Cora Historical Gold 129 - Die Novizin
Lordschaft meint …«, dieser Versuch einer Umformulierung trug dem kleinen Kaplan einen finsteren Blick seines Herrn ein, »… dass er sich eine äußerst sittsame, ehrbare und tugendhafte Jungfrau wünscht.«
Der Earl entspannte sich und nickte. »Eine vorzügliche Braut.«
»Wie ich sehe, hat sich Eure Lordschaft eine Menge Gedanken darüber gemacht«, bemerkte die Äbtissin mit unergründlichem Lächeln. »Darf ich fragen, was Euch ausgerechnet zu uns geführt hat?«
»Es ist allgemein bekannt, dass die Zöglinge aus dem Kloster der Tugendbräute die besten Ehefrauen abgeben«, erklärte er mit einer Bewegung der immer noch behandschuhten Hand.
Das war keine Schmeichelei, sondern Tatsache. Mädchen, die durch die Schule dieses Klosters gegangen waren, zeichneten sich durch Frömmigkeit, besondere Fertigkeiten, Liebenswürdigkeit und gute Manieren aus und waren in allen häuslichen Künsten und der Haushaltsführung bewandert … weithin berühmt als würdige Schlüsselverwahrerinnen in großen und kleinen Häusern. Ihr einziges Manko – und das fiel in Adelskreisen durchaus ins Gewicht – war die fehlende Mitgift.
Die Jungfrauen in der Obhut des Klosters der Tugendbräute waren die jüngeren Töchter des Adels, mutterlos oder Vollwaisen durch die Geißel der Pest, aus Familien, die mit zu großer weiblicher Nachkommenschaft geschlagen waren, oder einfach die Opfer von Misswirtschaft oder fehlendem Vermögen. Es sprach also nicht nur für die Äbtissin und deren kluge Führung dieses Klosters, dass ihre Schützlinge als Ehefrauen beliebt und begehrt waren, sondern auch, dass die daraus resultierenden Schenkungen kräftig zu Buche schlugen »Der Herzog von Worcester, ein deutscher Fürst und ein französischer Herzog – sie alle fanden ihre Gemahlinnen in diesem Kloster.« Der Earl of Whitmore holte tief Luft. »Und ich brauche eine Braut ›von allerhöchster Tugend‹.« Dies sagte er mit einem Seitenblick auf den Priester, dessen Lippen sich im Gebet bewegten, während er den Blick fest auf das Holzkreuz gerichtet hielt, welches er über der schäbigen Soutane um den Hals trug. Der Earl zuckte zusammen.
Irgendeine geheimnisvolle Aura umfloss die beiden Männer und erregte die Neugier der Äbtissin. Sie hatte eine besondere Nase für Verzweiflung, und hier witterte sie einen ausgesprochenen Braut-Notstand. Keine der ihr Anvertrauten war in der Lage, das Vermögen ihres Ehemanns um einen wohlgefüllten Geldbeutel zu mehren; das dürfte dem Earl nicht unbekannt sein. Hinter seinem Ansinnen musste irgendeine Geschichte stecken, dessen war sich die Klosterfrau sicher. Und wo es eine Geschichte gab, lächelte Profit. Die Äbtissin lächelte auch.
»Erzählt mir von Euren Ländereien, Mylord. Wo liegen sie?«
»Südlich von London. Meine Ländereien sind nicht übermäßig groß, brachten aber immer genügend Erträge.«
»Brachten?« hakte die Äbtissin nach. »Und jetzt bringen sie wohl keine mehr?«
»Doch!« antwortete der Earl scharf, allerdings nachdem so etwas wie Bestürzung ganz kurz über sein Gesicht gehuscht war. »Es steht alles zum Besten – wie eh und je.«
Die Klosterfrau schaute Whitmore tief in die Augen und fixierte ihn mit ihrem berühmt-berüchtigten gnadenlosen Blick. Doch der Earl hielt ihm stand, war nicht willens, vor einer Frau in die Knie zu gehen. Eine Ewigkeit verharrten beide unnachgiebig in diesem Duell der Augen, bis irgendetwas … ein Laut, der von dem Priester kam … ein Röcheln … sie zum langsamen Rückzug zwang, ohne dass sich eine Seite geschlagen gegeben hätte.
»Alles verhält sich den Umständen entsprechend«, räumte der Earl ein, dessen angespannte Schultern sich fast unmerklich senkten. »Ich bin ein Krieger, ein Heerführer. Seit ich aus den Kämpfen heimkehrte, um das Erbe meines seligen Vaters anzutreten … nun, ein Landmann bin ich nicht und auch kein großer Verwalter. Eine wackere Gemahlin würde mein Haus bestellen und mir den Rücken freihalten, auf dass ich mich meinen Ländereien und den Belangen meines Königs widmen kann.« Und mit einem Seitenblick auf den Priester fügte er hinzu: »Das behauptet man zumindest.«
»Und wer behauptet das?« Die Äbtissin heftete ihren Blick auf den Priester.
»Meine Berater.« Der Earl rutschte unbehaglich hin und her. »Pater Basset hier. Mein Haushofmeister … mein stellvertretender Befehlshaber …«
»Wir alle wünschen uns eine würdige Herrin«, unterbrach Pater Basset die Aufzählung seines
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