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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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verändern, hatten sie sich selbst geändert. Oder sie hatten sich gar nicht zu ändern brauchen, weil sie 68 nur Theater gespielt hatten und in die Kostüme und Masken von Revolutionären geschlüpft waren.
    Die Ernennung von Carlo, dem ehemaligen Hammer, war Montalbano gar nicht gut bekommen. Vor allem weil sie ihn auf einen weiteren Gedanken gebracht hatte, und der war sicherlich der unangenehmste von allen:
    Bist du nicht vom gleichen Schlag wie die, die du kritisierst? Dienst du nicht auch diesem Staat, den du als Achtzehnjähriger so grimmig bekämpft hast? Oder quält dich der Neid, weil du nur ein paar Kröten verdienst und die anderen Milliarden scheffeln?
    Ein Windstoß, der Fensterladen schlug. Nein, nicht mal auf Befehl von Gottvater würde er ihn schließen. Fazio, die Nervensäge, sagte immer:
    »Dottore, mi perdonasse, verzeihen Sie, aber Sie legen es wirklich darauf an! Sie wohnen nicht nur in einem einsamen Haus und parterre, Sie lassen nachts auch noch das Fenster offen! Wenn einer kommt, der was Böses vorhat, und solche gibt's, dann geht der doch einfach rein, wann und wie's ihm passt!«
    Es gab noch eine Nervensäge, und die hieß Livia: »Nein, Salvo, nachts das Fenster offen, nein!«
    »Aber schläfst du in Boccadasse denn nicht bei offenem Fenster?«
    »Das ist doch etwas ganz anderes! Ich wohne schließlich im dritten Stock, außerdem haben wir in Boccadasse nicht solche Einbrecher wie ihr hier.«
    Als Livia dann eines Nachts verstört angerufen und erzählt hatte, in ihrer Wohnung in Boccadasse sei eingebrochen worden, während sie fort war, hatte er erst den genuesischen Einbrechern im Stillen gedankt und es dann fertig gebracht, sein Bedauern auszudrücken, allerdings nicht so deutlich, wie er es hätte tun sollen. Das Telefon läutete.
    Als erste Reaktion schloss er die Augen noch fester, aber das funktionierte nicht, bekanntlich sind die Augen nicht die Ohren. Er hätte sich die Ohren zuhalten sollen, aber er steckte lieber den Kopf unter das Kissen. Nichts zu machen: Das Klingeln, schwach, fern, ließ nicht locker. Fluchend stand er auf, ging ins Nebenzimmer und nahm ab. »Hier Montalbano. Ich müsste guten Morgen sagen, aber ich sage es nicht. Ich bin nämlich noch nicht so weit.« Tiefes Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann wurde mit einem Klacken wieder aufgelegt. Und was sollte er jetzt tun, nachdem er diese glorreiche Idee gehabt hatte? Sich wieder ins Bett legen und an den neuen Direktor des Interbanco denken, der, als er noch der Genosse Hammer war, öffentlich auf ein Tablett voller Zehntausend-Lire-Scheine gekackt hatte? Oder die Badehose anziehen und im eiskalten Wasser ausgiebig schwimmen? Er entschied sich für die zweite Lösung, das Bad würde ihm vielleicht helfen, sich zu beruhigen. Er ging ins Wasser und war halb gelähmt. Begriff er das denn nie, dass ihm das mit seinen fast fünfzig Jahren nicht mehr gut bekam? Die Zeiten solchen Leichtsinns waren vorbei. Niedergeschlagen kehrte er um und hörte schon zehn Meter vor dem Haus das Telefon klingeln. Das Beste war, die Dinge hinzunehmen, wie sie waren. Und gleich mal an den Apparat zu gehen.
    Es war Fazio.
    »Sag mal, hast du vor einer Viertelstunde angerufen?«
    »Nonsi, Dottore. Das war Catarella. Aber er hat gesagt, Sie hätten geantwortet, Sie wären noch nicht so weit. Da hab ich ein bisschen gewartet und dann selber angerufen. Sind Sie jetzt so weit, Dottore?«
    »Fazio, wie machst du das, dass du in aller Frühe schon so witzig bist? Bist du im Büro?«
    »Nonsi, Dottore. Ein Mann ist umgebracht worden. Pumm!«
    »Was heißt das, pumm?«
    »Dass er erschossen wurde.«
    »Nein. Eine Pistole macht peng, eine Lupara macht wamm, eine Maschinenpistole macht ratatatatatà, ein Messer macht fffft.«
    »Peng war's, Dottore. Ein einziger Schuss. Ins Gesicht.«
    »Wo bist du?«
    »Am Tatort. Sagt man das so? Via Cavour 44. Wissen Sie, wo das ist?«
    »Ja, weiß ich. Wurde er zu Hause erschossen?«
    »Da wollte er gerade hin. Er hatte schon den Schlüssel ins Schloss gesteckt. Und dann lag er auf dem Bürgersteig.«
    Kann man sagen, dass ein Mensch im richtigen Augenblick umgebracht wird? Nein, niemals: Ein Tod ist und bleibt ein Tod. Doch es war eindeutig nicht zu leugnen, dass Montalbano, während er Richtung Via Cavour 44 fuhr, merkte, wie seine schlechte Laune verflog. Sich in Ermittlungen zu stürzen würde ihm helfen, die trüben Gedanken loszuwerden, die er beim Aufwachen gehabt hatte.
     
    Als er an Ort und

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