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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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gab mir eine Handgranate, erklärte mir kurz, wie sie funktionierte, ein paar andere Kinder und ich lagen auf einem Dach und … ja, so war das.«
    »Aber dann wurden Sie eine Agentin mit dem Recht zu töten, General. Wenn man der amerikanischen Presse glauben darf, haben Sie es auf diesem Gebiet auch ziemlich weit gebracht.«
    »Na ja, von diesem Dach bis dorthin war es ein weiter Weg. Al-Fatah kümmerte sich um mich, weil ich ein steckbrieflich gesuchtes Heldenkind war. Bis zu dem Punkt, auf den Sie angespielt haben, musste ich allerdings eine lange Ausbildung absolvieren.«
    »Verzeihung, ich bin mir nicht sicher, worauf ich angespielt habe.«
    »Das war eine Phase in den Achtzigerjahren. Israel führte eine weltweite Operation durch, die ›Rache Gottes‹ oder so ähnlich hieß. Offiziell wollte man alle aufspüren und töten, die etwas mit dem Geiseldrama bei den Olympischen Spielen 1972 in München zu tun hatten. Die israelischen Sportler waren zwar, genau wie die Palästinenser, von deutschen Polizisten erschossen worden, aber an uns wurde zwölf Jahre lang Vergeltung geübt. Ihr Israelis habt damals die Gelegenheit genutzt, einige unserer Schriftsteller und Journalisten umzubringen. Damals war ich eine von denen, die sich wehrten, aber ich kann nicht behaupten, dass wir die Schlacht gewonnen hätten.«
    »Ihr Palästinenser seid damals also aus purer Verzweiflung Terroristen geworden?«
    » Ihr! «
    »Verzeihen Sie, General, aber als Sie sagten Ihr Israelis habt die Gelegenheit genutzt, einige Schriftsteller und Journalisten umzubringen, habe ich Ihnen das auch durchgehen lassen.«
    »Punkt für Sie, ich gebe es zu. Trotzdem, der Terror schadet uns viel mehr als – entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise – euch.«
    »Wenn also die Hamas, der Islamische Dschihad, die Märtyrer der al-Aqsa-Brigaden oder andere Fanatiker unschuldige Frauen und Kinder in einem Supermarkt in Tel Aviv in die Luft sprengen, schadet das euch?«
    »Ja. Bitte hören Sie mir zu, Oberleutnant, dieses Thema lässt mich einfach nicht los. Die Terrorakte gegen die Zivilbevölkerung schaden uns mehr als euch. Als die U-1 Jerusalem in Seweromorsk ablegte, hatte ich aktuelle Zahlen, inzwischen haben sie sich natürlich verändert. Seitdem Ariel Scharon im Jahr 2000 auf dem heiligen Tempelberg spazieren gegangen ist, um Ärger anzuzetteln, was ihm ja auch gelang, ist Folgendes passiert: Dreitausendvierhundertsechsundsechzig Palästinenser wurden von den israelischen Streitkräften getötet. Im selben Zeitraum wurden neunhundertachtundachtzig Israelis von uns getötet, einschließlich dreihundertneun Angehörigen der israelischen Armee. Und da Sie Kinder erwähnten: Ihr habt sechshunderteinundneunzig getötet und wir einhundertneunzehn.«
    »Woher haben Sie diese Zahlen, General?«
    »Nicht vom Informationsminister der Hamas, falls Sie das denken. Die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem hat diese Zahlen veröffentlicht. Sie stimmen mit denen überein, die unser eigener Nachrichtendienst ermittelt hat.«
    Er schüttelte nur den Kopf.
    Mouna begriff, dass es falsch gewesen wäre, diese Diskussion noch weiterzutreiben. Er war immer noch ihr Kriegsgefangener. Nach seiner Freilassung würde man ihn in ein langwieriges Programm stecken, wo hochrangige Offiziere, Psychologen und Rabbiner ihm verständlich machten, dass das menschliche Gesicht, das er gesehen hatte, trügerisch gewesen sei. Eine teuflische Maske, die er abschütteln müsse. Alle Gespräche von der Art, wie sie es gerade führten, müsste er dann bis an die Grenze des Erträglichen wieder und wieder durchkauen. Es machte keinen Sinn, jetzt mit ihm über »ihr Palästina« zu sprechen, weil sie sich schon zu weit in zerfetzte Gedärme und abgerissene Arme und Beine verstrickt hatten. Egal, ob sie von Splitterbomben oder von Hellfire-Raketen verursacht worden waren.
    »In ungefähr zwanzig Tagen sind Sie wahrscheinlich wieder zu Hause in Israel«, wechselte sie demonstrativ das Gesprächsthema.
    Er strahlte natürlich, einerseits überrascht, andererseits zweifelnd.
    »Wissen Sie etwas darüber, General?«
    »Die Antwort lautet Ja, Oberleutnant«, lächelte sie. »Während wir im sicheren Atlantik weilen, wird verhandelt. Wir haben acht israelische Kriegsgefangene. Israel hat an die tausend, genauere Zahlen liegen mir leider nicht vor. Die U-1 Jerusalem möchte Sie natürlich so bald wie möglich loswerden, weil Sie uns nur belasten. Sie essen, atmen und schmieden

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