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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Wortes im Hals steckenbleibt.«
    Ich nicke, unfähig, ein aufmunterndes Wort zu finden.
    »Ich mache keine Politik. Ich halte keine Polemiken. Das einzige, wofür ich kämpfe, ist das Lachen, Llob. Ich will doch nur die Leute unterhalten, sie entspannen …«
    »Jetzt such nur nicht nach irgendeiner Schuld bei dir, Ai’t. Die haben doch ganz andere Motive.«
    »Was soll ich jetzt tun?« fragt er unruhig. »Koffer packen? Beten?«
    »Vor allem nicht panisch werden. Es gibt sicher irgendeinen Ausweg. Du hast doch Freunde in Oran oder auch in Constantine. Tauch eine Zeitlang unter, und wir warten ab, bis der Sturm vorüber ist.«
    »Sie werden mich finden … und töten.«
    »Dann geh nach …«
    »Nein!« ruft er, »verlange nicht, daß ich nach Europa ins Exil gehe. Die Leute am anderen Ufer sind zwar nett, aber ich kann keine zwanzig Kilometer entfernt von meinem Wohnblock leben … Was tue ich hier überhaupt, du hast selbst schon genug um die Ohren!«
    Er erhebt sich. Es ist, als ginge ein Vorhang auf über den Brettern, die den Pranger bedeuten. Und die Kulissen seiner gequälten Seele liegen abgrundtief dunkel vor mir.
    Ich schäme mich, ihn so gehen zu lassen, enttäuscht und verloren wie die Hoffnung, die verpufft, wenn das Gewissen zu Stein wird.
     
    Als Ghoul Malek mich zu sich in die Rue des Pyramides 13 bestellte, war ich kurz davor, mich in meinem Glas zu ersäufen.
    Als einflußreiches Mitglied der ehemaligen Nomenklatura war Malek zu Zeiten der Einheitspartei ein besonders gefürchteter Big Brother. Wenn er im Fernsehen auftrat, fehlte nicht viel und man hätte sich hinter dem Vorhang versteckt. Zu seinen Vorrechten zählte es, mit »räudigen Schafen« kurzen Prozeß zu machen, im Handumdrehen Gesetze zu ändern und Frauen sowie Sozialprojekte abtreiben zu lassen: mit einem Wort, er war Herr über den Tag und die Nacht.
    Seit der Hysterie vom Oktober 1988 gibt er vor, sich aus der vordersten Reihe zurückgezogen zu haben. In Wahrheit zieht er von seiner majestätischen Residenz in Hydra aus weiterhin die Fäden, und wenn er sich auch nicht mehr auf dem Bildschirm zeigt, sein Ruf als Schwarzer Mann geistert noch immer durch die Köpfe der Leute.
    So begann, mit Verlaub, selbst mein kleiner Freund in der Hose zu frösteln, als Maleks Stimme am anderen Ende der Leitung ertönte.
    Kurz vor zehn Uhr abends komme ich in der Rue des Pyramides 13 an. Es schüttet in Strömen. Ein paar Blitze schleudern leicht schizophren ihren Bannstrahl auf ein ganz und gar unbeteiligt daliegendes Hydra.
    Ich biege in eine von Koniferen gesäumte Schotterallee ein und fahre noch etwa hundert Meter, bevor ich den Palast erreiche. Es dauert eine Weile, bis ich inmitten der Knöpfe, die das Armaturenbrett neben dem Eingang zieren, die Klingel finde.
    Die Tür geht auf und zum Vorschein kommt ein Albino-Gorilla.
    »Kommissar L…«
    »Streifen Sie sich die Schuhe auf dem Vorleger ab!«
    Der Ton ist autoritär, von umwerfender Feindseligkeit.
    Gelassen putze ich mir die Schuhe ab. Als ich meinen Mantel ablegen will, hält mich der Gorilla zurück: »Den können Sie anlassen, Monsieur. Das Treffen wird nicht lange dauern.«
    »Ich hoffe es, Schneewittchen, ich hoffe es.«
    Mein Berberblut verwandelt sich langsam in Nitroglyzerin. Das Monster wirft mir einen vernichtenden Blick zu und entfernt sich unbeeindruckt in Richtung einer gepolsterten Tür.
    Ich entspanne mich, während ich den Luxus betrachte, der mir kaum Luft zum Atmen läßt, entdecke eine afrikanische Statuette und gehe näher hin, um sie genauer in Augenschein zu nehmen.
    »Achtung, die Alarmanlage!« poltert eine Stimme hinter mir los.
    Hochaufgerichtet wie ein Elefant steht Monsieur Ghoul Malek in der Mitte der Halle. Er ähnelt Orson Welles - ohne dessen Talent, versteht sich. Er ist in einen scharlachroten weiten Morgenmantel gehüllt und hält eine Zigarre zwischen den Fingern, an denen ein Ring von der Größe einer Muschel prangt.
    Ich deute ein durch und durch professionelles Lächeln an und strecke ihm eine Hand entgegen, die beschämend im Nichts hängenbleibt.
    Der einstige Ober-Manitu geht um mich herum und beugt sich dann über die Statuette. »Neulich abends, bei meinem Schwiegersohn, sind Sie viel zu früh verschwunden.«
    »Meine Krawatte hat mich gedrückt, Monsieur.«
    Er macht »Mhm« und wendet sich dann der Statuette zu: »Ich werde nie verstehen, warum so ein morsches Ding so ein Heidengeld kostet.«
    »Da ist wohl der Reichtum außer Kontrolle

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