Conan-Saga 05 - Conan und der Spinnengott
Habt Ihr sie gesehen?«
»Was für eine Dame?« brummte Conan, ohne sich von seiner Arbeit abzuwenden. Nach ein paar weiteren Hammerschlägen gab er das bearbeitete Eisenstück ins Feuer zurück und drehte sich zu dem Priester um.
»Groß, schwarzhaarig und gutaussehend«, sagte der Priester, »obgleich schon über dreißig.«
Conan schüttelte den Kopf. »Nein, eine solche Frau habe ich nicht gesehen.«
»Außerdem sind der Botschafter Parvez und seine Turaner in großer Hast vergangene Nacht von Khesron aufgebrochen. Was wißt Ihr darüber?«
»Auch hier kann ich Euch nicht helfen. Ich kannte den Mann, wir haben so manchen Abend zusammengesessen.«
»Worüber habt ihr euch da unterhalten?«
»Über Pferde, Waffen und dergleichen.«
»Jemand«, sagte der Priester in belehrendem Ton, »erschlug den Tiger des Hohenpriesters mit einem einzigen Schlag eines Säbels oder einer Axt. Wer, außer Euch, hätte die Kraft für einen solchen Hieb?«
Conan zuckte die Schultern. »Viele Brythunier sind große, kräftige Menschen. Euch Zamorier kommt jeder andere wie ein Muskelberg vor. Was mich betrifft, wußte ich nichts von all dem.«
»Alle Barbaren sind Lügner!« brauste der Priester auf. »Aber wir werden der Sache schon auf den Grund gehen, und Ihr seht besser zu, daß Ihr Eure Unschuld beweisen könnt!« Er trat einen Schritt näher heran und schob seinen Kopf vor.
Conan holte mit der Zange das Eisenstück wieder aus dem Feuer und hielt das rotglühende Stück vor sich. »Seid vorsichtig in einer Schmiede, Freund Priester. Wenn Ihr zu nahe kommt, könnte es leicht sein, daß Ihr Euch die Finger verbrennt.« Als der Priester hastig zurückwich, legte Conan das Eisen auf den Amboß und hämmerte erneut darauf.
Der Priester schloß sich wieder seinem kleinen Trupp vor der Schmiede an, der nun weitermarschierte. Lar hatte stumm und mit großen Augen zugesehen und zugehört. Jetzt sagte er: »O Meister Nial, Ihr wart sehr unwirsch zu dem Priester. Ihr müßt wissen, daß die Priester Zaths Euch mit ihren heiligen Kräften zerschmettern können, wenn Ihr sie verärgert.«
»Wie heißt der, der mich soeben ausgefragt hat?« brummte Conan.
»Das ist der heilige Vater Mirzes.«
»Ich dachte mir doch, daß ich die Stimme kenne«, murmelte Conan. »Er ist der neue Vikar, wie ich hörte. Komm, Junge, tret den Blasebalg, dein Feuer reicht ja kaum, um Wasser zu wärmen.«
11. Aasgestank
11
AASGESTANK
Mehrere Tage sah Conan Rudabeh nicht, außer beim Tanz während des Gottesdienstes. Der Cimmerier war schon früh in den Tempel gegangen, um in der vordersten Reihe stehen zu können, wo er die beste Aussicht auf die Spinnenstatue hatte. Da es ein freundlicher Tag war, schien die Sonne durch die hohen Lichtgaden, und so konnte er selbst aus zwanzig Ellen Entfernung die vier vorderen Augen der Statue ganz deutlich sehen.
Sein scharfer Blick ließ ihn einen dünnen Ring rings um jedes Auge erkennen, der etwas heller als der dunkle Stein war. Er mußte aus Metall oder Beton und in die Statue eingelassen sein, um den Juwel zu halten. Wollte er die Augen entfernen, mußte er also zuerst diese Ringe herausnehmen, und zwar ganz vorsichtig, um die Edelsteine nicht zu beschädigen. Aus seiner Zeit als Dieb verstand Conan etwas von Juwelen, und so wußte er, wie empfindlich Opale waren.
Statt daß seine Leidenschaft für Rudabeh sich inzwischen ein wenig abgekühlt hätte, brannte sie immer heißer. Als Amytis erwähnte, daß ihre Tochter zum Abendessen heimkommen würde, konnte er es kaum erwarten und stiefelte ungeduldig im Garten auf und ab.
Einerseits tobte heftiges Verlangen wie ein alles in seinem Weg vernichtender Tornado in ihm und drängte ihn dazu, sein ruheloses Abenteurerleben aufzugeben, um Rudabeh nach den Gesetzen Zamoras zu ehelichen und gesetzlicher Familienvater zu werden und angesehener Bürger, der sich zur Stadtwache meldete, die Gottesdienste im Tempel besuchte und seine Steuern bezahlte.
Andererseits schreckte Conans wilder, ungebundener Geist vor dieser Vorstellung wie vor einer Giftschlange zurück. Ihm blieb also die zweite Möglichkeit, das Mädchen zu vergessen und mit den Augen Zaths zu fliehen, falls er sie an sich bringen konnte, oder ohne sie, wenn es ihm nicht gelang. Falls Feridun die Sündigen mit der angekündigten Geißel heimsuchte, würde er möglicherweise ohnedies fliehen müssen, mit oder ohne Rudabeh.
Als sie in den Garten trat, streckte er die Arme nach ihr aus. Sie
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