Conni 9 - und die Jungs von nebenan
schaut ihm geradewegs in die Augen.
»Nur so«, murmelt Jo etwas enttäuscht.
»Wir machen uns Sorgen um euch«, flüstert Leo plötzlich geheimnisvoll. »Ihr müsst gut aufpassen, sonst ... «
»Was? Sonst?«
»Sonst holt euch die blonde Jette!«
»Die tut uns gar nichts! Die ist doch bloß auf Männer aus.« Annika schaut abschätzig zu ihnen hinüber. »Und auf Jungs vielleicht! Da würde ich mir an eurer Stelle viel größere Sorgen machen!«
»Hu, wie gruselig!«, ruft Jo und schlackert mit den Armen. Schon ziehen die Jungs grölend davon.
»Idioten!«, faucht Annika.
Conni grinst. »Na, mal sehen, wer heute besser schläft!«
»Wer ist denn die blonde Jette?«, erkundigt sich Billi neugierig.
»Ach, das ist nur so eine alte Sage«, winkt Annika ab.
»Nalos, erzähl schon!«, ruft Anna. »Ich liebe alte Geschichten.«
»Vor vielen hundert Jahren lebte hier im Dorf eine reiche Bauerntochter, eben die blonde Jette. Sie hatte sich in einen armen Schäfer verliebt. Sie wollten heiraten, doch Jettes Vater war dagegen und hat eine Hochzeit mit einem anderen angesetzt. Mit dem Schmied, den Jette auf den Tod nicht leiden konnte. In der Nacht vor der Hochzeit wollte sie mit ihrem Schäfer fliehen. Sie hat die ganze Nacht auf ihn gewartet, doch der Schäfer kam und kam nicht. Am Morgen, noch bevor es zur Kirche ging, bekam Jette hohes Fieber. Die Trauung konnte nicht stattfinden, und sie ist nach wenigen Tagen gestorben. An gebrochenem Herzen, sagt man.«
»Und was war mit dem Schäfer?«
»Manche glauben, dass er in der Nacht im Moor versunken ist. Die meisten meinen aber, dass Jettes Vater ihm Geld gegeben hat, damit er das Dorf ohne seine Tochter verlässt.«
»Voll fies!«, ruft Conni.
Annika nickt. »Wie auch immer, seitdem spukt die blonde Jette hier in Klausendorf herum, auf der Suche nach ihrem Schäfer. Und sie scheint ihn noch nicht gefunden zu haben. Dabei könnte man sie ganz einfach erlösen.«
Billi macht große Augen. »Wie denn?«
»Durch einen Kuss. Wenn ein Junge oder Mann sie küsst, wäre sie erlöst.« Annika schnaubt. »Doch das hat sich noch keiner getraut. Typisch! Tja, und so geistert sie hier eben immer noch herum.«
»Aber das ist nur so eine Sage«, meint Anna, etwas blass. »Stimmt’s?«
Annika zuckt mit den Schultern. »Ich habe sie zumindest noch nicht gesehen.«
Conni grinst auf einmal.
Anna stößt sie an. »Was ist denn los?«
»Nichts«, lacht Conni. »Ich weiß jetzt bloß, wie wir die Jungs erschrecken.«
»Ich auch«, ruft Annika dazwischen. »Eine von uns verkleidet sich als blonde Jette. Die Frage ist bloß: wer?«
Kaum geht die Sonne unter, wird es kühl. Über der Wiese liegt eine dichte Dunstschicht. Der Mond leuchtet nur hin und wieder zwischen den Wolken hervor.
»Wir hätten uns keine bessere Nacht wünschen können«, flüstert Leo, als er über den Weidezaun zur großen Wiese hinüberklettert. »So gruselig ist es selten!«
Finn kichert. »Passt auf: Gleich rasen die Mädels kreischend ins Haus und trauen sich noch nicht mal, die Schlafsäcke nachzuholen.«
Jo bleibt stehen. »Es ist schon dunkel im Zelt!«
»Umso besser!« Finn legt die Hände an den Mund.
»Uhuuuu«, tönt es heiser. »Uhuuuu!«
»Und jetzt den Wolf«, flüstert Jasper. Finn ist nämlich einfach spitze, wenn es darum geht, Tierstimmen nachzuahmen. Schon lässt er ein langes, schauriges Heulen ertönen.
»Man hört direkt, wie hungrig der ist!« Leo kichert leise. »Die Mädchen krallen sich bestimmt schon an ihren Luftmatratzen fest.«
Finn knurrt, bellt und setzt dann wieder zu einem unheimlichen Heulen an.
Im Zelt bleibt alles ruhig und dunkel.
»Die machen sich vor Angst gleich in die Hosen!«
Plötzlich hört Finn mitten im Heulen auf. Weit hinten zwischen den Apfelbäumen steht jemand.
Eine Frau, ganz in Weiß.
Für einen Moment leuchtet ihr weißes Gewand auf, dann ist es wieder dunkel. Als habe sich die Frau in Luft aufgelöst.
»Habt ihr das gesehen?«, keucht Finn.
Die anderen nicken.
»Das war doch nur eins von den Mädels«, meint Jasper. Aber ganz wohl ist ihm bei der Sache nicht.
»Guckt mal!« Jo zeigt atemlos Richtung Bach. Da ist ja die Frau wieder. Dieselbe weiße Frau.
»Wie hat die das bloß geschafft?« Finn schluckt.
Kein Mensch kann so schnell von den Apfelbäumen ans Bachufer kommen.
»Das ist die Jette!«, japst Jo.
»Jette?« Finn bleibt fast die Stimme weg.
Die weiße Frau steht nun am Waldrand.
Kaum hat sie die Dunkelheit
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