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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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»Anstand« und »gute christliche Absichten« ging.
    Diesen ganzen Aufwand, all diese ausgeklügelten bürokratischen Winkelzüge hatten die britischen Behörden auf sich genommen, um eine einzige Moschee zu schließen und einen einzigen lästigen Agitator zum Schweigen zu bringen.
    Nein, natürlich war er mehr als nur lästig. Als selbst ernannter Imam (bevor die Stimme Gottes an sein Ohr drang, hatte er als Rausschmeißer in einer Kneipe gearbeitet) stand Abu Hamza für fast alles, was den palästinensischen Widerstandskampf untergrub. Wäre sie zwanzig Jahre jünger gewesen, hätte sie ernsthaft erwogen, ein Team zu ihm zu schicken, um ihm ein für alle Mal das Maul zu stopfen. In Zeiten der weltweiten Kampagne, die sich Krieg gegen den Terror nannte, wurde ein einzelner Mann wie Abu Hamza in Finsbury Park zu einer ebenso großen Belastung wie eine fehlgeleitete Terroraktion. Außerdem reprä­sentierte er alles, was Mouna ihr Leben lang gehasst hatte: religiösen Eifer und die Vorstellung, Gott habe manchen Menschen das Recht gegeben, andere zu töten oder ihnen ihr Land zu stehlen, und würde sie dafür auch noch im Paradies belohnen.
    Bezeichnenderweise hatte sich Abu Hamza zu Beginn seiner Karriere durch krude Ansichten zum Thema Diebstahl hervorgetan. Er hatte gepredigt, der Rechtgläubige dürfe englische Ban­ken bestehlen. Mit dem Zitat » Take, shoot and loot « (»Bedient euch, schießt und plündert«) wurde er bekannt. Da die britische Boulevardpresse solche Moslems liebte und Abu Hamza jegliche Art von Aufmerksamkeit schätzte, entstand zwischen den Medien und dem mittelmäßigen Hassprediger eine natürliche Symbiose. Außerdem war er fotogen, weil er halbblind war und, seitdem er beide Hände bei einer Explosion verloren hatte, Eisenhaken an den Armstümpfen trug. Laut seiner eigenen Aussage rührte diese Verletzung von seinem heldenhaften Einsatz als Freiwilliger in Afghanistan her, wo er angeblich Landminen von Kinderspielplätzen entfernt hatte. Wahrscheinlich hatte sich das Unglück aber bei dem Versuch ereignet, eine Bombe zu basteln. Jedenfalls hatte Abu Hamza eine durchschlagende mediale Wirkung. Er war das nahezu perfekte Feindbild.
    Und Idioten dieses Schlages zogen Gleichgesinnte an. Ein Mann, der von den amerikanischen Behörden trotz seiner offensichtlichen Geisteskrankheit »Der zwanzigste Flugzeugentführer« genannt wurde, ein gewisser Zacarias Moussaoui, hatte Abu Hamza in Finsbury Park besucht.
    Bei diesem Zusammentreffen habe Moussaoui angeblich den göttlichen Auftrag erhalten, hieß es. Allerdings hatten ihm die so ungeheuer gut informierte internationale Presse und die amerikanischen Behörden, die ihn später gefasst und vor Gericht gestellt hatten, die rein praktischen Konsequenzen seiner Bekeh­rung gar nicht nachweisen können.
    Gleich zu Beginn des Gerichtsverfahrens in den USA verlangte er für sich selbst die Todesstrafe. Mit der Begründung, er sei unschuldig. Als sein Anwalt einwandte, man habe es offensichtlich mit einem Verrückten zu tun, entließ er den Anwalt – mit Zustimmung des Gerichts. Anschließend beschrieb er sich als treuesten Mann von Osama bin Laden und erhielt eine lebenslängliche Gefängnisstrafe in strenger Isolationshaft.
    Eine ähnliche göttliche Erweckung wurde dem sogenannten Schuhbomber, dem Briten Richard Reid, zuteil, der mit ausreichend Sprengstoff an Bord eines Flugzeugs gegangen war, um mindestens eine Brandblase am Fuß zu riskieren. Aufgrund seiner Zeugenaussage zu Abu Hamzas göttlichen Vermittlungstätigkeiten kam er mit zwanzig Jahren Gefängnis davon.
    Und als Abu Hamza zu seinem Entzücken endlich selbst vom MI5 geschnappt wurde, behauptete er, der Anführer einer Orga­nisation zu sein, die sich »Anhänger der Scharia« nannte. Selbst die hitzigsten Kriegsreporter der britischen Presse mussten zugeben, dass weniger als zweihundert von den zwei Millionen Londoner Muslimen Mitglieder dieser Horde von Fanatikern waren.
    Für irgendetwas würde er mit Sicherheit verurteilt werden. Im Moment saß er im Belmarsh-Gefängnis und hatte eine Anklageschrift mit sechzehn Punkten am Hals. Zum Beispiel »Aufwie­geln von Versammlungsteilnehmern zum Mord an Nicht-Musli­men, besonders Juden« oder »einschüchterndes, verunglimpfen­des oder verletzendes Auftreten in der Absicht, zum Rassenhass aufzustacheln«.
    Wessen Feind also war Abu Hamza? In erster Linie ihr Feind.
    Und es gab keinen Zweifel daran, wie ihre alten russischen

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