Conan und der Spinnengott
knurrte Conan. Der Akoluth öffnete die Lippen zu einer scharfen Erwiderung, aber Conans drohende Miene ließ ihn sie wieder zusammenkneifen und sich an den nächsten wenden.
Als die Akoluthen jeden angehalten hatten, endete auch der Lobgesang der Maiden, und sie zogen sich wieder zurück. Der Hohepriester Feridun schloß zeremoniös die Truhe auf und hob den Deckel. Die Akoluthen paradierten herbei, und jeder leerte seine Opferschale hinein, daß das Klingeln der Münzen vom hohen vergoldeten Kuppeldach echote.
Feridun leierte ein weiteres Gebet, segnete das Opfergeld und drehte den Schlüssel in der Truhe. Mit einem neuen »Heil Zath« bei erhobenen Armen endete der Gottesdienst.
Vor jugendlicher Begeisterung ging Lars Mund über, als er mit Conan den Tempel verließ. »Ist der Hohepriester Feridun nicht ein wunderbarer Mann?« rief er. »Erfüllt er nicht auch Euer Herz mit heiliger Eingebung?«
Conan nahm sich Zeit für seine Antwort. »Nach meiner Erfahrung«, sagte er schließlich, »sind Priester nicht anders als normale Sterbliche auch. Alle sind darauf bedacht, reich und mächtig zu werden, wie sehr sie ihren Ehrgeiz auch hinter frömmlichem Gerede zu verbergen trachten.«
»O Sir!« rief der Junge entsetzt. »Laßt solche Lästerungen nicht an die Ohren der Priester gelangen! Gewiß, sie würden Euch vergeben, da Ihr nur ein unwissender Fremder seid, doch solltet Ihr wahrlich nicht so unüberlegt von Gott und seinen Geistlichen im heiligen Yezud sprechen – außer Ihr wollt es darauf anlegen, dem Spinnengott als Nahrung zu dienen.«
»Ist das das Schicksal der Unverbesserlichen hier?« fragte der Cimmerier.
»Ja, Sir, das ist die übliche Art der Hinrichtung.«
»Und wie geht sie vor sich?«
»Die Akoluthen werfen den Verbrecher in die Schächte unter dem Tempel. Wenn der unsterbliche Zath dann des Nachts seine sterbliche Gestalt annimmt, steigt er hinunter, um den Missetäter zu verschlingen.«
»Und wer hat Zath dabei schon gesehen?«
»Nur die Priester, Sir.«
»Keiner der einfachen Bürger Yezuds?«
»N-nein, Sir. Niemand wagt es, sich in die Jagdgründe des Spinnengottes zu begeben, außer den höheren Priestern. Voriges Jahr ging jedoch das Gerücht um, daß ein gottloser Schurke sich in die Schächte gestohlen hatte, weil er hoffte, dort Kleinodien an sich zu bringen. Wißt Ihr, was man von den zamorianischen Dieben sagt?«
»Daß sie die geschicktesten auf der ganzen Welt sind und das größte Zutrauen zu sich haben. Was geschah mit dem wagemutigen Burschen? Hat Zath ihn verschlungen?«
»Nein, es gelang dem Dieb, ihm zu entkommen.« Der Junge schüttelte sich schaudernd. »Aber er kehrte vom Wahnsinn besessen zurück und starb ein paar Tage später.«
»Hm, also keine sehr gesunde Luft dort unten. Sag mir, Lar, aus welcher Substanz sind Zaths Augen?«
»Aus derselben wie Eure oder meine, nehme ich an. Erst wenn er auf sein Piedestal zurückkehrt und seine Steingestalt wieder annimmt, müssen sie wohl zu einer Art blauem Mineral werden. Aber so genau weiß ich das nicht.«
Den weiteren Weg zur Lars Zuhause und seinem Mittagsmahl legte Conan stumm zurück. In Gedanken beschäftigte er sich bereits mit einem Plan. Ohne Zweifel waren die Augen der Zathstatue irgendwelche Edelsteine. Gelang es ihm, ein paar davon an sich zu bringen, würde er für den Rest seines Lebens ausgesorgt haben. Gewöhnlich empfand Conan zumindest ein wenig Ehrfurcht vor fremden Göttern, doch fiel es ihm schwer, einer Spinne, auch wenn sie noch so gewaltig war, Göttlichkeit zuzuschreiben, selbst dann nicht, wenn diese spezielle Spinne sich tatsächlich aus einer Statue in ein lebendes Wesen verwandeln und herumstreifen konnte. Er zweifelte nicht im geringsten daran, daß die Priester Zaths die Leichtgläubigkeit der Zamorier zu ihrer eigenen Bereicherung nutzten, und es lediglich ausgleichende Gerechtigkeit sein würde, wenn er sie um ein wenig ihres erschwindelten Reichtums erleichterte.
Conan mußte ein wenig aus dieser gesetzten, frömmelnden Atmosphäre herauskommen, deshalb schnallte er sich nach dem Abendessen den Waffengürtel um und stiefelte den schmalen Steilpfad hinunter zu Bartakes Wirtschaft in Khesron. Er war froh, daß nicht allzu viele Gäste in der Wirtsstube saßen, denn er wollte in Ruhe seinen Gedanken nachhängen.
An der Theke holte er sich einen Becher Wein und ließ sich damit in einer Ecke nieder. Er bedauerte es nun, daß er dem jungen Lar gegenüber so zynisch über
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