Cordina's Royal Family 1-4
„Vielleicht stimmt das, aber vielleicht bin ich das jetzt nur aus der Notwendigkeit heraus. Ich kann mir keine Aufregungen leisten, oder?“
Die Anstrengungen des Abends waren größer, als sie zugeben möchte, überlegte Reeve, als Gabriella sich abwandte und mit den Händen auf die Brüstung stützte. Sie war müde, aber er verstand ihren Widerwillen gut. Sie wollte noch nicht hineingehen, da sie dort mit ihren Fragen allein bleiben würde.
„Gabriella, haben Sie darüber nachgedacht, sich ein paar Tage freizunehmen und zu verreisen?“ Sie hob den Kopf. Er fühlte ihren Arger und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Nicht weglaufen, sondern verreisen. Das wäre nur menschlich.“
„Ich kann es mir nicht leisten, menschlich zu sein, bis ich weiß, wer ich bin.“
„Ihr Arzt meint, der Gedächtnisverlust sei vorübergehend.“
„Was heißt vorübergehend?“ verlangte sie zu wissen. „Eine Woche, einen Monat, ein Jahr? Das reicht nicht Reeve. Ich wil nicht einfach nur herumsitzen und darauf warten, dass mir alles wieder einfällt. Im Krankenhaus hatte ich Träume.“ Einen Augenblick lang schloss sie die Augen, atmete tief durch und fuhr dann fort: „In diesen Träumen war ich hellwach und doch benommen. Ich konnte mich nicht bewegen. Es war finster, und ich war nicht in der Lage, mich zu rühren. Da waren Laute. Ich konnte Stimmen hören, und ich kämpfte darum, sie zu verstehen oder sie zu erkennen, aber ich fürchtete mich. Im Traum war ich zu Tode erschrocken, und als ich dann aufwachte, war ich es auch.“
Heftig zog Reeve an seiner Zigarette. Brie hatte das alles ohne Gefühlsregung erzählt, und das bedeutete eine Menge. „Sie waren unter Drogeneinfluss“, erklärte er sachlich.
Sehr langsam wandte sich Gabriella zu ihm um. Im Dämmerlicht wirkten ihre Augen noch strahlender. „Woher wissen Sie das?“
„Die Ärzte mussten Ihren Magen auspumpen. Dem Zustand nach zu urteilen, in dem Sie sich befanden, hatte man Ihnen offenbar Drogen eingegeben. Selbst wenn Ihr Erinnerungsvermögen wieder zurückkommt, ist es möglich, dass Sie sich an nichts entsinnen können, was während der Woche Ihrer Gefangenschaft geschehen ist. Das sollten Sie besser wissen.“
„Ja, das werde ich.“ Sie kniff die Lippen zusammen. Erst als sie sicher war, dass ihre Stimme wieder einen festen Klang hatte, sprach sie weiter.
„Ich werde mich daran erinnern. Wie viel wissen Sie noch?“
„Nicht sehr viel mehr.“
„Erzählen Sie es mir, erzählen Sie mir alles.“
Reeve schnippte seine Zigarette über die Brüstung hinweg ins Dunkle.
„Nun gut. Sie wurden irgendwann am Sonntag entführt. Niemand kennt den genauen Zeitpunkt, da Sie allein waren. Am Sonntagabend nahm Alexander dann den ersten Anruf entgegen.“
„Alexander?“
„Ja, er arbeitet gewöhnlich an Sonntagabenden in seinem Büro. Dort hat er einen direkten Telefonanschluss, wie jeder der königlichen Familie, in seinen Räumen. Es war ein kurzes Gespräch. Die Entführer teilten lediglich mit, dass sie Sie in ihren Besitz gebracht hätten und sie so lange festhielten, bis die Forderungen erfüllt seien. Zu dem Zeitpunkt aber wurden noch keine Bedingungen gestellt.“
„Und wo hat man mich gefangen gehalten?“ Im Dunkeln, das ist das Einzige, woran ich mich entsinne, dachte sie. „Was unternahm Alex dann?“
„Er ging umgehend zu Ihrem Vater. Die Suche nach Ihnen wurde sofort eingeleitet. Am Montag fand man morgens Ihr Auto verlassen auf einer Straße vor, ungefähr vierzig Meilen von der Stadt entfernt. Und zwar in der Nähe eines kleinen Grundstückes, das Ihnen gehört. Wie ich vernahm, haben Sie die Gewohnheit, manchmal dort hinauszufahren, um allein zu sein. Am Montagnachmittag wurde dann die erste Forderung mitgeteilt.
Dabei ging es um Lösegeld. Es stand außer Zweifel, dass diese Bedingung erfüllt würde, doch noch ehe man dafür die Vorkehrungen treffen konnte, kam der nächste Anruf. Darin wurde die Bedingung gestellt, vier Gefangene im Austausch für Sie freizulassen.“
„Und das komplizierte die Lage.“
„Zwei von ihnen sind wegen Spionage zum Tode verurteilt“, fuhr Reeve fort, während Brie ihm schweigend weiter zuhörte. „Dadurch wurde die Angelegenheit Ihrem Vater aus der Hand genommen. Geld war eine Sache, aber Gefangene freizulassen, war ganz etwas anderes. Die Verhandlungen waren noch im Gange, als Sie am Straßenrand gefunden wurden.“
„Ich werde dorthin zurückkehren“, sagte Gabriella, „wo man
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