Columbus war ein Englaender
gegen andere Schulen, bei denen man anwesend sein und die eigene Mannschaft anfeuern mußte. Leibeserziehung gehörte wie alle anderen Fächer zum allgemeinen Lehrplan: Ein Fach für halbgescheite Bauerntölpel aus Loughborough, die sich alle nur mit »Kumpel« oder beim Vornamen anredeten, als betrachteten sie den Snobismus einer Public School als abträglich für ihre gesunde, kameradschaftliche Welt aus Bier, Bonhomie, Zehntelsekunden und Quadriceps.
»Klasse, Jamie!«
Natürlich gab es immer einen Jamie, den guten Kumpel Jamie, den geschickten, wendigen, pfeilschnellen, gelenkigen kleinen Scrumhalfy Jamie. Jamie konnte an einem Seil hochklettern wie ein Arthur-Ransom-Held, ans Reck hechten, über Böcke springen, im Pool am Ende jeder Bahn elegante Kraulwenden vollführen, einen Trapezabgang mit Salto vorwärts oder rückwärts hinlegen und dann mit knackig glänzenden kleinen Arschbacken zum Stehen kommen, unser drahtiger, durchtrainierter, süßer kleiner Jamie. Fotze!
Und dann besaßen diese halbgescheiten Pithekanthropi in ihren Triple-A-Shirts und marineblauen Trainingshosen, mit ihren hirnrissigen Multifunktions-Stoppuhren um ihre feisten Specknacken, auch noch die Unverfrorenheit, in ihren Aufsätzen was von »motorischen Verbesserungen im Hundertstelsekundenbereich« und anderem Dünnschiß zu schwafeln, als ob ihr kindisches sportliches Gehampel etwas mit einer anerkannten wissenschaftlichen Disziplin zu tun hätte und wirklich wen interessieren könnte. Selbst ein großschwätziger Personalberater, der ständig mit Zahlen um sich wirft oder von psychologischen Kniffen in der Kunst der Menschenführung redet – einer so billigen und aufgeblähten Kunst, daß man am liebsten kotzen würde –, hat ein gewisses Recht, sich jeden Morgen im Spiegel zu betrachten, aber diese Halbaffen mit ihren Klemmbrettern, Trillerpfeifen und Milchsäureverbrennungsstatistiken, die mit einem Medizinball unter jedem Arm rückwärts rennen und brüllen: »Los, Fry, beweg dich, wir wollen deine Sohlen rauchen sehen ...«
Würg! Das Quietschen von Gummisohlen auf Hallenböden, der beißende Gestank frisch ausgestoßenen Testosterons, das Knirschen der Aschebahn, das dumpf plockende, zeitversetzte Geräusch eines Rugbyballs, den man kurz zuvor stumpf auf dem harten Boden aufschlagen gesehen hat, während man sich lustlos am Spielfeldrand herumdrückte, das Klappern von Hockeyschlägern, das Kratzen von Spikes auf Pavillonböden, der süßliche Kotzgestank von Leinöl, »Lite-some«-Sackschutze, Schienbeinschoner, Socken, Schnürsenkel, das Zischen und Dampfen der Duschen.
Fu-u-u-u-u-uck! Am liebsten würde ich das alles an Ort und Stelle auskotzen, den ganzen elenden Dreck. Er fraß sich wie Säure in meine Seele und wie ein Krebsgeschwür wieder heraus. Meine Verachtung dafür war grenzenlos, ein verzehrender Haß, der so tief und so abgründig war, daß er mich fast in den Wahnsinn getrieben hätte.
Sport! Wie konnten sie es wagen , dieses große und nobleWort für einen so jämmerlichen barbarischen Dreck wie Rugby oder Hockey zu mißbrauchen? Wie konnten sie es wagen zu glauben, ihr primitives Gebolze sei Sport ? Es hatte soviel mit sportlicher Ertüchtigung zu tun wie eine Treibjagd. Und es war so vergnüglich wie Latrinenputzen.
Es war Scheiße , ein Suhlen in lärmender, brüllender, brutaler und primitiver Scheiße . Und die beschissenste Scheiße von allem war das Duschen.
Klar doch, ich gehörte nicht zu den Kleinen, klar doch, man konnte mir beim Wachsen fast zusehen, klar doch, ich befand mich im Stimmbruch, aber was passierte unterhalb der Gürtellinie? Rein beschissen gar nichts passierte da.
Wenn ich nur irgendwo das Wort »unreif« hörte, lief ich sofort knallrot an. Unreif hieß, daß ich unten keine Haare hatte. Unreif hieß, daß ich ein Salzschneckchen als Schwanz hatte. Unreif hieß Schande, Zurückgebliebensein, Niederlage und Elend. Die anderen konnten ohne Handtuch in der Gegend herumstolzieren, sie konnten lachend auf der Stelle hüpfen und ihre Schwänze gegen den Bauch platschen und ihre prallen Säcke baumeln und schwingen lassen, sie konnten ihr zottliges Schamhaar einshampoonieren und unter der zischenden Dusche ihre saublöden Rugby-Schlachtgesänge anstimmen, diese schlammstarrenden, hirntoten, unausstehlichen, affenartigen Fotzen .
Und jetzt kommt der grausamste und ätzendste Witz an der ganzen Sache.
Ich liebe Sport.
Ich liebe Wettkämpfe.
Ich steh total drauf. Egal was. Von der
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