Cora Historical Gold 129 - Die Novizin
Herrn, »auf dass das Glück Seiner Lordschaft vollkommen sei und eine neue Ära des Friedens und Wohlstands in Whitmore anbreche.«
Die Äbtissin reagierte ungehalten. »Eine Frau vermag in der Tat dafür zu sorgen, dass Frieden in Haus und Herz eines Mannes einzieht. Doch für den Frieden und Wohlstand einer ganzen Grafschaft braucht Seine Lordschaft keine Gemahlin, sondern eine Heilige. Und ich muss Euch leider darauf hinweisen, dass Heilige dieser Tage Mangelware sind.«
Da war er, der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Heiratsgeschäfts: die Schenkung. Der Earl warf dem Priester einen Blick zu, doch der hatte nur Augen für sein Holzkreuz, das er so fest drückte, als wolle er einen Segen herauspressen. Die finanzielle Seite der Brautwerbung würde der Earl schon allein regeln müssen.
Der Edelmann beugte sich vor. »Ich bin bereit … über die nächsten zehn Jahre den Zehnten aus meinen Erträgen an die Abtei abzutreten.«
»Den Zehnten?« Die Äbtissin lachte empört auf. »Und nur zehn Jahre?«
»Eine derartige Schenkung ist so ungewöhnlich nicht.« Zornesröte verdunkelte das Gesicht des Earl.
»Vielleicht bei kleineren Klöstern. Aber wir sind schließlich die Schwestern der Tugend, mitnichten die der Barmherzigkeit«, erwiderte die Äbtissin tonlos.
Der Earl sprang auf und ließ die gepanzerten Fäuste auf den Tisch niedersausen.
»Es handelt sich um ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, nicht um Barmherzigkeit«, erklärte er, und seine Züge verhärteten sich. »Beide Seiten würden ihren Nutzen daraus ziehen. Sobald sich meine Einkünfte dank der klugen und umsichtigen Wirtschaft jener frommen Ehefrau mehren, steigt entsprechend der Anteil des Klosters. Wer weiß, welch reiche Ernte wir beide noch einfahren …«, bei diesen Worten tastete er die Ordensfrau mit Blicken ab, wie ein Medicus es mit den Händen getan hätte, »… zusätzlich zu den Früchten des Heiligen Geistes – welche schließlich die vornehmste Sorge der Kirche sind, oder etwa nicht?«
Wie hasste es die Äbtissin doch, wenn ihr die Laien mit der Religion kamen! Sie musterte den kühnen Recken, der es mit ihr aufzunehmen wagte, obwohl er doch wusste, dass sein Ehelos von ihr abhing. In dem steckt mehr, als sein Äußeres vermuten lässt, sagte sie sich. Ganz offensichtlich ist er ohne Vermögen, wenn auch nicht ohne Wert.
Sie erhob sich und schob die Hände wieder in die Ärmel.
»Auf meinen Schultern lastet die schwere Bürde, für dieses Kloster zu sorgen. Unsere Jungfrauen sind mir von Gott und ihren Familien anvertraut, ihre Ehre und ihre Zukunft liegen in meiner Hand. Ich muss viel Zeit im Gebet und tiefer Kontemplation verbringen, bevor ich solch eine schwer wiegende Entscheidung treffen kann. Ihr werdet bei uns bleiben, bis ich höhere Weisung erhalte.« Sie klatschte in die Hände, und eine alternde Nonne in einem abgetragenen grauen Habit erschien hinter ihnen im Torbogen. »Meine Secretaria, Schwester Archibalda, wird Euch zu Eurer Kammer führen.«
2. KAPITEL
Schwester Archibalda führte sie durch den Großen Saal in einen Laubengang hinaus, der von den noch blattlosen Reben der Glyzinie und der Purpurwinde des Vorjahrs überwuchert war. Von der Wiese im Innenhof vernahm man Frauenstimmen in gemeinsamem, inbrünstigem Gebet. Der süße Wohlklang des vielstimmigen leisen Summens löste bei den Männern Unbehagen aus. Sie tauschten verstohlene Blicke.
»Hier ist es, Eure Lordschaft, Pater Basset.« Am Ende des Säulengangs öffnete die alte Nonne eine schwere Eisentür und bedeutete ihnen einzutreten. Ein geheimnisvolles Aroma schlug den beiden Männern entgegen, ließ sie beinahe taumeln: ein Potpourri aus Seife, süßen Kräutern und einem feinen femininen Duft. Der Geistliche und der Ritter, beide nicht an den Umgang mit dem weiblichen Geschlecht gewöhnt, betraten hier Neuland. Zögernd bewegten sie sich auf die offene Tür am Ende des kurzen Gangs zu, wo die ehrwürdige Schwester sie schon erwartete.
Das Gästezimmer des Klosters hatte neben einem verglasten Fenster zwei erhöhte Schlaflager mit Federbetten und ein schweres Kohlebecken vorzuweisen. Eine dicke Schilfmatte dämpfte ihre Schritte und verströmte einen Duft wie frisches Leinen. Verlegen sahen sich die beiden um und traten von einem Fuß auf den anderen, während ihnen Archibalda den Tagesablauf im Kloster und die Mahlzeiten mitsamt den Speisevorschriften während der Fastenzeit erläuterte. Dann gab sie ihnen Anweisungen für den Stall, wo sie
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