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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Partie durch oder beließ es bei ein paar harmlosen Fummeleien. In dem Jahr, in dem ich zum Weckdienst eingeteilt war, hatte ich sehr schnell raus, wer sich an dem Spielchen beteiligte und wer nicht, so wie die anderen vermutlich ebensoschnell raushatten, welcher Morgendiener als Mitspieler in Frage kam.
    Ich hatte bis dahin noch nie masturbiert, und obwohl ich mich in der Theorie bestens auskannte und den Gedanken an Sex aufregend fand, war mir das ganze Aufhebens darum nicht ganz geheuer. In Stouts Hill hatte ich bereits auf sehr drastische Weise erfahren, wie verzwickt der gesunde Junge über das Schwulsein dachte. In meinem letzten Jahr an der Prep School hatte ich mich zusammen mit einer Handvoll Jungen unseres Schlafsaals rege an Fummelspielchen beteiligt, während die anderen schliefen. Ein paar von uns waren mit einem Satz voll funktionstüchtiger Testikel und buschiger Schambehaarung gesegnet, andere wie ich wiederum nicht. Es machte mir großen Spaß, bei einem anderen Jungen unter die Decke zu schlüpfen und mich gründlich umzutun. Ich wußte allerdings nie so genau, was mir daran gefiel, und bekam den Schock meines Lebens, als ich zum ersten Mal einen Samenerguß sah. Ich muß gestehen, ich fand das Ganze eher widerlich und konnte über diese Verschrobenheit der Natur bloß staunen: Wie Noel Cowards Alice hatte ich das Gefühl, man hätte die Dinge besser einrichten können. Einer der Jungen unseres Schlafsaals, nennen wir ihn Haiford, wie ich nicht voll entwickelt, aber ungleich sportlicher, teilte meine besondere Vorliebe, nackt im Schulgebäude umherzustreifen. Zusammen schlichen wir mit prächtigen Steifen, oder was in unserem Fall als prächtige Steife durchging, durch die Waschräume, hin und weg von unserer Nacktheit. Natürlich stocherten wir auch in Richtung des anderen und widmeten uns kichernd kleineren Fummeleien oder experimentierten mit dem seltsamen Einklemmen von Schwänzenin Türspalten und Schreibtischdeckeln, an dem kleine Jungen soviel Spaß haben, aber das eigentlich Aufregende war, nackt und unbeobachtet zu sein.
    Eines Nachmittags bekam Haiford beim Verlassen des Pools einen fürchterlichen Krampf im Bein. Er jaulte vor Schmerz, robbte bis auf den Rasen und ruderte gequält mit seinen Beinen in der Luft herum. Da ich direkt dabeistand, half ich ihm hoch und lief mit ihm um das Becken, bis der Krampf vorüber war. Sobald er wieder laufen konnte, schoß er ab in die Umkleide, ohne daß ich mir weiter darüber Gedanken machte.
    Im Laufe des Nachmittags registrierte ich allerdings immer deutlicher, daß ich urplötzlich extrem unbeliebt geworden war. Ein Zwölfjähriger hat ein sehr feines Gespür für solche Dinge, zumindest war es bei mir so. Mehr noch als der abgebrühteste Wahlkampfredner spürte ich genau, wie ich bei den anderen ankam. Aber ich konnte mir die Sache einfach nicht erklären. Es mußte einer der seltenen Nachmittage gewesen sein, an dem ich sicher sein konnte, nichts ausgefressen zu haben. Es war ebenso verwirrend wie unübersehbar: Die anderen schnitten mich, machten gehässige Bemerkungen, ließen mich abblitzen oder verstummten plötzlich, sobald ich den Raum betrat.
    Zuletzt fand ich doch noch jemanden, der mir weiterhelfen konnte. Auf dem Flur begegnete mir der Fettsack McCallum, der im Vorbeigehen irgend etwas nuschelte.
    »Was hast du gesagt?« fragte ich, mich abrupt nach ihm umdrehend.
    »Nichts«, sagte er und wollte weitergehen. McCallum war ein unbedeutender Wicht, den ich problemlos in die Zange nehmen konnte.
    »Du hast doch da gerade was genuschelt«, sagte ich, während ich seine beiden Schultern krallte, »und das wiederholst du jetzt, oder ich mach dich kalt. Für mich ein Kinderspiel. Ich steck einfach dein Bett an und röste dich im Schlaf.«
    McCallum gehörte zu den naiven Schwachköpfen, denen man mit so einer Drohung tatsächlich Angst einjagen konnte.
    »Das würdest du nie wagen«, sagte er, meine Einschätzung bestätigend.
    »Und ob«, erwiderte ich. »Also los. Spuck aus, was du da gerade gesagt hast.«
    »Ich habe nur ... ich ...«, stammelte er und lief knallrot an.
    »Ja?« sagte ich. »Ich höre. Du hast nur ...«
    »Ich habe nur ›Schwuchtel‹ gesagt.«
    »Schwuchtel?«
    »Ja.«
    »›Schwuchtel‹, ja? Und wieso?«
    »Das wissen doch alle. Und jetzt laß mich gehen.«
    »Alle wissen’s also«, sagte ich, den Griff auf seine Schultern verstärkend, »nur ich nicht. Was, bitte schön, wissen alle?«
    »Heute nachmittag ... aua! Du

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