Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
wie ich, daß es dir Spaß macht, den starken Mann zu spielen, und daß du in letzter Zeit besonderen Wert darauf legst, beweisen zu wollen, daß deine Kraft überwältigend und ungebrochen ist.«
Unter ihrer sanften Berührung lehnte sich der Monarch gegen die durchbohrte Lederlehne seines Throns zurück. Er lächelte wieder und schwenkte fröhlich die Bratenkeule. Da meldete sich ein krächzendes Stimmchen hinter dem Kanzler.
»Was mein plötzliches Verschwinden bei deiner hervorragenden athletischen Darbietung betrifft, o edler König ...« Der Zwerg Delvyn stellte sich auf das Kissen. »Manche könnten es Feigheit nennen, doch wegen dieser Anklage würde ich jeden platt wie eine Wanze trampeln, das versichere ich dir, hoher Herrscher. Ich habe nur meine Laute unter dem Stuhl hervorholen wollen, um dir ein gebührendes Preislied zu singen.«
»Ein Preislied? Nun denn, laß hören!« rief Conan. »Wie passend für dieses Siegesfest! Aufmerksamkeit für die Worte und Musik dieses kleinen Manns, Freunde. Er ist nämlich ein berühmter Narr!«
Dieser Ankündigung folgte lautes Gelächter. Delvyn holte das bauchige Instrument hervor, zupfte die Saiten und brachte Töne hervor, die wie die traurigen Winde an der westlichen Küste klangen. Er rief den Titel des Liedes mit lauter, quäkender Stimme. Dann spielte er weniger traurige Akkorde und begann das Lied, das einen komischen, hüpfenden Rhythmus hatte:
D AS O CHSENKNOCHEN -Z EPTER
Ein tollkühner Held
aus dem stürmischen Norden kam,
Um Ruhm zu erwerben,
er einem Monarchen das Leben nahm.
Nun herrscht er über Aquilonien,
dieser königliche Brigant.
Dabei wär er mehr geeignet für Kush
als für ein ziviles Land.
Der tapfere Conan der Schläger
wird im ganzen Reich er genannt.
Sein furchtbarer Schlag mit dem Zepter
ist jedem Feind sehr wohlbekannt.
Ob mit Bronze oder mit Stahl,
stets ist sein Schlag sehr hart.
Doch erst mit dem Knochen vom Ochsen
er seine wahre Kraft offenbart.
Seine Herrschaft wird einst
das gesamte Erdenrund umfassen.
Doch wenn er zürnt,
gilt's Kopf einzieh'n und passen.
Willst wissen du, ob er auch in Staatsgeschäften
gehört zu den Besten,
Mußt einen Knochen du ihm geben,
aber einen festen.
Nachdem die letzten Verse und Töne verklungen waren, herrschte einen Augenblick atemlose Stille. Wie würden die Zuhörer das Lied aufnehmen? Dann lachte König Conan lauthals, worauf Beifall aufbrandete. Einige trommelten auf die Tische und stampften mit den Füßen. Es war klar, daß Conan sich nicht beleidigt fühlte, zumindest nicht jetzt. Das Scherzlied hatte nicht die Grenzen der Schicklichkeit überschritten, daher löste sich jetzt die Spannung im Beifall.
Trotzdem hörte man auch kritische Bemerkungen, wie: »Ein wirklich scheußliches Machwerk!«
»Ja, aber für etwas so aus dem Stegreif auch nicht zu übel. Und der Kleine hat Mut!«
Kanzler Publius teilte seine Kritik den Tafelgenossen über den Kopf des Sängers hinweg mit. »Wirklich nicht der Würde der Krone angemessen, möchte ich sagen. Und keineswegs eine passende Huldigung unseres Siegs auf dem Schlachtfeld! Ich hätte mir eine inspirierendere Ballade oder ein Preislied auf unseren Triumph gewünscht.«
»Ist unser Sieg eigentlich schon gewiß?« fragte Graf Trocero und beugte sich zu Conan und dem Kanzler vor. »Wir haben von den feindlichen Königen noch keine Zusage für einen Waffenstillstand gehört, ja, überhaupt noch kein Angebot über die Bedingungen.«
»Bedingungen!« stieß Conan so heftig hervor, daß Publius zusammenzuckte. »Ich weiß, welche Bedingungen ich ihnen bieten werde: eine Klinge durch ihre verrotteten Gedärme und ...«
»Aber, Majestät!« unterbrach ihn der Kanzler. »In der Diplomatie ist es nicht immer klug, Streitigkeiten bis in den Tod auszutragen. Besser ist es, dem Gegner ein Schlupfloch zu lassen. Wenn man seinen Kampfeswillen dämpft, hat man meist selbst Nutzen davon.« Der alte Ratgeber schüttelte die langen grauen Locken. »Unser Feind Lord Malvin wurde beispielsweise zum Angriff auf Aquilonien dadurch getrieben, daß von Osten aus immer stärkerer Druck auf sein Königreich ausgeübt wurde.«
»Aus dem Osten?« fragte Conan. »Du meinst von Koth?«
»Ja, gewiß, mein König.« Publius nickte geduldig. »Wenn Ihr Euch gütigst erinnern wollt – wir haben vor zwei Wochen darüber gesprochen, noch vor der Invasion. Der junge Prinz Armiro, Koths neuer Statthalter aus Khoraja, hat seit geraumer
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