Coq 11
aufrichtig. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir einige, sagen wir, bürokratische Probleme hinter uns bringen?«
Sie sah so entspannt aus, dass er nicht erkennen konnte, ob die schnellen Fortschritte, die ihr Gespräch machte, sie überraschten.
»Natürlich nicht, Madam Brigadegeneral«, antwortete er prompt. »Haben Sie an etwas Bestimmtes gedacht?«
»Ja, in der Tat. Wenn ich es richtig verstanden habe, bilden Sie und ich ab heute das Bindeglied zwischen der palästinensischen Befreiungsorganisation, der PLO, und dem Geheimdienst Ihrer Majestät, stimmt das?«
Sie betonte jede Silbe der formellen Bezeichnungen ihrer beider Organisationen und sprach sie mit deutlicher Ironie aus, was ihn ohne Zweifel amüsierte.
»Ganz richtig, Madam«, sagte er. »Sie sind die Frau des Präsidenten und ich der Mann der Königin. Aber worin besteht das Problem?«
Sie gab vor, besorgt zu sein: Schließlich existiere da ein kleines Hindernis. MacGregor arbeite für den MI6, den Teil des Geheimdienstes Ihrer Majestät, der sich nur mit Auslandsfragen beschäftige. Aber die eventuellen Kenntnisse der PLO bezüglich Problemen oder Bewegungen auf britischem Terrain beträfen natürlich eher den Inlandsdienst MI5.
Dies sei aus rein praktischer Perspektive vielleicht kein sehr günstiges Arrangement. Doch auf der anderen Seite gebe es Gesetze und Vorschriften, gegen die wohl nicht viel auszurichten sei.
Tja, in kritischen Situationen könne es zu fatalen Verzögerungen kommen, ehe die Informationen vom MI6 zum MI5 draußen im Feld weitergeleitet würden. Doch mit diesem möglicherweise bürokratischen, ja, zweifellos bürokratischen Nachteil werde man wohl leben müssen. Gesetze und Bestimmungen, so sei es eben.
Sie sah ihn betrübt an. Er tröstete sie damit, dass er am kommenden Tag die Ehre haben werde, ihr beim Höflichkeitsbesuch bei der Terrorabteilung des MI5 zur Seite stehen zu dürfen.
»Sehr gut. Dann lassen Sie uns über das morgige Treffen reden«, sagte sie.
»Selbstverständlich. Haben Sie bestimmte Wünsche?«
»Ja, das habe ich. Dies ist meine erste und vielleicht einzige Begegnung mit dem MI5, und ich wäre außerordentlich dankbar, wenn Sie dort anrufen und ankündigen könnten, dass ich gern eine Analyse unserer gemeinsamen Probleme aus Sicht der PLO in einem zwanzigminütigen Vortrag darstellen würde. Ich meine zwanzig Minuten, nicht einundzwanzig oder neunzehn, ohne unterbrochen zu werden. Die Vorgesetzten sollen selbst entscheiden, welche Angestellten mir zuhören dürfen. Hundert Personen oder zwei, das macht keinen Unterschied. Aber ich will meine zwanzig Minuten. Ich gehe davon aus, dass Sie als mein Verbindungsoffizier mich zu dem Treffen fahren?«
»Es wird mir eine Freude sein«, antwortete MacGregor, bevor ihm klar wurde, dass er auf einen der ältesten Überredungstricks der Welt hereingefallen war. Sie hatte zunächst eine unangemessene Forderung gestellt und dann eine kleine Frage angefügt, auf die er einfach mit Ja antworten musste. Sie stand auf, und er musste ihr als Gentleman in den eleganten Mantel helfen. Schließlich reichte sie ihm die Hand zum Abschied.
»Aber, Madame, ich bin nicht ganz sicher …«, setzte er an.
»Ich gehe davon aus, dass Sie mich um acht Uhr fünfzehn abholen«, fuhr sie unbeschwert fort, während sie an den weiten Ärmeln des Mantels zupfte. »Ich wohne im Duke’s Hotel in St. James’s Place, nicht ganz leicht zu finden, aber Sie werden es schon schaffen. Es war mir ein Vergnügen …«
»Gestatten Sie mir eine letzte Frage!«, startete er einen neuen Versuch, während er gleichzeitig ihren Abgang aus einem der am besten geschützten Gebäude in Großbritannien vorbereiten musste.
»Selbstverständlich«, log sie.
»Wenn es uns möglich wäre, Ihre zwanzigminütige Präsentation zu arrangieren, worüber würden Sie dann sprechen wollen?«
»Oh, nur über das Allerwichtigste«, sagte sie. »Zwei Dinge: Welchen ohnehin ungefährlichen Feinden widmet ihr euch, und welche wirklich gefährlichen Feinde macht ihr euch gerade? Mit euch meine ich Großbritannien. Wir sehen uns morgen!«
Er blieb eine Weile wie gelähmt hinter dem Schreibtisch sitzen. Ihm war, als müsse er erst mal verschnaufen. Es lag auf der Hand, dass diese Frau kein Grünschnabel war. Sir Evan hatte Bescheid gewusst. Und daraus konnte man schließen, dass sie nicht zum ersten Mal dabei war, dachte er und musste über seine eigene, nicht sonderlich scharfsinnige Schlussfolgerung lachen. Nicht
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