Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
Reihe von Einaktern. Fräulein Price paukte ihre Gruppe so unbarmherzig – gewöhnlich mit einer Kurzfassung eines Shakespeare-Stückes –, daß sie wiederholt den ersten Platz errang.
Der Tag, an dem Howard Selbstmord beging, war außerordentlich heiß. Früh am Morgen des 11. Juni 1936 erfuhr er von der Krankenschwester, die seine Mutter betreute, daß sie das Bewußtsein nicht mehr erlangen würde. Er setzte sich an seine alte Underwood Nr. 5 Schreibmaschine und schrieb den Zweizeiler:
All fled – all done, so lift me on the pyre;
The feast is over and the lamps expire.
Sinngemäß übersetzt heißt das:
Alles entschwunden – alles vorbei, so hebt mich auf den Scheiterhaufen;
Das Fest ist aus, und alle Lampen werden dunkel.
Dann verließ er das Haus, stieg in seinen Wagen und schoß sich gegen acht Uhr morgens mit einer Pistole in den Kopf, die er bereits seit einiger Zeit gegen imaginäre »Feinde« bei sich trug. Er starb um etwa vier Uhr nachmittags, während seine Mutter noch bis zum nächsten Tag lebte, ohne das Bewußtsein wiederzuerlangen.
Die zweite Zeile des Abschiedsverses scheint eine Paraphrase einer Zeile der vierten und letzten Strophe des bekannten Gedichtes »Non Sum Qualis Eram Bonae Sub Regno Cynarae« von Ernest Christopher Dowson (1867–1900) zu sein. Die Strophe lautet:
I cried for madder music, and for stronger wine,
But when the feast is over and the lamps expire,
Then falls thy shadow, Cynara! The night ist thine;
And I am desolate and sick of an old passion,
Yea, hungry for the lips of my desire:
I have been faithful to thee, Cynara! in my fashion.
(Ich schrie nach lauterer Musik und stärk'rem Wein,
Doch ist das Fest vorüber und werden alle Lampen dunkel,
Dann fällt dein Schatten über mich, Cynara! Die Nacht ist dein;
Dann bin ich einsam und krank von einem alten Feuer,
Ja, dann dürstet mich nach deinen Lippen:
Ich war dir treu, Cynara! auf meine Weise.)
Dowson, ein weniger bedeutender viktorianischer Dichter, der in jungen Jahren an Tuberkulose und Alkoholismus starb, schrieb eine ganze Reihe von Gedichten, die voll von derselben schwelgerischen Schwermut und Romantisierung des Todes sind, wie sie auch manchmal bei Howard zu finden ist.
Nach dem Tod Howards und seiner Mutter kam es zu einem Zwischenfall, der weiteres Licht auf Dr. Howards Wesen wirft. Der alte Mann ging zum Redakteur der Review und verkündete:
»Ich werde sofort eine Sonntagsschule beginnen. Rufen Sie alle Männer des Ortes für Sonntag abend zusammen.«
Der Redakteur tat es, denn der Doktor war nicht ein Mann, der Widerspruch duldete. Als alle beisammen waren, stand Dr. Howard auf und sagte:
»Ich möchte jetzt, daß jeder von euch, der schon einmal betrunken oder in einem Bordell gewesen ist, aufsteht.«
Wie mein Informant berichtete: »Also, ich stand auf und ein paar andere standen auf, aber es war verdammt peinlich.«
Meine Informanten stimmten darin überein, daß, ungeachtet der Tatsache, daß Howard seit Jahren von Selbstmord gesprochen hatte, die Hauptursache seines Selbstmordes in seiner übergroßen Zuneigung zu seiner Mutter lag.
In einem späteren Gespräch meinte Alan Nourse, der Arzt ist, alle diese Berichte deuteten auf einen klassischen Fall von sexueller Fehlentwicklung hin, wie sie oft durch die Kombination eines despotischen, lieblosen Vaters mit einer überfürsorglichen Mutter ausgelöst wird.
»Schon das Schlafwandeln«, erklärte er, »deutet auf eine stark neurotische Persönlichkeit hin – vermutlich Hysterie und Hypersuggestibilität. Wenn man zu dem allem noch hinzunimmt, daß er sich erst mit fast dreißig Jahren für Frauen zu interessieren begann, sowie sein übertriebenes Interesse an extrem männlichem Sport – also, es ist ganz offensichtlich, daß die sexuelle Entwicklung bei ihm nicht normal verlaufen war.« Er fügte auch hinzu, daß die Selbstmordrate im Schriftstellerberuf eine der höchsten ist.
Aber welche Erklärung auch immer für Howards tragisches Ende zutrifft, ich bin kein Psychoanalytiker, und schon gar kein posthumer. Aber es sind ganz interessante Erinnerungen und Mutmaßungen, die ich Ihnen nicht vorenthalten wollte. Und wer weiß, wäre Howard ein ganz normal entwickelter junger Mann gewesen, wäre er vielleicht Cowboy geworden, und einen Conan hätte es nie gegeben.
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THE CURSE OF THE MONOLITH erschien ursprünglich 1968 unter dem Titel CONAN AND THE CENOTAPH in:
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