Conan-Saga 09 - Conan und die Strasse der Könige
Metastasen verliefen einige geradewegs in die Keller neuer Gebäude über der Erde. Andere Häuser wiederum verbargen eigene Keller, die in geheime Tiefen unter ihren ehemaligen Keller führten. Pfeiler von Fundamenten einiger der neuen Bauwerke oben hatten sich wie mächtige Säulen in die Tiefe gebohrt – wie Wurzeln eines Riesenbaumes, die in einer alten Gruft Fuß faßten. Tatsächlich war die Grube eine Katakombe, dachte Conan – eine Katakombe für die Lebenden.
Der Cimmerier hatte sich während des Rittes kaum mit seinen neuen Kameraden unterhalten, denn dazu war bei der wilden Flucht durch die krummen Straßen und Gassen von Kordava keine Zeit gewesen. Santiddio hatte sich für ihn verbürgt, daraufhin hatten Mordermi und sein halbes Dutzend Begleiter ihn kommentarlos mitgenommen. Santiddio selbst war viel zu sehr damit beschäftigt, auf Sandokazi und Mordermi einzureden, um auch nur einen Gedanken an Conan zu verschwenden. Im Augenblick gab Conan sich damit zufrieden, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und der unerfreulichen Szene auf dem Tanzboden zurückzulegen. Ganz offensichtlich befand Santiddio sich hier unter Freunden. Die Verbrüderung zwischen einem Intellektuellen und Kordavas berüchtigten Banditen war ein Rätsel, das den Cimmerier weniger beschäftigte als die Möglichkeit, Passage auf dem nächsten auslaufenden Schiff zu bekommen, um zu freundlicheren Gestaden zu segeln.
Vor ihnen verengten sich die Straßen. Links und rechts hatten sich einmal Läden befunden, deren Schaufenster und Türen jetzt mit Brettern verschlagen waren – ein trostloser Anblick. Dann endete die Straße als Sackgasse an einer Ziegelmauer. Mordermi und seine Leute ritten auf dieses Hindernis zu, als wäre es nicht mehr als ein Schatten auf ihrem Weg, so daß Conan sich nicht weiter wunderte, als ein Teil der Ziegelmauer in den Straßenboden versank und sich so eine Tür für sie öffnete. Als sie hindurchgeritten waren, glitt das Ziegelmauerstück hinter ihnen wieder hoch. Conan hörte noch das schwache Schleifen und Rasseln des verborgenen Schließmechanismus.
Die Mauer, nahm Conan an, mußte einst Garten und Besitztum einer wohlhabenden Familie umgeben haben. Unter den Hufen ihrer Pferde hallten die herrlichen Mosaikfliesen wieder. Wo die Schmutzschicht verwischt oder nicht ganz so dick war, konnte man das fröhliche Spiel von Nymphen und Delphinen sehen. Trümmerstücke häuften sich auf ehemaligen Blumenbeeten, und ein Springbrunnen verschwand fast ganz unter Schutt. Ziegelpfeiler zwischen einem Wald aus moosüberwucherten Baumstämmen stützten die Gewölbedecke, wo Ruß und Salpeter Wolken und Sterne zu ersetzen versuchten. Von irgendwoher kam ein Hauch jodhaltiger Seeluft.
Vor ihnen lagen die Überreste des einst prächtigen Herrenhauses des alten Kordava. Die massiven Mauern reichten zwei Stockwerke oder mehr empor und verschmolzen mit dem Boden der Stadt darüber. Wo die ursprünglichen mit Stukkatur verzierten Mauern endeten, verlängerten sie neuere Ziegelwände. Conan schloß daraus, daß dies eines der Bauwerke war, die sich über die Straßen der neuen Stadt erhoben. Licht schien aus den rautenförmigen Scheiben der Fenster, und Stocklampen in Wandhalterungen offenbarten ein Durcheinander von Fässern, Ballen und Stapeln von Diebesware, das entlang der Hausmauern und an Nebengebäuden aufgehäuft war.
Etwa zwei Dutzend Männer, alle schwer bewaffnet, saßen oder standen im Hof herum. Weitere eilten aus dem Haus und begrüßten die Neuankömmlinge mit begeistertem Brüllen. Auch Kinder rannten aufgeregt hinter den Ziegelpfeilern und zerbrochenen Statuen hervor. Ein paar Dirnen beugten sich über die Fenstersimse und winkten und riefen. Mordermi und seine Männer erwiderten die Begrüßung. Sie schwangen sich aus den Sätteln und drückten den Wartenden die Zügel ihrer Pferde in die Hände.
Conan folgte ihrem Beispiel. Er spürte die Augen, die ihn argwöhnisch musterten.
Mordermi hob in einer grandiosen Gebärde beide Arme und brüllte über die fragenden Stimmen hinweg.
»Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten, meine Herren! Wie ihr wißt, machte ich mich an diesem strahlenden Morgen auf den Weg, um König Rimanendo einen Galgenvogel zu stehlen. Nun, der Herrscher war heute großzügig – er überließ mir gleich zwei dieser kostbaren Vögel aus seinen königlichen Käfigen. Nicht nur gab er uns unseren gelehrten Bruder, Santiddio, zurück, einen Prinzen unter den Polemikern
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