Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
Vom Netzwerk:
handelte es sich nicht um die
Bleikammern. Die befanden sich einen Stock höher, direkt unter
dem Dach. Dies hier waren ganz normale Zellen mit massiven,
eisenbeschlagenen Türen und vergitterten Fenstern. Und
offenbar ohne jede Heizung, was Julien dazu genötigt hatte,
seinen Mantel anzubehalten und den Kragen hochzuschlagen. Es war so
kalt, dass sich bei jedem Wort kleine Wölkchen vor dem Mund
bildeten. Außer einem Stuhl, einem Eimer und einem Tisch, auf
dem eine Wasserflasche stand, enthielt die Zelle nur noch ein
Kavalett mit einer grauen Militärdecke. Es würde kein
Vergnügen sein, hier die Nacht zu verbringen.
    «Es war nicht
ganz einfach, Sie zu besuchen», sagte Tron, nachdem er auf
dem wackligen Stuhl neben dem Eimer Platz genommen hatte.
«Der Oberst hat sich geweigert, mich zu Ihnen zu
lassen.»
    «Er hat mich auf
dem Weg in die Questura verhaftet», sagte Julien. Und dann
ohne Zögern weiter: «Ich denke, dass er wusste, wohin
ich wollte.»
    «Wollte er
verhindern, dass ich mit Ihnen spreche?»
    Julien nickte.
«Es sieht ganz danach aus.»
    «Was durfte ich
nicht erfahren?»
    «Dass der
Oberst, was mir nicht bekannt war, offenbar im Palazzo Cavalli
verkehrt hat», sagte Julien. Er sah Tron eindringlich
an.
    «Woher wussten
Sie das?»
    «Durch eine
unbesonnene Bemerkung des Comtes», sagte Julien. Er
stieß ein verächtliches Lachen aus, was eine kleine
weiße Wolke vor seinem Mund entstehen ließ. «Ich
war im Arbeitszimmer Seiner Hoheit, um Diktate aufzunehmen, als ein
Lakai den Oberst meldete. Auf meine Überraschung, den Oberst
hier zu sehen, bemerkte der Comte, dass er nicht zum ersten Mal
hier ist. Stumm von Bordwehr ist bei dieser Bemerkung regelrecht
zusammengezuckt.»
    «Und
dann?»
    «Gingen die
beiden Herren in den Salon, und der Comte kam zehn Minuten
später ein wenig bleich zurück. Dann habe ich eine Stunde
lang Diktate aufgenommen. Als ich fertig war und den Mantel aus
meinem Zimmer holen wollte, hat mich Stumm von zwei Sergeanten im
Treppenhaus verhaften und abführen lassen.»
    «Mit welcher
Begründung hat Stumm Sie festgenommen?»
    «Wegen eines
Briefwechsels mit einem französischen Freund, dem
Privatsekretär des Herzogs von ...»
    Tron hob die Hand.
«Ich weiß Bescheid.»
    «Diese
Briefe», fuhr Julien fort, «sind offenbar
kompromittierender gewesen, als mir bewusst war. Dass sie
abgefangen und gelesen wurden, konnte ich nicht ahnen. Wenn Stumm
es darauf anlegt, komme ich wegen Hochverrats vor
Gericht.»
    «Wollen Sie
damit sagen, dass der Oberst Sie wegen Ihrer Korrespondenz
festgenommen hat?»
    Diese Frage schien
Julien zu überraschen. Oder er hatte sich erstaunlich gut in
der Gewalt und tat nur so. «Warum sollte Stumm mich sonst
festnehmen?»
    «Weil er vier
Messer, zwei Lederriemen und zwei Masken in Ihrem Zimmer gefunden
hat», sagte Tron knapp.
    Juliens Kopf fuhr
ruckartig nach oben. «Wie bitte?»
    «Vier Messer,
zwei Lederriemen und zwei Masken», wiederholte Tron.
«Das alles lag auf Ihrem Schreibtisch. Ich habe es selbst
gesehen.»
    «Das ist
unglaublich.»
    «Was?»
    «Dass Stumm so
weit geht.»
    «Wollen Sie
damit sagen, dass der Oberst Ihnen diese Gegenstände
untergeschoben hat?»
    «Selbstverständlich.
Glauben Sie mir etwa nicht?»
    Tron zuckte die
Achseln. «Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Das ist
der Grund, weshalb ich hier bin.»
    «Darf ich
fragen, warum Sie den Comte heute Vormittag besucht
haben?»     
    «Wir hatten
Grund zu der Annahme, dass er mehr über eine gewisse Person in
seinem Haushalt weiß, als er zugibt.»
    «Warum sollte
der Comte Ihnen etwas verschweigen?»
    «Die betreffende
Person weiß über sein Privatleben Bescheid. Und der
Comte will nicht, dass sie redet.»
    Julien dachte einen
Augenblick nach. Dann sagte er: «Spielen Sie auf den
Jüngling aus Neapel an?»
    «Also wussten
Sie es. Das hatte der Comte vermutet.»
    «Und sich nicht
an Sie gewandt, weil er befürchtet hat, ich könnte dann
plaudern?» Julien lachte bitter auf. «Das ist
lächerlich. Wodurch habe ich mich in den Augen des Comtes noch
verdächtig gemacht?»
    «Auch durch den
Ring, den Sie am Finger tragen.»
    Julien wölbte die
Brauen. «Sie meinen das Wappen der Laval-Montmorencys auf dem
Ring?»
    «Das Wappen
Blaubarts.»
    Bei dem Wort Blaubart verdrehte Julien die
Augen. Dann ergriff er die Wasserflasche am Hals, als wollte er
eine Ente erdrosseln, und trank einen Schluck. Schließlich
sagte er: «Das war ein Missverständnis, dem ich nicht
widersprochen

Weitere Kostenlose Bücher