Cordina's Royal Family 1-4
können?
Vielleicht ginge sie auch zurück nach England. Sie könnte in Cornwall Spaziergänge übers Moor machen oder am Meer entlangreiten. In England könnte sie sich nicht verlieren, aber vielleicht würde sie dort wieder zu sich selbst finden.
Wohin auch immer sie ginge, sie würde Cordina verlassen. Und Bennett.
Wistarien rankten sich bogenförmig und schützend über eine Bank und luden zur Besinnung ein. Hannah setzte sich, schloss die Augen und versuchte, geistige Ruhe zu finden.
Wer war sie? Zum ersten Mal seit Jahren war sie gezwungen, sich diese Frage zu stellen, und sie wusste keine Antwort darauf. Einerseits war sie die ruhige Frau, die gern einen langen Nachmittag mit Lesen verbrachte und es liebte, über Literatur und Kunst zu reden. Andererseits war sie die Frau, die stets eine Waffe in Reichweite hatte und oft auf die Fußschritte hinter sich lauschte.
Dass sie beides sein konnte, war ihr immer ein Vorteil gewesen, niemals jedoch, so wie jetzt, ein Problem. Sie wünschte, sie könnte mit ihrem Vater sprechen, und sei es nur für eine Stunde. Er wusste, was es hieß, zwei Leben zu führen und Befriedigung und Herausforderung in jedem zu finden.
Aber nicht einmal das durfte sie riskieren. In dieser Hinsicht, wie auch bei ihrem Auftrag, der sie hierher geführt hatte, war sie allein.
Bennett war es, der ihr den Schmerz und die Zweifel verursachte.
Bennett war es, der sie dazu gebracht hatte, zu hinterfragen, was sie immer als gesichert betrachtet hatte. Letzte Nacht hatte er ihr Körper, Geist und Seele genommen, nur um sie zu demütigen. Das hatte er getan. Niemand, niemand hatte ihr je gezeigt, wie viel sie geben konnte. Niemand hatte sie so leer und einsam zurückgelassen.
Er wusste nicht, wie sehr er sie verletzt hatte. Er kann es nicht wissen, dachte sie, als jetzt die Tränen flössen, die sie die ganze Nacht über zurückgehalten hatte. Er kann es nicht, weil er niemals wissen würde, wie stark ihre Gefühle für ihn waren und wie hoffnungslos.
Ich habe mich entschieden, dachte Hannah, und ich werde mit dieser Entscheidung leben. Noch ein paar Tage, und ihre Wege würden sich nicht mehr kreuzen.
Er wäre in Sicherheit. Er und seine Familie. Und sie wäre gegangen.
Er fand sie auf der Bank sitzend, die Hände ordentlich im Schoß verschränkt, die Augen geschlossen, das Gesicht tränenüberströmt. Al e möglichen Gefühle stürzten auf ihn ein. Bedauern, Verwirrung, Liebe, Schuld.
Sie wollte allein sein. Er hatte geglaubt, sie so gut zu verstehen. Noch immer empfand er genug Bitterkeit, und damit den Wunsch, sie allein zu lassen.
Als er näher auf sie zukam, stand Hannah von der Bank auf. Bennett erkannte Schock und Demütigung in ihrer Miene. Einen Moment dachte er, sie würde sich umdrehen und weglaufen, aber sie behauptete sich.
„Ich dachte, ich wäre allein.” Ihre Stimme klang kühl, während sie gegen Zorn und Verlegenheit ankämpfte.
Er sah ihre Tränen und bot ihr sein Taschentuch an. „Tut mir Leid, dass ich dich gestört habe.” Seine Stimme klang genauso steif wie ihre. „Ich finde, wir müssen miteinander sprechen.”
„Haben wir das nicht schon getan?” Sie trocknete ihr Gesicht.
„Möchtest du dich setzen?”
„Nein, danke.”
Er schob die Hände in die Taschen. „Ich habe heute Morgen mit meinem Vater gesprochen. Er hat mir gesagt, dass du dich heute schon mit Deboque getroffen hast.”
„Ich erstatte Ihnen über diese Dinge keinen Bericht, Eure Hoheit.”
Er zog wütend die Brauen zusammen und ballte die Hände zu Fäusten, aber er sprach ruhig. „Nein, doch mir ist die Situation jetzt völlig klar. Ich habe deine Akten gelesen.”
„Dann wurde Ihre Neugierde befriedigt. Sie wissen nun alles über mich. Ich hoffe, Sie haben sich gut unterhalten.”
„Ich habe es nicht gelesen, um mich zu unterhalten”, schoss er zurück.
„Verdammt, Hannah, ich habe ein Recht darauf, Bescheid zu wissen.”
„Sie haben keinerlei Rechte, was mich angeht. Ich bin weder Ihr Dienstbote noch Ihr Untertan.”
„Du bist die Frau, mit der ich letzte Nacht ins Bett gegangen bin.”
„Das sollten wir am besten vergessen. Nicht!” Sie erstarrte, als er auf sie zukam. „Berühren Sie mich nie wieder!”
„Nun gut.” Er versteifte sich ebenfalls. „Aber wir wissen beide, das gewisse Dinge nicht vergessen werden können.”
„Fehler schon”, entgegnete sie. „Ich bin hier als Agentin des ISS, um Sie und Ihre Familie zu beschützen und um Deboques Pläne
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