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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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bin ihm nie begegnet, ich weiß nicht mal, wie er aussieht.«
     
    Montalbano begann die Treppe hinaufzusteigen, die in den nächsten Stock führte, als er einen Blick auf die Uhr warf. Es war mittlerweile halb zwei, und angesichts der Uhrzeit bekam er, reflexbedingt, plötzlich furchtbaren Hunger. Der Aufzug fuhr an ihm vorbei hinunter. Heldenhaft beschloss er, Hunger zu leiden und seine Befragung fortzusetzen; um diese Uhrzeit war die Chance, die Mieter zu Hause anzutreffen, am größten. Vor der Nummer sechzehn stand ein dicker glatzköpfiger Mann, in der einen Hand eine ausgebeulte schwarze Tasche, mit der anderen versuchte er den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Da sah er, wie der Commissario hinter ihm stehen blieb. »Wollen Sie zu mir?«
    »Ja, Signor -«
    »Mistretta. Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Commissario Montalbano.«
    »Und was wollen Sie?«
    »Ihnen ein paar Fragen über den jungen Mann stellen, der heute Nacht umgebracht wurde -«
    »Ja, ich weiß schon. Die Pförtnerin hat mir alles erzählt, als ich ins Büro ging. Ich arbeite in der Zementfabrik.«
    ».   und über das Ehepaar Griffo.«
    »Warum, was ist mit den Griffos?«
    »Sie sind verschwunden.«
    Signor Mistretta öffnete die Tür und trat beiseite. »Kommen Sie herein.«
    Montalbano trat einen Schritt vor und befand sich in einer Wohnung, in der absolutes Chaos herrschte. Zwei einzelne getragene Socken auf dem Regal in der Diele. Er wurde in einen Raum gebeten, der ein Wohnzimmer gewesen sein musste. Zeitungen, schmutzige Teller, verkrustete Gläser, saubere und dreckige Wäsche, Aschenbecher, die von Asche und Kippen überquollen. »Es ist ein bisschen unordentlich«, gab Signor Mistretta zu, »aber meine Frau ist seit zwei Monaten in Caltanissetta bei ihrer kranken Mutter.«
    Aus seiner schwarzen Tasche holte er eine Dose Tunfisch, eine Zitrone und einen Laib Brot. Er öffnete die Dose und leerte sie auf den erstbesten Teller, der ihm zwischen die Finger kam. Dann schob er eine Unterhose weg und nahm sich eine Gabel und ein Messer. Er schnitt die Zitrone auf und drückte sie über dem Tunfisch aus. »Möchten Sie probieren? Sehen Sie, Commissario, ich will Ihnen nicht Ihre Zeit stehlen. Ich hatte vor, Sie eine Weile hier festzuhalten und Ihnen irgendeinen Blödsinn zu erzählen, nur um ein bisschen Gesellschaft zu haben. Aber dann dachte ich, dass das nicht recht ist. Den Griffos bin ich schon ein paar Mal begegnet. Aber wir haben uns nicht mal gegrüßt. Den ermordeten jungen Mann habe ich nie gesehen.«
    »Danke. Buongiorno«, sagte der Commissario und stand auf.
    Trotz des Schmutzes überall - jemanden essen zu sehen hatte seinen Hunger verdoppelt.
     
    Vierter Stock. Neben der Tür der Nummer achtzehn ein Schildchen unter dem Klingelknopf: Guido und Gina De Dominicis. Er schellte.
    »Wer ist da?«, fragte eine Kinderstimme.
    Was sollte er einem Kind antworten?
    »Ich bin ein Freund von Papà.«
    Die Tür öffnete sich, und dem Commissario stand ein etwa achtjähriger aufgeweckter Junge gegenüber. »Ist dein Papà da? Oder die Mamma?«
    »Nein, aber sie kommen bald.«
    »Wie heißt du?«
    »Pasqualino. Und du?«
    »Salvo.«
    In diesem Augenblick war dem Commissario klar, dass der Geruch, der aus der Wohnung kam, Brandgeruch war. »Was riecht da so?«
    »Nichts. Ich hab die Wohnung angezündet.« Der Commissario schob Pasqualino zur Seite und rannte los. Schwarzer Rauch drang durch eine Tür. Es war das Schlafzimmer, ein Viertel des Ehebettes hatte Feuer gefangen. Er zog sein Jackett aus, sah auf einem Stuhl eine zusammengelegte Wolldecke, packte sie, breitete sie aus, warf sie auf die Flammen und schlug mit aller Kraft darauf. Ein böses Flämmchen fraß ihm die halbe Hemdmanschette weg.
    »Wenn du mein Feuer ausmachst, mach ich woanders noch eins«, sagte Pasqualino und schwang drohend eine Schachtel Streichhölzer.
    Wie munter der kleine Wildfang war! Was sollte der Commissario tun? Ihn entwaffnen oder weiter das Feuer löschen? Er entschied sich für den Job als Feuerwehrmann und versengte sich weiter. Aber da lähmte ihn der spitze Schrei einer Frau. »Guidoooooooooo!«
    Eine blonde junge Frau, die Augen weit aufgerissen, war eindeutig dabei, in Ohnmacht zu fallen. Montalbano kam gar nicht dazu, ein Wort zu sagen, denn neben der Frau tauchte plötzlich ein bebrillter junger Mann mit breiten Schultern auf, eine Art Clark Kent, derjenige, der sich dann in Superman verwandelt. Wortlos schlug Superman in einer äußerst eleganten

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