Rugby der Jüngeren. Haus-Spielfeld.«
    »Oh, nein. Ich kann nicht.«
    »Wie?«
    »Ich bin beim Fechten.«
    »Fechten?«
    Irgendwer hatte das vor ein paar Tagen gesagt und war damit offenbar durchgekommen. Der Polly blättert in seiner Kladde. »Du stehst hier aber nicht unter Fechten.«
    Scheiße, es gibt eine Liste. Daran hatte ich nicht gedacht.
    »Aber Mr. Tozer hat mich extra gebeten zu kommen«, jammere ich. Mr. Tozer, von allen nur Sperma Tozer genannt, war eine große Nummer in Sportarten wie Fechten, Badminton und Bogenschießen. Uppinghams Tony Gubba. »Ich habe mich bei ihm angemeldet.«
    »Aha. Also gut. Dann Fechten. Aber laß dir von ihm eine

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