Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
vom Schicksal gewollt war«, sagte Conan nachdenklich. »Du und ich haben viel gemein. Ich hatte zum Beispiel auch einmal Probleme, eine Rüstung zu finden, die mir paßte.«
Anstatt zu lachen, schlug Delvyn einen mißtönenden Akkord auf der Laute an. »Die Rüstung kannst du dem Geiz meines früheren Herrn und diesem Angeber Malvin ankreiden. Sie haben mich nicht richtig ausstaffiert, ehe wir Nemedien verließen. Was für ein nachlässiger Herrscher ist das, frage ich dich, der seinen grimmigsten Krieger am Abend vor der Schlacht schlecht bewaffnet und ohne Roß läßt?«
»Ich bin sicher, daß du für deinen König tapfer gekämpft hättest«, sagte Conan.
»Ich habe gekämpft!« erklärte der Zwerg scharf.
»Ja, ja, natürlich.« Der Monarch blickte von den Erlassen der Krone auf und musterte Delvyn scharf. »Du läßt nichts Gutes an deinem früheren Herrn und seinem Verbündeten Malvin, wenn du über sie sprichst. Ich frage mich, was du über mich sagst, sobald ich dir den Rücken zuwende, wenn du über sie so übel redest.«
Delvyn schlug den Refrain des traurigen Lieds von vorhin an. »Warum fragst du dich das, o König Gedärmepresser?« Die engstehenden hellen Augen des Zwergs funkelten Conan aus dem Schatten an. »Du solltest doch gemerkt haben, daß ich dich nur ins Gesicht beschimpfe!«
Conan war einen Augenblick lang sprachlos, doch dann lachte er schallend. Nachdem er einen großen Schluck Ale getrunken hatte, sagte er: »Na gut, tapferer Delvyn! Ein König lernt Offenheit mehr als alles andere zu schätzen – besonders von Narren, da er ständig von ihnen umringt ist. Ich kann deine scharfe Zunge ertragen, solange du mir zusicherst, mich nicht auszuspionieren oder zu verraten.« Sein Blick durchbohrte den Zwerg, der auf einer schweren, mit Messing beschlagenen Truhe saß.
»Kein Spionieren, o König. Und kein Verrat, weder offen noch versteckt.« Delvyn wechselte die Tonart, schlug jedoch dabei die Augen nicht nieder. »Ich habe derartig heimtückische Tricks nicht nötig, das kann ich dir versichern. Ich schwöre, daß ich ab sofort weder König Balt noch seinem Schakal Malvin in irgendeiner Weise Treue schulde.« Ohne den seelenvollen Schluß seiner Melodie zu stören, wechselte der kleine Mann die Stellung seiner kurzen Beinchen. »Um ganz ehrlich zu sein, Sire: Ich habe von der halbherzigen Mißherrschaft der beiden mehr als genug gesehen. Ich habe Freunde in Ianthe und unter den nemedischen Offizieren und weiß, daß sie genauso fühlen.«
»Ja, kleiner Mann, in der Tat scheinst du viel über Könige zu wissen.« Nach einem langen, nachdenklichen Blick auf den Zwerg widmete Conan sich wieder der Schreibtischarbeit. »Hm, und was hältst du aufgrund deiner tiefschürfenden Erfahrungen von diesem meinem Königreich?«
»Von Aquilonien? Dein Reich ist recht passabel, Conan Genickbrecher.« Delvyn spielte jetzt willkürlich Fetzen verschiedener Melodien. »Mit Sicherheit ist es ein reiches Land, bunt, zivilisiert, aber doch so lammfromm, daß es sich von einem Rabauken, einem prahlerischen Barbaren aus dem öden Norden, unterjochen und zähmen läßt. Wirklich eine seltsame Mischung: Die Nation, die hyperborischer Kunst und Kultur vielleicht zu größter Blüte verhilft, duckt sich unter der Faust eines primitiven, ungebildeten Barbaren! Ein klarer Fall von der Übermacht brutaler, barbarischer Gewalt über dekadente Zivilisation und ...«
»Ich achte die schönen Künste!« unterbrach ihn Conan. »Dein Plim-Plim eingeschlossen«, fügte er lächelnd hinzu. »Nachdem ich König geworden war, habe ich lesen und schreiben gelernt und mich sogar an einigen Bardenversen versucht.«
»Das ist für dich ohne Zweifel eine großartige Leistung. Viele Monarchen und Generäle widmen sich derartigem Zeitvertreib, nachdem sie den Höhepunkt ihrer Macht und ihres Ehrgeizes erreicht haben und in den Ruhestand gegangen sind.« Der Zwerg zupfte leise weiter. Die Musik war Hintergrund für seine Worte. »Hat ein Mann einmal die Arbeit aufgegeben, für die er am besten geeignet ist, findet er es vielleicht ebenso herausfordernd, auf einem weniger edlen Gebiet weniger zu leisten. Aufgaben wie diese können die Bürde der Trägheit und gesättigten Hoffnungen erleichtern.«
»Du unverschämter Zwerg! Nennst du mich etwa einen Faulpelz?« Conan blickte von seiner Arbeit auf. »He, ich galoppiere so schnell ich kann und kann doch kaum Schritt halten, weil ich hier zu Hause alle Hände voll mit Zauberei und
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