Coxi Flederwisch - Hexerei im Pausenhof
sie umgezogen waren!
Coxi wurde es ganz mulmig. Sie musste sich an ihrem Schemel festhalten. Ja, jetzt wo Coxi darüber nachdachte, erinnerte sie sich sogar, dass Onkel Felco den Schlüssel vor 523 Jahren in die Kiste gesteckt hatte!
Wenn er ihn nun mitbrachte? Dann würde ihre Mutter ihr tagelang die Lippen verschließen! Das durfte auf gar keinen Fall geschehen!
Aber wie konnte sie es verhindern? Eigentlich half nur eines: Sie musste selbst in die Menschenwelt fliegen. Und zwar schnell. Sie musste den Schlüssel aus der Kiste holen, bevor Felco ihn dort entdeckte.
Coxi sah ihre Mutter von der Seite an, dann glitt sie vom Schemel, schlich um die Feuerstelle herum und flüsterte ganz leise: »Ich muss noch mal kurz weg.«
Brumilla zog argwöhnisch die Augenbrauen zusammen. Wenn Coxi so flüsterte, hatte sie doch etwas Verbotenes vor! Aber Brumilla fiel nicht ein, was dieses Verbotene sein könnte, und darum grummelte sie nur: »Geh! Dann habe ich hier wenigstens staubwolkenhafte Ruhe!« Als ihre Tochter bei der Tür angelangt war, rief sie noch hinterher: »Aber sei pünktlich zum Essen wieder da!«
Coxi nickte.
Sie wartete, bis ihre Mutter wieder um den Kesselschwebte. Dann tat sie das Verbotene: Sie griff hinter den Schrank und zog Brumilla Flederwischs Feuerbesen hervor, mit dem man schneller fliegen konnte als ein jagender Raubvogel.
4. Wie der Blitz!
Im Klassenzimmer der 4a erschien eine neue grüne Nachricht. An allen Seiten blinkten, qualmten und leuchteten grüne Buchstaben. »Achtung!!! Grrrrroße Gefahhrrrr! Ich kommäää, so schnäll ich kann!« Vor Schreck fiel Lieselotte vom Fensterbrett. Sie rieb sich die Pobacke und las den Satz noch mal.
Dann sauste sie los.
Wenn Coxi so eine blinkende Notfall-Botschaft schickte, dann war das dringender als jede drohende Strafarbeit. Lieselotte würde diesem Hexen-Hausmeister helfen und ihn unerkannt zur Umzugskiste führen. Jetzt. Sofort!
Sie konnte ja nicht ahnen, dass die große Gefahr genau darin bestand, dass der Mann die Kiste fand! Das hatte Coxi in der Aufregung vergessen zu schreiben!
Lieselotte spurtete die Treppe hinunter. Sie drängeltesich an Kindern vorbei, die trödelnd auf den Stufen standen. Sie quetschte sich mitten durch eine kichernde Mädchengruppe und wich einer blauen Jacke aus, die von irgendjemandem zu irgendjemandem durch die Luft geworfen wurde. In Blitzgeschwindigkeit hatte sie das Erdgeschoss erreicht. Fast war sie schon im Hof. Da kreuzte Frau Sönnchen, einen Karton voller Gartenschürzen im Arm, ihren Weg.
»Na, Lieselotte, hast du alles abgeschrieben?«, fragte die Lehrerin freundlich.
Lieselotte blieb erschrocken stehen.
Frau Sönnchen packte ihre Kiste fester und meinte: »Es war ja auch gar nicht viel, stimmt’s?«
Da nickte Lieselotte schnell und stürmte ohne ein weiteres Wort zur Tür hinaus. Im Slalom rannte sie um spielende Kinder herum zum Schulgarten und gerade als der Hexen-Hausmeister auf den echten Hausmeister zutrat und den Mund öffnete, war sie so nahe, dass sie verstehen konnte, was er sagte.
»Guten Tag, ich bin der neue Hausmeister!«
Was für eine Stimme! Sie klang nach Schmirgelpapier und Katzenjammer.
Dem echten Hausmeister rutschte der Gartenschlauch aus der Hand. Seine mürrischen kleinen Äuglein wurdengroß wie Tischtennisbälle und starrten den Hexen-Hausmeister an.
Der sah ja auch ungewöhnlich aus. Aus der Nähe noch mehr als vom Fenster aus, fand Lieselotte. Die Nase bog sich wie ein rostiger Krummsäbel und die tief liegenden Augen schimmerten wie grüner Fischlaich.
»Wie bitte, was?«, stieß Herr Blechinger hervor.
»Ich bin der neue Hausmeister. Und wenn nicht alle Eulen lügen, dann musst du mir jetzt den Kellerschlüssel rüberfliegen lassen!«
Lieselotte stockte der Atem. Jetzt hatte sich der Hexen-Hausmeisterschon verraten! So schnell! Bestimmt würde Herr Blechinger sofort die Polizei alarmieren und dann …
Aber Herr Blechinger war viel zu verwirrt, um die Polizei zu rufen oder sonst etwas Sinnvolles zu unternehmen. Er starrte den Hexen-Hausmeister an und wusste nicht weiter. Darum wiederholte er einfach, was er gerade eben schon gesagt hatte: »Wie bitte … was???«
»Bist du gar nicht der Schulleiter? Wo geht’s in den Keller der Hütte? Meinetwegen kann ich die Tür auch aufhex…« Der Hexen-Hausmeister biss sich auf die Lippen und sah Herrn Blechinger forschend an.
Das tat Lieselotte auch. Jetzt musste er es doch begriffen haben und die Polizei holen. Oder?
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