Coq 11
wollte, Englisch zu sprechen – nutzte die Gelegenheit und erkundigte sich, warum sie unbedingt eine weibliche Kamerafrau mit an Bord hatte bringen sollen. Jelena Mordawina vermutete, es habe mit dem Männerüberschuss an Bord zu tun. Nach Anatolijs Ansicht nahmen Frauen weniger Platz weg, verbrauchten weniger Sauerstoff und konnten sich in einem engen U-Boot besser bewegen. Alle lachten und stießen miteinander an.
Dann erklärte Mouna, die Sache sei ganz einfach. Carl und sie seien beide ehemalige Spionagechefs. Als Rashida zum ersten Mal an Bord kam, wusste niemand, worum es ging. Beim zweiten Mal wusste die ganze Welt Bescheid. Hätten Carl und Mouna in ihrer früheren Funktion versucht, einen Geheimagenten auf das U-Boot zu schleusen, hätten sie mit Sicherheit auf einen Kameramann gesetzt. Viele Spione hatten eine Kameraausbildung, und männliche Spione gab es wie Sand am Meer. Aber in der kurzen Zeit ließ sich keine Agentin aus dem Ärmel schütteln, die für Al-Dschasira als Kamerafrau arbeitete. Das wäre selbst den findigsten Spionagechefs der Welt nicht gelungen.
Dazu konnte Carl nur sein Glas erheben und nicken. Es gebe jedoch ein anderes sehr ernsthaftes Problem, sagte er dann mit gespielter Nachdenklichkeit. Konteradmiral Anatolij Waleriwitsch Petrow habe gegen gewisse Grundregeln verstoßen und habe es nur seiner Beförderung zu verdanken, dass er das U-Boot nicht durch die Torpedorohre verlassen müsse. Man werde ihn stattdessen vors Kriegsgericht stellen, seufzte Carl und betrachtete mit ernster Miene sein Weinglas.
Die anderen waren unsicher, ob tatsächlich etwas Schwerwiegendes vorgefallen war oder ob Carl scherzte.
Carl zog die Spannung in die Länge. Die Kajüten der Flaggenoffiziere grenzten aneinander. Und Carl, der zumindest in seinem früheren Leben ein recht aufgeweckter Spion gewesen war, hatte gewisse Beobachtungen gemacht. Ohne Zweifel sei es zu kriminellen Handlungen gekommen. Laut den Vorschriften habe jeder Mann an Bord sofort das U-Boot zu verlassen – notfalls durch die Torpedorohre –, falls er sich einem weiblichen Besatzungsmitglied sexuell nähere. Nicht wahr?
Jelena Mordawina wurde feuerrot. Anatolij kratzte sich so intensiv hinterm Ohr, dass Schuppen auf die Tischplatte rieselten.
»Es war meine Schuld«, flüsterte Jelena, den Blick schamhaft gesenkt.
»Ich übernehme die volle Verantwortung!«, brüllte Anatolij.
Carl, Mouna und Rashida Asafina lachten aus vollem Hals und stießen feierlich mit dem jungen Paar an, wie Rashida es formulierte.
»Habt ihr euch schon verlobt?«, fragte Carl ungezwungen.
»Wir sind seemännisch … ich meine, kameradschaftlich verlobt«, murmelte Anatolij, und Jelena nickte eifrig. Das Entzücken war ihr nun deutlich anzumerken.
»Wie sieht es aus, Konteradmiral Petrow, dürfen die Kapitäne der russischen Flotte eine Trauung vornehmen?«, fragte Carl.
»Nee … solche Sitten gibt es nur in der zivilen Seefahrt«, brummte Anatolij und zeichnete mit dem Zeigefinger einen Kreis auf den Tisch. Nun war auch er rot geworden.
»Hm«, sagte Carl nachdenklich. »In der schwedischen Flotte, aus der ich stamme, dürfen Marineoffiziere Paare trauen. Und in der palästinensischen Flotte, deren Oberbefehlshaber ich bin, haben sie von nun an auch das Recht dazu. Was meint ihr? Sollen wir euer Verhältnis jetzt und hier legalisieren?«
»Moment, ich muss meine Kamerafrau holen!«, brach es aus Rashida Asafina heraus, die fast den Tisch umwarf, als sie losstürzte.
Zwanzig Minuten später fand die Trauung in der Offiziersmesse statt. Fast alle Offiziere waren anwesend und verfolgten den Akt andächtig. Südafrikanischer Schaumwein wurde in improvisierten Sektkühlern herangeschleppt, die eigentlich zur Aufbewahrung von Fleisch dienten.
»Nimmst du, Jelena Andrejewna Mordawina, diesen Mann und versprichst du, ihn bei Rückenwind und im Gegenwind, in Reichtum und Armut, unter Wasser und auf dem Land zu lieben, solange du lebst und atmest?«, fragte Carl auf Russisch.
Die gesamte Offiziersmesse hielt den Atem an, alle erhoben sich, und die palästinensischen Köchinnen fielen beinahe über den Tresen.
»Ja«, antwortete Jelena Mordawina.
»Nimmst du, Anatolij Waleriwitsch Petrow, diese Frau und versprichst du, sie bei Rückenwind und im Gegenwind, in Reichtum und Armut, unter Wasser und auf dem Land zu lieben, solange du lebst und atmest?«
»Selbstverständlich«, antwortete Anatolij.
»Ja heißt das«, berichtigte ihn Carl.
»Na dann,
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