Conan der Befreier
gräßlicher Reptiliengestank ihr schier den Magen umdrehte. Die schuppigen Kiefer gähnten weit und offenbarten ein Paar spitzer Fänge, die auf sie zuschnellten. Alcina schloß erschrocken erneut die Lider und wich noch weiter zurück. Als nichts geschah, öffnete sie die Augen. Die Schlange war verschwunden und Thulandra Thuu stand wieder vor ihr.
Mit einem verzerrten Lächeln sagte der Zauberer. »Fürchte dich nicht, Mädchen, ich zerschlage nicht mutwillig meine Werkzeuge, solange ihre Klinge scharf ist.«
Zwar zitterte Alcina noch, aber sie gewann soviel ihrer Fassung zurück, daß sie zu fragen wagte: »Habt ... habt Ihr wahrhaftig die Gestalt einer Schlange angenommen, Meister? Oder gaukeltet Ihr mir nur ihr Abbild vor?«
Thulandra Thuu wich ihrer Frage aus. »Ich wollte Euch nur vor Augen führen, wer von uns Meister und wer Gehilfe ist.«
Alcina hatte nichts dagegen, das Thema zu wechseln. Sie deutete auf das zerknüllte Pergament. »Wie kam Fadius zu Prinz Cassios Nachricht?«
»Milo von Argos lud zu einem Freudenfest ein, dessen Anlaß natürlich kein Geheimnis ist. Kein Zweifel, auf welcher Seite dieser alte Narr steht. Und noch etwas: Milo warf diesen Tölpel Quesado aus seinem Reich. Zuletzt wurde er unter argossanischer Bewachung auf dem Weg nach Aquilonien gesehen. Ich werde Vibius Latro den Rat geben, diesen Burschen als Dungsammler einzusetzen, zu etwas anderem taugt er nicht.
Und nun wird unser wahnsinniger König, der überall seine Nase hineinstecken muß, vielleicht die Staatsgeschäfte völlig mir überlassen und sich auf seine schwülstigen Vergnügungen beschränken. Ich muß meinen nächsten Zug in diesem Brettspiel mit dem Schicksal, in dem es um ein Königreich geht, reiflich überlegen. Deshalb, meine teure Alcina, habt Ihr meine Erlaubnis, Euch zurückzuziehen. Hsiao wird für eine Erfrischung, ein gewiß heiß ersehntes Bad und feine Kleidung für Euch sorgen.«
Erleichtert hörte Alcina aus der respektvolleren Anrede, daß sie offenbar wieder in Thulandra Thuus Gunst aufgenommen war.
Der viele Meilen lange glitzernde Zug, die Befreiungsarmee, wand sich um bewaldete Hügel, vorbei an Feldern und Gehöften, zu den Toren von Culario. Beim Anblick der weit geöffneten Torflügel, zügelte Conan an der Spitze der Armee sein Pferd. Von den Türmen flatterten Banner mit dem roten Leoparden Poitains. Die Standarte mit dem schwarzen Adler Aquiloniens war nirgends zu sehen. Innerhalb der Stadtmauer drängten die Bürger sich dicht an dicht zu beiden Seiten am Straßenrand. In Conans lebhafter Phantasie regte sich das Mißtrauen des Barbaren. Er witterte eine Hinterlist der sogenannten zivilisierten Menschen.
Er wandte sich an Trocero, der auf einem Schimmelwallach an seiner Seite ritt. »Seid Ihr auch sicher, daß das keine Falle ist, die die Königstreuen uns hier stellen?«
»Meinen Kopf darauf!« erwiderte der Graf hitzig. »Ich kenne mein Volk gut.«
Conan studierte das Bild vor sich und brummte: »Ich halte es für das Beste, nicht zu sehr als Eroberer aufzutreten. Wartet kurz.«
Er öffnete die Kinnriemen seines Helmes, nahm ihn ab und hängte ihn an den Sattelknauf. Dann saß er mit leichtem Klirren seiner Rüstung ab und schritt, sein Pferd am Zügel neben sich führend, zu Fuß zum Tor.
So betrat Conan, der Befreier, ohne Überheblichkeit die Stadt Culario. Er nickte den Bürgern zu beiden Straßenseiten ernst, doch freundlich zu und wurde dafür mit einem Blumenregen und stürmischer Begeisterung begrüßt. Prospero, der ihm hoch zu Roß folgte, lenkte sein Pferd neben Trocero und flüsterte seinem Kameraden ins Ohr: »War es nicht dumm von uns, lange zu überlegen, wer Numedides' Thron besteigen soll?«
Graf Trocero beantwortete die Frage mit einem trockenen Lächeln und einem Zucken der Achseln unter der Eisenrüstung, als er seine treuen Untertanen mit erhobener Hand grüßte.
Thulandra Thuu beugte sich in seinem Zaubergemach über eine auf einem Tisch aufgerollte und mit kostbaren Metallbarren an den Ecken und Rändern beschwerte Karte. Er sprach zu Alcina, die sich inzwischen von den Anstrengungen ihrer Reise erholt hatte und bezaubernd aussah in ihrem wallenden Gewand aus gelbem Satin, das sich an ihren grazilen Körper schmiegte und ihrem rabenschwarzen Haar schmeichelte.
»Einer von Latros Spionen meldet, daß Conan und seine Armee sich in Culario befinden, wo sie sich von der Schlacht und dem langen Marsch ausruhen. In kurzer Zeit werden sie nach
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